Christian Holst

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Schlagwort: Bayerische Staatsoper

  • Meine Güte! Bachler im Interview

    Dass es das Schlichte oft einfacher hat als das Komplizierte erlebe ich täglich an mir selbst beim Bäcker, wo mein Blick eher an der Schlagzeile der BILD-Zeitung hängen bleibt als an der des Weser-Kuriers, obwohl auch bei deren Beschreibung »kompliziert« nicht das Wort der Wahl ist. Die Künste, so könnte man meinen, seien dagegen der Ort, an dem diese Regel gebrochen werde; hier habe das Abwegige und Abwägende, das Grüblerische, das Introvertierte und Leise seinen Platz.

    Im Interview mit Klaus Bachler, dem neuen Chef der Bayerischen Staatsoper, wird man eines Besseren belehrt. Erneut nur Platitüden und rhetorische Großspurigkeit. Sind das jetzt die Schlüsselqualifikationen für die Leitungsposten international bedeutender bayrischer Musiktheater?

    Es beginnt ganz harmlos mit der unsinnigen Behauptung, dass Startum sei mit Maria Callas zu Ende gegangen, Netrebko sei so gesehen kein Star, sondern »eine gute Sängerin, die sich ganz toll dafür eignet, in der heutigen Zeit vermarktet zu werden.« Genau das heißt aber Star. Callas war eine Diva, wenn man so will ein »nachhaltiger« Star. Wie auch immer, der Star soll jetzt die Oper selbst sein. Wer würde das nicht gutheißen?

    Dann erklärt er als zweitausenddreihundertfünfundvierzigster Intendant die Frage »Was hat die Oper heute zu sagen?« zum Leitfaden seiner Arbeit. Um eine Antwort zu finden, greift er das fast ebenso unoriginelle Rezept auf, opernunerfahrene Regisseure zu engagieren, nachdem er wenige Sätze zuvor noch meinte, es gelte, die Inszenierungen auf das Niveau zu bringen, auf dem das Werk angesiedelt sei. Man muss nur die zwei Bildbeispiele mit der stereotypen Opernszenerie sehen, um ernsthafte Zweifel zu bekommen, dass das ohne Weiteres gelingt.

    Der Spruch von München als »internationalem Dorf« darf dann übrigens ebenso wenig fehlen wie die geistreiche Erkenntnis, dass das Katholische an sich schon etwas Theatralisches habe. Und Bachler wäre auch kein anständiger Intendant, sähe er die Legitimation von Theaterarbeit nicht darin, »zu widersprechen, Dinge aufzureißen, unbequem zu sein.« Mit der Bemerkung, seine Wahl sei auch auf München gefallen, weil das in einer konservativen Stadt leichter sei als anderswo, desavouiert er seinen Anspruch an das Theater dann vollends. Meine Güte!

    Nachtrag, 4.10. Folglich keine Überraschung: Die Rezension in der Frankfurter Rundschau.

  • Wozu das Theater?

    Anhand einiger aktueller Ereignisse bricht wieder einmal die Frage nach Sinn und Zweck des Theaters auf. Das eine ist der Rücktritt Wolfgang Wagners und die daraus resultierende Frage, was seine Nachfolgerinnnen eigentlich können und leisten sollen. Peymanns bereits verlinkter Einwurf in dieser Sache war eher unterhaltsam als fundiert, aber auch die gelehrigeren Überlegungen zu dieser Frage bleiben unterm Strich ergebnislos.

    Auch das aktuell stattfindende Theatertreffen, sozusagen als Leistungsschau der deutschen Theater, ist so ein Ereignis. Mit »Die Erscheinungen der Martha Rubin« des Performance-Duos Signa erregte dabei bezeichnenderweise eine 8-Tage-Performance Aufsehen, die scheinbar das Theater als Medium in Frage stellt und damit, gewollt oder nicht, die Frage aufwirft, ob sich im herkömmlichen Theater überhaupt Innovatives, Heutiges sagen lässt. Ansonsten die bekannten Größen: Gosch, Petras, Ostermaier, Thalheimer, Marthaler usw.

    Und Klaus Bachler, der im Sommer die Intendanz der Bayerischen Staatsoper antritt, gab seine Ziele bekannt: Die Oper zur Nummer eins in Deutschland und zu einer der »Big Five« der Welt zu machen. So formuliert, klingt das eher nach sportlichem, als nach künstlerischem Ehrgeiz. Insofern wundert es aber nicht, wenn Bachler auf Regisseure aus dem Schauspielbereich setzt: Martin Kusej, Barbara Frey, Andreas Kriegenburg. Schließlich kommt er selbst auch aus dem Schauspielbereich. Was aber nicht heißt, dass er keine Ahnung von Oper hätte:

    Oper sei Theater, «erweitert und verdichtet um die Dimension der Musik», sagte er. Als solches müssten die Werke «in Bezug zur Gegenwart» gebracht werden, um Relevanz zu haben.

    Gut, dass das endlich mal einer gesagt hat!