Christian Holst

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Schlagwort: Digitale Medien

  • Internet als neues Heilsversprechen des Kapitalismus?!

    In der wirklich empfehlenswerten Sendereihe Fragen an den Autor vom Saarländischen Rundfunk hörte ich vor kurzem ein Interview mit Susanne Gaschke über ihr Buch «Klick – Strategien gegen die digitale Verdummung». Grob gesagt lautet das Fazit: Wenn digitale Medien aufgrund unbestreitbarer Vorteile ergänzend eingesetzt werden ist das ok, wenn sie andere Aktivitäten verdrängen ist das problematisch. Da schimmern natürlich auch gewisse Vorbehalte einer Print-Journalistin mit durch, aber das macht diese Aussage ja noch nicht falsch. Wirklich interessant fand ich insbesondere einen Gedanken, den Gaschke ganz am Anfang der Sendung formulierte. Und zwar meinte sie, die sozialen Web-Medien seien das neue Heilsversprechen des Kapitalismus bzw. Neoliberalismus. Ihr Argument: Im Kontrast zum real existierenden Sozialismus lag das Heilsversprechen des Kapitalismus bis Ende der 80er stets auf der Hand. Diese Kontrastfolie Sozialismus gibt es seit einiger Zeit nicht mehr, weswegen der Kapitalismus, insbesondere in der aggressiv vorgetragenen Form des Neoliberalismus in den letzten Jahren in die Kritik geraten ist. Also wird die rasante und kapitalistisch getriebene Entwicklung des Internets zur Sozialutopie überhöht und das Netz zu einem demokratisierenden, völkervereinenden Instrument hochgejubelt: Jeder kann seine Meinung frei äußern, in unmittelbaren Kontakt mit Menschen auf der anderen Seite der Erde treten, grenzüberschreitende Zusammenarbeit wird möglich, Diktaturen erzittern vor seiner umstürzlerischen Kraft, in Wikipedia kumuliert sich die überschaubare Klugheit Einzelner zu einer enormen Weisheit der Massen usw. usf. Und all das hervorgegangen aus dem Geiste eines entfesselten, angelsächsisch geprägten Unternehmertums. Das ist ein interessanter Gedanke, denn etliche Prinzipien der sozialen Medien stehen tatsächlich erstmal im Gegensatz zu den Prinzipien des Kapitalismus, vor allem was Vorstellungen über Besitz und Eigentum und damit auch Verwertungs- und Kapitalisierungsrechte angeht. Auf er anderen Seite scheint das Internet die ideale Gelddruckmaschine zu sein, wenn man das richtige Geschäftsmodell gefunden hat. So schnell wie Google hat wahrscheinlich noch kein Weltkonzert zuvor derartige Marktmacht aufgebaut.