Christian Holst

Kulturmanagement :: Kulturmarketing :: Digitale Transformation


Schlagwort: Ökonomie

  • Kultur vs. Wirtschaft

    Zwischen Kunst und Wirtschaft besteht ein vermeintlich tiefer Graben. Während man die Kunst allein dem Guten, Schönen, Wahren verpflichtet glauben möchte und Kulturschaffende diese Vorstellung gern nähren, wird oftmals leichtfertig unterstellt, in der Wirtschaft gehe es allein um nackte Erfolgskennzahlen und kurzsichtiges Gewinnstreben. Je mehr Kunst und Wirtschaft jedoch in ihr jeweiliges Klischee-Extrem verfallen und damit Fehlentwicklungen sichtbar werden lassen, umso deutlicher wird die gegenseitige Verstrickung beider Bereiche. Die Vorstellung, dass Kunst in einem wirtschaftsfreien Raum stattfinden sollte, ist allerdings eine, die sich erst in direkter Wechselwirkung mit dem Ausbau weitreichender öffentlicher Finanzierung durchsetzen und etablieren konnte. Je mehr wirtschaftliche Überlegungen dadurch jedoch ausgeblendet werden konnten, umso deutlicher wurde, dass sie auch in der Kulturproduktion nicht fehlen sollten. Und je mehr und konsequenter Unternehmen sich allein auf monetären Gewinn und an naturwissenschaftlich-deterministischen Modellen ausrichteten, umso deutlicher wurde und wird mittelfristig der kulturelle, soziale und ökologische Preis der für diese Art Erfolg gezahlt werden muss. Interessanterweise sind aber beide Phänomene noch nicht allzu alt. In der Wirtschaft schufen z.B. die Zünfte und Berufsethen einen kulturellen Rahmen, der erst mit der Industrialisierung verloren ging. Nur wenig später wurde durch Künstler wie z.B. Beethoven und Wagner eine bedingungslose Alimentierung der Kunst um ihrer selbst Willen eingefordert. Paradoxerweise wiederum aus einem durchaus sehr ökonomischen Denken heraus. Andere Gallionsfiguren der nicht-ökonomisierbaren Kunst wie z.B. Mozart, Haydn oder Bach haben diesen Graben zwischen Kultur und Wirtschaft sicher nicht gesehen.

  • Ökonomie ein kulturfreier Raum?

    Während sich Kulturschaffende nicht selten mit der Ökonomie schwer tun, sieht es umgekehrt in aller Regel kaum besser aus. Vor einiger Zeit diskutierte ich mit einem VWL-Doktoranden einen ganzen Abend lang über den Stellenwert von Kultur im Zusammenhang mit ökonomischen Erwägungen. Während er Kultur hierbei als ein Nice-to-have ansah, dem man sich widmen kann, wenn die Zahlen stimmen und daher Zeit und Muße vorhanden sind und das sich darin erschöpft, offene Bürotüren zu pflegen und einen jährlichen Firmenausflug zu organisieren, versuchte ich zu argumentieren, dass auch das Wirtschaften kein kulturfreier Raum ist und erfolgreiches Unternehmertum dies immer in Betracht ziehen sollte. Es fängt ja damit an, dass die Idee des Privateigentums eine kulturelle Vereinbarung ist, die nicht vom Himmel gefallen ist. Und auch das Geld ist eine Kulturleistung. Auch wie Vertrauen entsteht und erhalten wird, das – wie man derzeit sieht – von essentieller Bedeutung für eine funktionierende Wirtschaft ist, ist eher eine soziologisch-kulturelle Frage denn eine der traditionellen ökonomischen Theorie. Versuche, die Ökonomie konsequent durchzumathematisieren und durchzumodellieren, produzieren deswegen zwangsläufig erhebliche blinde Flecke, denn Modelle isolieren den konkreten Fall aus seinem Kontext. Erfolgreiches (nicht nur) unternehmerisches Handeln jedoch setzt voraus, gerade den speziellen Kontext richtig zu sehen, zu deuten und zu gestalten. Man könnte auch anders sagen: Modelle können hilfreich sein, um komplizierte Sachverhalte zu verstehen und zu beherrschen. Aber es bedarf kulturellen Fingerspitzengefühls und Verständnisses, um komplexen Sachverhalten gerecht werden zu können. Der Graben zwischen Ökonomie und Kultur, der häufig ausgemacht wird, stimmt so weder von der einen, noch von der anderen Seite.