Moskau Tscherjomuschki

Veröffentlicht von Christian Holst am

Gestern war ich das erste Mal seit ziemlich genau 11 Monaten wieder in Oldenburg im Theater. Aber es kam mir vor, als sei es erst vorgestern gewesen. Das klingt natürlich furchtbar floskelig, aber es war wirklich so. Alles ganz vertraut und so. Obwohl natürlich auch einiges anders ist mittlerweile, überall z.B. große grüne „Os“ in der Gegend rumstehen und an den Wänden hängen.

Zu sehen gab es »Moskau Tscherjomuschki« von Schostakowitsch in einer Inszenierung von David Herrmann. Der war letzten Sommer so ungefähr direkt von den Salzburger Festspielen nach Oldenburg gereist, um das Stück dort als Eröffnungspremiere im Musiktheater herauszubringen. Auch wenn zu meiner Zeit keine Salzburger Festspiel-Regisseure inszeniert haben, konnte ich einen Qualitätssprung nach oben nicht ausmachen. Denn dafür, dass die Musik richtig fetzt, war die Inszenierung ziemlich flau. Beispiel: Bei der wilden Autofahrt durch Moskau schaukelten die Sänger gemütlich in Skiliftsesseln in den Schnürboden. Für sich genommen kein schlechter Effekt, aber für diese Situation nicht passgenau. Allerdings muss man auch sagen, dass die Handlung einfach nicht sonderlich viel hergibt: Eine Reihe von Leuten bezieht frisch gebaute Plattenbauten im Moskauer Vorort Tscherjomuschki (Kirschgarten); der eine und die kommen sich näher und es gibt ein paar Streitigkeiten mit Hausbesitzer und -meister. Sehr wohl was hergeben tut aber die quirlige, ironische, aber äußerst eingängige und effektvoll instrumentierte Musik. Das Überdrehte und Groteske, die krachend-pompösen Märsche, mit denen der bürokratische Apparat parodiert wird, das rührend Sentimentale, mit dem das banale Streben nach ein bisschen privatem Glück in Form einer kleinen Plattenbauwohnung portraitiert wird – all das blieb in der Inszenierung allerdings verschenkt.

P.S.: Für das neue Spielzeitheft wurden übrigens einige Änderungen am Corporate Design vorgenommen, weswegen es jetzt sehr viel besser aussieht als das letzte Heft. Auch der neue Spielplan ist nun Oldenburg-adäquater, mit nicht mehr fast ausschließlich Opern des 20. Jahrhunderts im Musiktheater sondern einer guten Mischung aus Repertoire-Schlagern und seltener gespielten Werken. Tja, manche Erfahrungen muss wohl jeder selbst machen… 😉


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