Christian Holst

Kulturmanagement :: Digitale Transformation :: Künstliche Intelligenz


Kategorie: Bremen

  • 1:0

    für Oldenburg. Oldenburg ist eine der fahrradfreundlichsten Städte Deutschlands, wenn nicht Europas oder sogar der Welt. Es gibt nicht nur schöne, breite Radwege, sondern teilweise eigene Verkehrsführung für Radfahrer, durch die ich mich ausgesprochen ernst genommen und zuvorkommend behandelt gefühlt habe.

    Bremen ist für Radfahrer dagegen anstrengend, gefährlich und pannenträchtig. Es ist zum Beispiel nicht möglich, in einigermaßen angemessener Zeit von der Neustadt zum Bahnhof zu kommen, ohne gegen zahlreiche Verkehrsvorschriften zu verstoßen. Die paar Radwege, die es gibt, sind in katastrophalem Zustand und außerdem mit Glasscherben übersäht. Fast hat man den Eindruck, in Bremen gibt’s kein Pfand und entsorgt die Flaschen deswegen auf den Radwegen. Echt ätzend! Mit den richtigen Wahlversprechen könnte man sich hier meine Stimme bei der Senatswahl am 13. Mai sichern.

    Anm.: Weil so beliebt, hier wieder eine Zahlenüberschrift. 😉

  • Pelleas in Bremen

    Ich mag Bremen ja, fühle mich hier zu Hause und leide mittlerweile schon mit Werder mit, weil sie gerade den Anschluss in Sachen Meisterschaft verpassen. Aber gute Oper kann man hier nicht sehen. Zuletzt musste ich das in Pelleas et Melisande feststellen. Eine Inszenierung von Konstanze Lauterbach, einer Schauspielregisseurin, deren Herangehensweise von wenig Gespür für die Musik getrübt war. Die Subtilität und Uneindeutigkeit der Handlung und der Musik fanden sich in der grobmotorischen Bildersprache (vgl. Wikipedia, dort ist von »reicher, artifizieller Körpersprache« die Rede) überhaupt nicht wieder.

    Stattdessen war die Welt von Pelleas und Melisande als ramponierte Kinderwelt angelegt, die von bösen Erwachsenen immer weiter demoliert wurde, was bei den Liebenden verheerenden psychischen Schaden anrichtete. Mal abgesehen von der Frage, was dieser Ansatz über das Stück sagt, fehlte der Inszenierung insgesamt die Linie. Es reihte sich ein geistreicher Regieeinfall an den nächsten und dröselte dem Zuschauer das Stück so anhand einer Folge von szenischen Nummern auf.

    Musikalisch war es für eine nicht mehr ganz premierennahe Abonnementsvorstellung immerhin recht ordentlich. Zwar spielte das Orchester den Farben- und Facettenreichtum der Partitur nicht aus, aber insgesamt konzentriert und präzise. Die Hauptpartien waren durchaus sehr gut besetzt, insbesondere Nadine Lehner als Melisande war stimmlich und darstellerisch sehr präsent und überzeugend.

    Dennoch: nach dem dritten Besuch und der dritten Enttäuschung bin ich jetzt doch gespannt auf die neue Intendanz. Eigentlich kann es nur besser werden.

  • Berge haben es leicht

    Je länger ich in der Fremde bin, umso mehr entdecke ich meine heimatliche Verwurzelung, die ich bis vor nicht allzu langer Zeit wahrscheinlich konsequent bestritten hätte. Als ich neulich in Bremen auf dem Weserdeich spazieren ging und mir der Wind ins Gesicht pfiff, da fühlte ich mich zu Hause und dachte: So muss es sein! Mich können der hohe Schweizer Lebensstandard und die Schweizer Märklin-Modelleisenbahn-Landschaft wenig beeindrucken und als ich neulich in einer Theaterfassung von »Buddenbrooks« war und Tony Buddenbrooks sagte: »Es ist merkwürdig, dass man sich an der See nicht langweilen kann. Liegen Sie einmal an einem anderen Orte drei oder vier Stunden lang auf dem Rücken!«, da habe ich wahrscheinlich zustimmend geseufzt. Das ist ein sehr schöner, zutreffender Satz. Eiger, Mönch und Jungfrau, die ich bei gutem Wetter von meinem Berner Zimmer aus sehen kann (s. Foto: Sonnenaufgang), sind zweifellos beeindruckend. Aber Berge haben es auch leicht. Um einer norddeutschen Marschlandschaft oder gar der noch eintönigeren See etwas abgewinnen zu können, braucht es sehr viel schärfere Sinne. Man muss genauer hinsehen, um etwas zum Staunen zu finden und ist zu einer feinen, differenzierten Wahrnehmung gezwungen. Aber wenn einem das gelingt, erschließt sich ein Reichtum, den Berge kaum zu bieten haben. In einem Eimer Watt befinden sich mehr Lebewesen als in den gesamten Alpen.

    Wenn man sich etwas verallgemeinernde Typologie gestattet, kann man daher zu dem Eindruck kommen, dass Unaufdringlichkeit und Bescheidenheit norddeutsche Tugenden sind, die die Einwohner von der sie umgebenden Landschaft gelernt haben. Allerdings behaupten die Schweizer von sich, in den Bergen zu leben mache ebenfalls bescheiden und demütig, weil einem die eigene Kleinheit immer vor Augen geführt wird.

    Eiger, Mönch, Jungfrau