Frauenquote im Kulturbereich?

Dass Kultur im Bundestagswahlkampf praktisch keine Rolle gespielt hat, liegt in der Natur der Kulturfinanzierung in Deutschland begründet: sie ist Kommunen- und Ländersache. Insofern verwundert es nicht, dass kaum eine der fünf (nunmehr vier) großen Parteien der Kultur mehr als zwei Seiten ihres Wahlprogramms gewidmet hat. Kulturmanagement-Network hat sich dennoch die Mühe gemacht und die Positionen in einer Serie dargestellt. Aufgrund des mauen Interesses und der geringen Bedeutung der Kulturpolitik in der Bundespolitik blieb eine Meldung fast völlig unbeachtet, die jedoch eigentlich einige grundsätzliche Überlegungen provoziert. Und zwar forderte Jürgen Trittin im Namen der Grünen eine Frauenquote für Kulturberufe. Auf den ersten Blick betrachtet hat diese Forderung zumindest mehr Sinn, als Privatunternehmen eine solche Quote aufzuzwingen. Schliesslich leben viele grosse Kultureinrichtungen von staatlichem Geld. Die Vertragsfreiheit, wie sie für private Unternehmen gilt, steht hier also ohnehin unter einem gewissen Vorbehalt politischer Zielsetzungen. Warum also nicht auch unter dem Vorbehalt einer Frauenquote?

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Equal Pay Day für Kulturberufe

An der Berichterstattung zum Equal Pay Day am 21. März konnte man sehen, dass selbst den sog. Qualitätsmedien kein Argument zu abenteuerlich ist, um den angeblichen Gender Pay Gap zu belegen. Was von diesem übrig bleibt, wenn man die Ideologie einmal ausblendet und sich allein mit den Fakten beschäftigt, hat Weiterlesen…

Toi toi toi – Aberglaube im Dienst der Aufklärung

Eins meiner Lieblingsthemen in diesem Blog ist ja der Widerspruch des Theaters, einerseits aufklärerisches Forum und Demokratieschule sein zu wollen und andererseits wie keine andere Institution alten, vordemokratischen Strukturen zu huldigen und anachronistische Medientechnologie zu verwenden. In diesen Widerspruch passt auch der ausufernde Aberglaube, der bis heute am Theater kultiviert wird und so gar nicht zu dem aufgeklärten Anspruch passen will. Da wird zum Beispiel das abergläubische Ritual betrieben, sich vor einer Premiere drei Mal über die linke Schulter zu spucken oder «Toi toi toi!» zu rufen, um den Neid böser Geister zu bannen bzw. den Teufel fern zu halten. Für einen Ahnungslosen ein Minenfeld. Denn man muss wissen, dass man auf solchen Wunsch weder mit einem Danke antworten noch sich in der Schulter irren darf, wenn man das Unheil nicht geradewegs heraufbeschwören möchte. Aber von welcher Perspektive aus ist links eigentlich gemeint? Aus Sicht des Spuckers oder des Bespuckten? (mehr …)

«Einfach machen!» – Interview premiertone

Im Sommer habe ich eine Serie gestartet mit Interviews mit jungen Kulturunternehmern. In der ersten Ausgabe gabs ein Interview mit den Machern des Theaterkalenders Puck. Heute folgt die Fortsetzung mit einem Interview mit Julia Kadar und Anke Fehring, den Gründerinnen von premiertone. Premiertone ist eine Agentur, die Websites für Künstler erstellt und hostet.

Diese Kulturunternehmer-Interviews sind eingebettet in ein größeres Projekt, das ich gemeinsam mit dem KM Magazin gestartet habe. Dort ist in der aktuellen Ausgabe ein allgemeiner, einführender Artikel zu Kulturunternehmertum von mir erschienen. Ab der nächsten Ausgabe wird es im KM Magazin eine Serie von kurzen Fallstudien mit Kulturunternehmern und weiteren Interviews hier im Blog geben.

premiertone bietet einen professionellen Web-Auftritt für Musiker plus weitere Serviceangebote wie PR und Sekretariat. Wie genau kann ich mir das vorstellen und für wen ist das interessant?
Die Struktur unserer Websites ist speziell auf klassische Musiker zugeschnitten, bietet also alles, was eine professionelle Musiker-Website benötigt. Wir arbeiten grundsätzlich mit einer Art «Baukastensystem», mit dem wir neun farblich variable Designs zu sehr günstigen Preisen anbieten können. Aber auch individuell gestaltete Designs können wir in unser CMS einprogrammieren. (mehr …)

Künstlereinkommen: Froh zu sein bedarf es wenig

Petitionen haben gerade Konjunktur. Erst die Orchester, dann die Urheber, schließlich die Selbständigen. Die wehren sich gegen eine von Ursula von der Leyen geplante Rentenreform, bei der Selbständige einen einkommensunabhängigen Beitrag in Höhe von ca. 400 EUR leisten sollen. Es ist klar, dass dies für diejenigen, die noch nicht so dick im Geschäft sind, ein hoher Betrag ist, der erstmal bestritten werden will. Dieser Entwurf betrifft auch zahlreiche Kreative und Künstler. Zwar haben die die Möglichkeit, in die Künstlersozialkasse einzutreten, die quasi den Arbeitnehmerbeitrag der Sozialversicherungen übernimmt. Viele Künstler – gerade diejenigen, die wirklich innovativ sind – scheitern aber oftmals am Kunstbegriff der Künstlersozialkasse, der offenbar nicht ganz Schritt gehalten hat mit der Zeit: (mehr …)

