Christian Holst

Kulturmanagement :: Kulturmarketing :: Digitale Transformation


Kategorie: Kulturmarketing

  • Kultur im Shutdown – Teil 1: Digitales Exil oder zweite Heimat?

    Die Virologin Karin Mölling sagte neulich in einem Interview (das Radio Eins im Nachhinein in einer höchst peinlichen Art und Weise „einordnete“) Viren seien „Antreiber der Evolution“ (Min 4:03). Das soll jetzt angesichts der schwierigen Situation nicht sarkastisch klingen, aber im übertragenen Sinne lässt sich diese Aussage auch auf die Digitalisierung kultureller Angebote beziehen: Während sich viele Kultureinrichtungen jahrelang damit schwertaten, digitale Programme zu entwickeln, gilt es jetzt, schnell zu sein und in kurzer Zeit digitale Angebote bereitzustellen, damit eine Art kulturelles Leben aufrechterhalten werden kann.

    Für Einrichtungen, die sich schon länger digitale Angebote im Programm haben, war das erstmal relativ einfach: Die Berliner Philharmoniker machen ihre Digital Concert Hall vorübergehend frei zugänglich, Opern- und Konzerthäuser und Orchester, die es können, stellen Aufzeichnungen kostenlos zur Verfügung. Eine (nicht vollständige) Übersicht für den Sektor klassische Musik hat die NZZ. Bei der Augsburger Allgemeinen gibt es eine Liste mit Schwerpunkt auf Angeboten von Museen.

    Daneben entstanden aber auch viele spontan improvisierte Lösungen wie Igor Levits Hauskonzertreihe, die er via Twitter und Facebook live überträgt, die Lesungen von Saša Stanišić auf Twitch oder die Instagram-Führungen des Museums für Kunst und Gewerbe in Hamburg. Auf Twitter habe ich neulich eine ko-kreativ verfasste Corona-Geschichte entdeckt, leider aber den Link nicht direkt gespeichert. Besonders bewegend fand ich ein Video des Bachfestival Malaysia, bei dem Künstler und Freunde des Festivals online gemeinsam „Befiehl du deine Wege“ sangen und spielten. Das Schöne: Dass das Video gleich hält, was der Text des Chorals – geistlich oder ungeistlich interpretiert – verspricht: „Irgendwie wird es weitergehen“. (Ein ähnliches Video haben die Bamberger Symphoniker auf Instagram gepostet.) Das sind freilich nur wenige und völlig willkürliche Beispiele. Regelmäßig über das Angebot informieren kann man sich im täglichen Krautreporter-Newsletter, der jetzt eine Rubrik mit Kulturtipps für den virtuellen Raum hat. Erwähnenswert für Menschen, die sich für Kulturmanagement in Zeiten des Corona-Virus‘ interessieren, finde ich außerdem noch den Podcast „Wie geht’s?“ des Hamburger Instituts für Kultur- und Medienmanagement, in dem Martin Zierold mit Leuten aus dem Kultursektor darüber spricht, wie der Shutdown ihren Arbeitsalltag verändert.

    Es passiert also gerade einiges. In einem Bericht über diese neuen Angebote bin ich neulich allerdings über eine aufschlussreiche Formulierung gestolpert. Dort hieß es nämlich, viele Künstler seien ins „digitale Exil“ ausgewandert. Interessant ist diese Formulierung insofern, als sie impliziert, dass die „Heimat“ der Künstler, die Bühne, der Ausstellungsraum, eben die analoge Welt ist. Die Shutdown-Maßnahmen sind damit quasi eine „Vertreibung“ aus dem natürlichen und angestammten Lebensraum; der digitale Raum ist – auch 2020 noch – ein fremder Raum, in den man durch äußere Umstände gezwungen wird, der aber nicht aus intrinsischer Motivation heraus erkundet wird.

    Bislang wurde der Nutzen digitaler Aktivitäten vor allem als Erweiterung der Kommunikationsmöglichkeiten gesehen. Damit ist die Digitalisierung im öffentlich finanzierten Kulturbereich zuerst und vor allem im Marketing sichtbar geworden. Als Erweiterung der ästhetischen Möglichkeiten und Ausweitung des ästhetischen Raumes spielte die digitale Sphäre nur eine nachrangige Rolle. Vielleicht, weil es bisher wenig Anreiz gab, sich den digitalen Raum zu erschließen. Tragfähige digitale Geschäftsmodelle für nischige Kunst (ich meine damit die „klassische Kultur“ insgesamt) konnten bislang nicht entwickelt werden – Long Tail hin oder her. Selbst Leuchtturmprojekte mit internationaler Ausstrahlung und einem klaren Business-Case wie die Digital Concert Hall der Berliner Philharmoniker bewegen sich – auch viele Jahre nach der Gründung und je nachdem mit wem man spricht – entweder nur sehr knapp oder immer noch nicht in den schwarzen Zahlen. Hier kann man allerdings einwenden: Tragfähige Geschäftsmodelle gibt es für öffentlich finanzierte Kultur in aller Regel auch nicht im analogen Raum und sind bei den derzeit aufkeimenden digitalen Aktivitäten ja auch kein Hinderungsgrund mehr.

