Elbphilhar-Manie

Veröffentlicht von Christian Holst am

Elbphilharmonie vor der Eröffnung

© Iwan Baan

Was beim Bau der Elbphilharmonie an öffentlichem Wohlwollen verspielt wurde, das wird aktuell mit einer imposanten PR- und Werbekampagne zur Eröffnung wieder aufgebaut. Euphorie allerorten, Hamburg ist in einer totalen Elbphilhar-Manie. (Hammer Wortspiel! Ist da eigentlich noch niemand vor mir drauf gekommen?). Alle möglichen Gebäude leuchten blau und rot und auf allen Social Media-Kanälen wird rückwärts gezählt was das Zeug hält.

Auch die nationale und internationale Presse belobhudelt den neuen Konzertsaal unisono, ohne dass bislang ein einziges Konzert stattgefunden hat. Sogar die New York Times findet, 2017 würde ein Hamburg-Besuch wegen der Eröffnung lohnen. Ein im Grunde sehr wohlwollender Artikel wie in Concerti, der vorsichtig darauf hinweist, dass ein toller Saal eine Stadt noch nicht zur Musikstadt macht, ist schon das Kritischste, was man dieser Tage so liest. Ach ja, und Manuel Brug erinnert daran, dass die Elbphilharmonie nicht der einzige gute Konzertsaal der Welt ist. Das hätte man tatsächlich fast vergessen können.

Ich selbst war nicht sonderlich überzeugt, dass Hamburg einen neuen Konzertsaal braucht und glaube, dass der sog. Hochkultur damit letztlich kein Gefallen getan wurde. Eine knappe Mrd. Euro für ein extravagantes Konglomerat aus Beton, Stahl und Glas, in dem eine kleine Bevölkerungsgruppe ihren Spaß hat – das ist eigentlich nicht vermittelbar und bringt höchstwahrscheinlich mehr Leute gegen die öffentlich finanzierte Kultur auf als man durch so ein Projekt gewinnen kann. Man nehme irgendeinen beliebigen Artikel zur Elbphilharmonie und schaue sich mal in den Kommentaren um, um ein kleines Gefühl für die Stimmungslage jenseits der Filterbubbles der Musikszene und Feuilleton-Redakteure zu bekommen. Zudem ist die Laeiszhalle kein schlechter Saal und dem, was Hamburg so musikalisch zu bieten hat, eigentlich total angemessen. Gut, aber auch nicht gerade Champions League, würde ich mal sagen. Anders als der sich jeder journalistischen Distanz entledigende Christian Wildhagen glaube ich nicht daran, dass in einem schicken neuen Stadion auch automatisch besserer Fußball gespielt wird. Aber auch die Befürworter in Hamburg ficht das nicht an. Der neue Saal soll Hamburg zur Musikstadt machen (wenn nicht gleich zur Weltstadt, wie sich das Abendblatt sich das so denkt): «Bis zum Jahr 2025 wird Hamburg für Fachleute, internationale und nationale Touristen und die Hamburger Bevölkerung die relevanteste Musikstadt Deutschlands», zitiert der concerti-Artikel die Vision der Handelskammer(!). München und Berlin kriegen jetzt bestimmt das große Zähneklappern.

Aber diese Überlegungen sind jetzt eh müßig: Das Geld für die Elbphilharmonie ist ausgegeben und für den Betrag wäre alles andere als eine Sensation eine Enttäuschung. Das Programm ist jedenfalls sehr viel versprechend. Also steige ich ab sofort in die Elbphilharmanie ein. Gerade habe ich mir ein Cardboard bestellt. Denn beim Eröffnungskonzert am kommenden Mittwoch wird auch digital nicht gekleckert. Man kann es sich nicht nur als kostenlosen Livestream auf youtube ansehen, sondern auch in 3D und 360°. Und die nächsten beiden Wochenenden stehen dann die ersten Konzertbesuche an. Ich bin gespannt. Dazu dann in Kürze mehr.

Kategorien: Allgemein

1 Kommentar

Martin Scott · 12. Januar 2017 um 21:48

In der Tat: Hammer-Wortspiel! Habe ich nirgendwo anders, bislang, gelesen.

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