Musiker als Unternehmer

Veröffentlicht von Christian Holst am

Aktuell gibt es beim VAN-Magazin einen sehr ausführlichen, lesenswerten Kommentar von der Komponistin Emily Doolittle zum Thema «Komponisten als Entrepreneure».

Der Kommentar basiert auf der altbekannten Prämisse, dass Kunst nichts müssen soll und folglich Kunst und ökonomische Zweckorientierung nicht zusammenpassen. So weit, so richtig, die Frage scheint mir hier zu sein, wie der Begriff Unternehmertum verstanden wird. Wenn er Vorschub leisten soll, das Dasein von Künstlern laufend zu prekarisieren und die sozialen Risiken dieses Daseins zu privatisieren, wenn er meint, Kunst müsse gezielt an Marktbedürfnissen oder gar Renditeaussichten ausgerichtet werden, dann lehne ich ihn auch ab.

Aber ich verstehe den Begriff nicht so. Nicht im Kultursektor und auch in Bezug auf andere Bereiche nicht. Unternehmerisch zu arbeiten heißt in meinem Verständnis vor allem, initiativ zu sein, Möglichkeiten zu suchen und zu finden, gestaltend zu arbeiten – unabhängig davon, was man gestaltet. Das können Produkte sein, soziale Strukturen, ein Geschäftsmodell, Farben, Töne oder was auch immer. In diesem Sinne arbeitet ein Unternehmer immer ins Ungewisse hinein und muss immer Kreativität und eine gewisse Risikobereitschaft mitbringen. Der Software-Entwickler wie der Künstler. Mit dem Unterschied, dass der Software-Entwickler bessere Aussichten hat, für seine Risikobereitschaft eines Tages finanziell belohnt zu werden. Aber zunächst einmal setzt Unternehmertum immer auch eine gewisse wirtschaftliche Unabhängigkeit voraus, weil man die Früchte seiner Arbeit – seien sie materieller oder immaterieller Art – immer erst später ernten kann. Insofern gebe ich Doolittle dann doch wieder recht, wenn sie schreibt:

Wir brauchen Stiftungen und Töpfe, die auf der Basis unterstützen, was wir versuchen, nicht, was wir versprechen zu produzieren. Wir brauchen die Freiheit, auch Musik zu schreiben, von der das Publikum noch nicht weiß, dass es sie will. Wir brauchen ein soziales System, dass es uns ermöglicht, lang genug nicht über Geld nachzudenken, um etwas zu erschaffen. Und wir müssen die Möglichkeit haben, zu experimentieren, ohne uns zu sorgen, dass das Ausbleiben eines kommerziellen Erfolgs im finanziellen Ruin mündet.


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