    Wie gesagt dienten digitale Inhalte in aller Regel zu Marketingzwecken, sie sollten veranschaulichen, was man in den Häusern vor Ort erleben kann. Gerade bei verbal schlecht vermittelbaren Angeboten wie zum Beispiel einem abstrakten Tanzstück ist das natürlich auch sinnvoll. Trotzdem sind die Inhalte immer nur ein Abbild der „eigentlichen“ Inhalte für Marketingzwecke, nicht als eigenständige künstlerische Ausdrucksform gedacht. Andere bewährte Einsatzgebiete sind die Imagebildung, z.B. um die eigene Pionierrolle zu unterstreichen (Berliner Philharmoniker), oder das Audience Development, wo versucht wird, insbesondere junge Menschen im digitalen Raum „abzuholen“ und über kurz oder lang in die Häuser zu locken. Digitale Angebote als genuine, den traditionellen Formaten gleichgestellte Angebote zu sehen, das war und ist die Ausnahme – insbesondere in den Performing Arts. Teilweise wird das ausschließlich klassische analoge Kulturerlebnis sogar noch immer bewusst als Gegenwelt zu virtuellen Angeboten positioniert, die keine physische Präsenz an einem bestimmten Ort erfordern. Unter den Museen gibt es einige, die ihren Auftrag des Forschens, Sammelns, Bewahrens, Ausstellens und Vermittelns auch digital umsetzen und zum Beispiel keine Unterscheidung mehr zwischen Besuchern vor Ort und in den digitalen Ausstellungsräumen machen (vgl. dazu z.B. das Interview mit Silke Oldenburg im „Wie gehts’s?“-Podcast). Common Sense ist das nach meiner Wahrnehmung aber noch nicht.

    Man kann den Kultureinrichtungen jetzt sicher nicht den Vorwurf machen, in den zwei Wochen seit dem Shutdown noch keine genuin digitalen künstlerischen Formate entwickelt zu haben. Man kann aber fragen, warum es nicht schon lange vor den Maßnahmen zur Bekämpfung von Covid-19 passiert ist – von den allseits bekannten Ausnahmen abgesehen. Offenbar braucht es den Druck durch eine externe Entwicklung, wie er jetzt durch den Shutdown entstanden ist. Das ist zwar einerseits etwas konsternierend, zumal die aktuelle Situation ja voraussichtlich massive Konsequenzen haben wird (s. dazu z.B. die Artikel im VAN-Magazin oder der Zeit, die Petition für Hilfen für Freiberufler und Künstler sowie den Spendenaufruf der Deutschen Orchester-Vereinigung). Andererseits lässt sie sich aber – wie eingangs gesagt – auch als Antreiber der Evolution verstehen und nutzen: Die aktuelle Situation ist ein guter Anlass zu überlegen, wie der digitale Raum nicht nur Exil, sondern zu einer zweiten Heimat für Kultureinrichtungen werden kann. Im zweiten Teil soll es deswegen darum gehen, was die Voraussetzungen sind, damit das gelingt.

  • Gerade erschienen: Kultur in Interaktion

    Das Thema des stARTcamps 2018 war „Co-Creation im Kultursektor“. Da dieses Thema bislang kaum aus der theoretischen Perspektive bearbeitet wurde, entstand die Idee, die Themen, die am Camp verhandelt wurden, auch noch einmal in einem Buch zu dokumentieren. Dieses Buch mit dem Titel «Kultur in Interaktion. Co-Creation im Kultursektor» ist jetzt gerade im Springer Gabler Verlag erschienen. Es versammelt elf Beiträge von denen einige auf Sessions und Themen des stARTcamps 2018 basieren. Andere sind aber auch erst nachträglich dazugekommen. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass sie sich um die Frage drehen, wie Co-Creation, Partizipation und Interaktion in Kultureinrichtungen gestaltet werden können, insbesondere vor dem Hintergrund der Digitalisierung, die wie ein Katalysator auf diese Prozesse wirkt.

    Der offene, partizipative, man könnte auch sagen unsystematische Charakter von stARTcamps, bei dem sehr unterschiedliche Perspektiven, Ansätze, Formate und Menschen zusammen finden, schlägt sich auch in diesem Band nieder. Das heißt, die Zugänge zu dem Thema sind in Form und Inhalt sehr unterschiedlich: Bei manchen Beiträgen handelt es sich um theoretisch-wissenschaftliche Aufsätze, andere sind praxisbezogene (Erfahrungs-)Berichte, bei zwei Beiträgen handelt es sich um Gespräche. Den roten Faden bildet die Erkenntnis, dass digitale Technologien zwar helfen können, Co-Creation, Partizipation und Interaktion zu ermöglichen. Ob solche Aktivitäten allerdings erfolgreich sind, ist vor allem eine Frage der Herangehensweise und der Denkhaltung. Eine Denkhaltung, mit der Kultureinrichtungen sich oftmals schwertun. Oftmals, aber nicht immer, wie dann auch einige Fallbeispiele deutlich machen.

