Christian Holst

Kulturmanagement :: Kulturmarketing :: Digitale Transformation


Schlagwort: Fußball

  • Dramaturgie des Fußballs

    Neulich schrieb ich darüber, dass dieser Tage gern ein Zusammenhang zwischen Fußball und Ästhetik konstruiert wird und kam zu dem Schluss, dass dieser aber letztlich nicht «verhebt», wie man in der Schweiz sagt. Den Titelgewinn der spanischen Mannschaft sehe ich als weiteren Beleg für diese These.

    Zugegeben: keiner spielt «schöneren» Fußball und keine Mannschaft hat den Sieg im Sinne der reinen Fußballlehre mehr verdient als Spanien. Aber der Marsch der Spanier zum Titel folgte einer lauen Dramaturgie: Spanien war haushoher Favorit und zeigte während des gesamten Spiels kaum je eine Blöße oder Nerven. Aber wer will schon einen Helden sehen, der seine Mission ohne Schramme besteht? Selbst die großen, scheinbar unbezwingbaren Helden der Literaturgeschichte waren zu schlagen, sei es wegen ihrer Achilles-Ferse oder einer verwundbaren Stelle zwischen den Schulterblättern. Ob Achilles, Siegfried oder sonstwer: bei der Verwundbarkeit fängt ihre Geschichte an interessant zu werden und auf ihr basiert ihre literarische Unsterblichkeit. Gut, das Spiel gegen die Schweiz hat gezeigt, dass die Spanier auch nicht unbesiegbar sind. Aber auch wenn die Schweizer das nicht gerne hören, war das nur ein kleiner Schönheitsfehler und keine echte Bedrohung für den Favoriten. Alles weitere effizient, unspektakulär, mühelos und irgendwie vorhersehbar und trotzdem kein einziges Spiel der K.O.-Runde mit einem deutlicheren Ergebnis als 1:0 gewonnen, keine Situation wo ein Spiel umgedreht werden musste, keine spektakulären Schiedsrichterfehlentscheide, die den Helden ins Wanken gebracht hätten oder ähnliches. Wenn das guter Fußball sein soll, dann ist der offenbar sehr langweilig. Aber was soll an langweiligem Fußball gut sein?

    Und um wie viel heroischer und dramaturgisch ergiebiger ist der Sieg, der nicht erwartet sondern hart erarbeitet wird? Die Schweizer feierten den Sieg über Spanien fast so wie die den WM-Titel, als Griechenland 2004 Europameister wurde mäkelten auch nur die so genannten Experten über den «Rumpelfußball» mit dem die Griechen mehr schlecht als recht den Titel erkämpften. Alle anderen freuten sich mit den Griechen. Aus dem Kampf, dem ungewissen Ausgang, der überraschenden Wendung, harten Rückschlägen, dem Selbstzweifel des Helden entstehen große Geschichten und große Unterhaltung. Das zeigt jedes gute Buch, jeder guter Film, jedes gute Drama.

    Gut, ob man sich den guten alten Fußball zurückwünschen sollte, der mehr Kampf- als Ballsport war, möchte ich mal dahingestellt sein lassen. Aber unter dramaturgischen Gesichtspunkten ist die WM 2010 äußerst langweilig ausgegangen und der Sieg der Spanier denkbar «unverdient».

  • Fußballtheater: Gaga genug für Tagesthemen

    Kultureinrichtungen haben es dieser Tage schwer gegen die EM. In der Host City Zürich mussten sogar Vorstellungen abgesagt werden. Also ist es ja für die Theater eigentlich ganz naheliegend, selbst auf Fußball zu setzen: Ein Schweizer Schauspieler spielt zum Original-Radiokommentar das EM-Spiel BRD gegen DDR (0:1) nach. Volle 90 Minuten rennt er auf dem ansonsten leeren Platz (keine Mitspieler, kein Ball) die Laufwege des Torschützen Jürgen Sparwasser nach. Das ist so gaga, dass es sogar in den Tagesthemen kam.

  • Spielkulturen

    Fußball ist eigentlich kein Thema, das in dieses Blog gehört. Wenn man sich jedoch gestattet, in gewissen Klischees zu denken, dann sagen die hier dargestellten Spielkulturen doch etwas über die jeweilige Mentalität der bei der EM vertretenen Nationen. Und das passt dann auch wiederum hierher. 🙂

    Nett zu lesen ist in diesem Zusammenhang auch das Interview der FAZ mit Mozart-Fan Trappatoni über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Fußball und Musik und Trainern und Dirigenten.