Theaternahes Rahmenprogramm auf dem Weg zur größten Sparte

Veröffentlicht von Christian Holst am

Vor einer Woche hat der Deutsche Bühnenverein die Statistik für die Saison 2015/16 herausgegeben. Weitgehend Stabilität und Kontinuität: Gleich viele Vorstellungen wie in der Vorsaison, gleich viel Eigeneinnahmen, etwas mehr Geld von der öffentlichen Hand, ein paar mehr Mitarbeiter. Deutlich angestiegen sind zwei Zahlen: Zum einen die Besuchszahlen im Kinder- und Jugendbereich. Hier ist ein Zuwachs von 5 % festzustellen. Zu den Gründen dafür ist zumindest in der Pressemeldung nichts zu lesen. Zum anderen ist das «theaternahe Rahmenprogramm» angewachsen – um fast 10 %. Diese «5. Sparte» ist bereits in den vergangenen Jahren zur zweitgrößten Sparte in Bezug auf die Veranstaltungszahl angewachsen. Gemeint sind hier kleine Sonder- und Vermittlungsveranstaltungen: Podiumsdiskussionen, Workshops, Lesungen, Matineen – eben alles, was keine «normale», reguläre Aufführung ist. Bühnenverein-Geschäftsführer Grandmontagne sieht den Zuwachs dieser Veranstaltungen als Zeichen dafür, dass die Theater «also messbar mehr dafür [tun], in die Stadtgesellschaft hineinzuwirken und ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung gerecht zu werden.» Das ist sicher richtig und der Trend wird sich auch weiter fortsetzen.

Wie Ulf Schmidt in einem sehr lesenswerten Artikel dargestellt hat, sind diese Veranstaltungen aber auch maßgeblich für den Stress an den Theatern verantwortlich. Es sind meist nicht wiederholbare Einzelveranstaltungen, die in kleinen Spielstätten aufgeführt werden. Für die Auslastung ist das super. Für den Apparat aber ist das anstrengend und ineffizient, weil mit einer «Produktion» nicht mehr ein paar tausend Menschen erreicht werden, sondern nur noch eine Handvoll. Baumols Kostenkrankheit ist damit nicht nur ein strukturelles Problem der Theater, sondern wird von diesen selbst auch noch verschärft, indem sie immer mehr Aufwand für immer weniger Zuschauer betreiben. Natürlich hat der Bühnenverein vor allem das Ziel, gute Botschaften über die Theaterlandschaft in Deutschland zu verbreiten. Die Meldung bietet aber auch einen guten Ausgangspunkt, um darüber zu diskutieren, wie sich das Theater weiter entwickeln sollte und wie verhindert werden kann, dass das System ins kollektive Burnout fällt. Auch hierzu macht Ulf Schmidt in dem verlinkten Artikel ein paar sehr interessante Vorschläge, die dringend mal erprobt werden sollten.


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