Christian Holst

Kulturmanagement :: Kulturmarketing :: Digitale Transformation


Schlagwort: Film / TV

  • Mediendarwinismus

    Mittlerweile habe ich einige Einträge darüber geschrieben, dass ich das Theater für ein antiquiertes Medium halte, das ungeeignet ist, heutige Stoffe und Themen angemessen zu reflektieren. Bei aller Sympathie für diese These, bleibt mir doch die Frage, warum dieser Umstand zwar für das Theater, aber nicht für andere alte Medien, Bücher zum Beispiel, gelten soll. Zwar gibt es vielleicht den ein oder anderen, der den Bedeutungsverlust des Buches bzw. dessen weitreichende Ablösung durch digitale Textspeicher ebenso kommen sieht. Trotzdem glaube ich nicht, dass das Buch so bald zu einem medientechnologischen Museumsstück wird, wie das Theater.

    Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen ist die Reichweite eines Mediums entscheidend. Durch die Allverfügbarkeit von Inhalten, den die Digitalisierung mit sich gebracht hat, geraten die alten Medien unter Druck. Medien, die keine Reichweiten erzielen, werden teuer und unrentabel. Bücher sind hier weit weniger anfällig als Theater, die ortsgebunden sind oder deren Mobilität zumindest einen hohen logistischen Aufwand nach sich zieht.

    Der andere Grund ist, dass ein Buch keine anderen rezeptiven Anforderungen als ein digital gespeicherter Text stellt. Ob man Goethes Faust lieber als Reclam-Heft oder lieber bei Gutenberg liest, ist vor allem eine Geschmacksfrage. Verstehen kann man den Text in beiden Fällen gleich gut oder schlecht, weil man die gleichen Buchstaben liest und kognitiv verarbeitet. Der Film hingegen hat es gegenüber dem Theater wesentlich leichter, das «Als-ob» zu vermitteln, die illusorischen Möglichkeiten sind um ein Vielfaches größer. Dem kann das Theater nur die Interaktion entgegensetzen und vielleicht noch die Einmaligkeit des Moments, wobei weder das eine noch das andere zwangsläufig ein Qualitätsversprechen bedeutet. (Man denke an Stadelmeiers legendäre Begegnung mit dem interaktiven Theater oder die uninspirierten Repertoirevorstellungen, in denen man schon so saß). Und wahrscheinlich ist es auch nur noch eine Frage von ein paar Jahren, bis der Film auch diese «Unique Selling Propositions» in perfekter Illusion nachbilden kann.

  • Thomas Mann goes Rosamunde Pilcher

    In Heinrich Breloers Verfilmung der Buddenbrooks ist Thomas Manns Geschichte kaum mehr als ein Anlass für ein hochopulentes, gelecktes Kostümspektakel. Zweieinhalb Stunden trägt das natürlich keineswegs und nicht selten musste ich mich mit Blick auf die Kinokarte versichern, dass ich nicht in einer Rosamunde Pilcher-Verfilmung saß, so wattig waren die Konflikte und Personen in ihre dekorativen Kostüme und Kulissen verpackt. Bereits in der in Schweizer Kinos üblichen Pause hatte ich deswegen das Gefühl von zweieinhalb Stunden in den Knochen.

    Dass sich der Stoff dabei packend dramatisieren lässt, habe ich vor zwei Jahren bei einer Theateraufführung am Stadttheater Bern gesehen. Allein, da trugen die Schauspieler den Abend, nicht die Schauplätze. Dabei ist die Besetzung des Films sicher nicht schlecht, aber egal ob Mark Waschke als Thomas Buddenbrook, Armin Müller-Stahl als Jean oder die unvermeidliche Iris Berben als Betsy, alle blieben blass und banal. Bedingte Ausnahme war die immerhin charmante Toni von Jessica Schwarz, einziges echtes Highlight August Diehl als Chrischan.

    Die einzige kleine Freude an dem Film waren damit eigentlich die wenigen Stellen, an denen (auch nicht immer ganz authentisch) plattdeutsch gesprochen wurde. Dann habe ich mit gönnerhaftem Blick (natürlich unbemerkt) in die dunkle Runde der Berner Kinogänger geguckt und gedacht: Tja, das versteht ihr jetzt mal nicht. Ich gebe zu: ein ziemlich kindisches Vergnügen und auch nur eins, weil der Film sonst keins war.