Mind the gap: Unternehmensethischer Anspruch und Realität an Theatern

Auf Postdramatiker wurde gerade eine wissenschaftliche Arbeit rezensiert, die sich mit Unternehmensethik im Kulturbetrieb, speziell in Theatern, beschäftigt. Der Autor Daniel Ris hat dazu u.a. eine Reihe von Theater-Intendanten befragt, wie sie es mit dieser Frage an ihrem Haus halten. Eine zentrale Erkenntnis aus diesen Interviews ist, das fast ausnahmslos ein krasser Widerspruch besteht zwischen dem ethischen Anspruch, der auf der Bühne formuliert wird – Stichwort: Theater als moralische Anstalt – und der Realität, die in Bezug auf Arbeitsbedingungen, Organisationsstruktur etc. gelebt wird. Diese Erkenntnis ist eigentlich nicht so erstaunlich. Erstaunlich ist eher, dass dieser Widerspruch praktisch allen befragten Intendanten bewusst zu sein scheint. Trotzdem stellt offenbar keiner Überlegungen an, wie sein Betrieb diesbezüglich zu modernisieren wäre, sondern zieht sich auf das intelligenten Menschen eigentlich nicht würdige Argument zurück, es gehe halt nicht anders, die Qualität des Theaters würde sonst darunter leiden. (mehr …)

Kultur neu erfinden

«Wenn die Lösungen so einfach wären!» So der Stoßseufzer des Deutschen Kulturrats zu dem Vorschlag eines Autorenteams – bestehend aus Dieter Haselbach, Armin Klein, Pius Knüsel und Stephan Opitz – die Hälfte der öffentlich finanzierten Kultureinrichtungen dicht zu machen, um den «Kulturinfarkt» zu kurieren. Nachzulesen ist dieser Vorschlag in der aktuellen Ausgabe des Spiegels, kommende Woche erscheint ein Buch, das sich dem Thema ausführlich widmet.
Der Artikel beginnt mit einer zwar ziemlich pauschalen, aber doch zu einem guten Teil auch treffenden Diagnose: der kulturpolitische Grundsatz der 1970er Jahre «Kultur für alle!» sei gescheitert, Kultur in Deutschland wird zu sehr vom Angebot, zu wenig von der Nachfrage her gedacht. Mit Museen und Theatern würde die geistige Erbauung der ohnehin wohlhabendsten fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung subventioniert. Während allerorten der Trend zum mündigen, selbstbestimmten Bürger zu erkennen sei, halte die öffentlich finanzierte Kulturszene immer noch an dem Anspruch der «ästhetischen Erziehung des Menschengeschlechts» (Schiller) fest und meint, am besten zu wissen, was für andere gut sei. Der Ausbau der kulturellen Infrastruktur seit den 1970er Jahren sei «die letzte Offensive des vordemokratischen Modells des Kunstbürgers», das jetzt endgültig an seine (vor allem auch) finanziellen Grenzen stößt und zunehmend von privaten Anbietern abgehängt werde. Das ist alles recht polemisch, aber das soll es auch sein. (mehr …)

4. Forum Kulturvermittlung: Funding by muddling through

Vergangenen Donnerstag besuchte ich das vierte Forum zur Kulturvermittlung von Pro Helvetia, das diesmal im Stadttheater Biel stattfand. Nachdem es in den ersten Foren um die Frage ging, was Kulturvermittlung eigentlich leisten kann und soll und ob sie gar die Kulturwelt retten könne, wurde diesmal die Frage verhandelt, wer das alles eigentlich bezahlen soll. Denn einerseits ist in den klassischen Kultureinrichtungen die Kulturvermittlung als ein Arbeitsfeld erkannt worden, das eine hohe strategische Relevanz besitzt. Andererseits sind die finanziellen Mittel der Einrichtungen in aller Regel nicht erhöht worden, um den zusätzlichen Aufwand für Kulturvermittlung abzudecken – eher im Gegenteil. Die Situation ist hinlänglich bekannt.
In den Vorträgen des Forums wurden durchwegs sehr interessante Vermittlungsprojekte vorgestellt, allein, die Rahmenbedingungen ihrer jeweiligen Finanzierung schienen mir so speziell, dass sich die Leitfrage des Tages in meinen Augen eigentlich nicht beantworten ließ. Es ist eine schöne Anekdote, wenn Catherine Milliken (bis vor kurzem Leiterin des Education-Programms der Berliner Philharmoniker) berichtet, wie Simon Rattle bei der Deutschen Bank aufschlägt, seine Ideen für ein Education-Programm vorstellt und die Bank nur noch die Kontonummer wissen möchte, auf den sie einen ordentlichen sechsstelligen Betrag überweisen kann. (mehr …)