    Der Band beginnt mit einem Beitrag von Annette Jagla und Tobias Knoblich, in dem sie über die Rahmenbedingungen sprechen, die zu „Kultur in Interaktion“ führen und sie ermöglichen können. Jagla bringt dabei die Perspektive einer Organisationsentwicklerin mit ein, Knoblich die eines Kulturpolitikers. Die dahinterliegende Frage ist, welche Akteure auf welche Weise zu einem gelingenden Wandel beitragen können, auf dessen Basis mehr Interaktion, Ko-Kreation und Teilhabe möglich wird.

    In meinem eigenen Beitrag beschäftige ich mich mit der Frage, wie die Idee von Co-Creation mit dem meist angebotsorientierten Selbstverständnis von Kultureinrichtungen zu vereinbaren ist. Die Antwort in kurz: Kultureinrichtungen müssen die Kunst nicht verraten, aber sollten sich mehr als Moderator denn als Kurator in künstlerischen Aushandlungsprozessen positionieren.

    Helge Kaul beleuchtet das Thema Co-Creation aus der Kulturmarketing-Sicht. In einer groß angelegten Studie (s. auch hier) hat er untersucht, wie neue Beteiligungsformen zum Einsatz kommen und auf empirischer Basis vier verschiedene Kooperationstypen im Kulturpublikum ermittelt. Indem Kultureinrichtungen verstehen, wie diese verschiedenen Typen in die interaktive Wertschöpfung einbezogen werden können, können sie dauerhafte Wettbewerbsvorteile erzielen.

    Antje Schmidt untersucht in ihrem Beitrag die Voraussetzungen und Herausforderungen, unter denen Co-Creation im Museumsbereich stattfindet. Wichtig sind dabei zum einen frei zugängliche Digitalisate und Kulturgütern. Dies ist rechtlich wie technisch nicht immer so einfach, wie es zunächst scheinen mag. Und auch wenn diese Hürden genommen sind, ist das kein Garant dafür, dass Co-Creation wirklich stattfindet.

    Unter ganz anderen Voraussetzungen findet Co-Creation in den darstellenden Künsten statt, auf die Ervina Kotolloshi ihren Fokus legt. Sie unterscheidet drei Arten von Aufführungen, die durch den Einsatz digitaler Kommunikationstechnologien zu ko-kreativen Ereignissen werden. Während die Interaktivität einerseits neue Theatererfahrungen ermöglicht, bietet sie durch ihre Dynamik und Unvorhersehbarkeit auch die Gefahr, unfertige oder gar misslungene ästhetische Resultate hervorzubringen.

    Tabea Schwarze stellt am Beispiel der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe dar, wie Co-Creation und Partizipation in der Museumspraxis gelebt werden können und welche Erfahrungen auf diesem Feld bislang gemacht wurden. Co-Creation und Partizipation sollen einerseits dabei helfen, dem Bildungsauftrag im digitalen Raum nachzukommen, andererseits aber auch die Akzeptanz der Digitalisierung intern zu fördern.

    Katrin Schröder und Anaïs Wiedenhöfer geben mit ihrem Beitrag ebenfalls einen Bericht aus der Praxis, hier am Beispiel des Archäologischen Museums Hamburg (AMH). Sie stellen die zahlreichen Experimente und Projekte in Sachen ko-kreativer Kommunikation und Veranstaltungsformate des AMH vor und reflektieren die gewonnenen Erfahrungen.

    Iris Groschek zeigt am Beispiel von KZ-Gedenkstätten, dass Interaktion in den sozialen Medien nicht einfach nach den beliebten How-To-Rezepten gestaltet werden kann. Denn die Rahmenbedingungen von Interaktion und Partizipation in Erinnerungseinrichtungen sind sehr spezifisch und müssen entsprechend berücksichtigt werden. Soziale Medien können aber durchaus als offener Ort dienen, an dem eine gemeinsame Erinnerungskultur etabliert werden kann.

    Anna Rentsch macht in ihrem Beitrag aus Agenturperspektive deutlich, welche Bedeutung die Einbeziehung von externen Anspruchsgruppen bereits im Rahmen des Designs von Kommunikationsangeboten hat. Sie meint, dass ein Design-Ansatz, der Bedürfnisse, Interessen und Rezeptions- gewohnheiten der Adressaten berücksichtigt, einen wichtigen Grundstein für gelingende Interaktion darstellt.

    Richard Wetzel zeigt in seinem Beitrag, wie Co-Creation bei der Entwicklung von Games in interdisziplinären Teams mit Hilfe von Ideationskarten organisiert werden kann. Dieses Verfahren erleichtert es interdisziplinären (Entwickler-)Teams, eine gemeinsame Sprache und Herangehensweise zu entwickeln, die nicht von der Logik einer bestimmten Disziplin dominiert wird. Das Verfahren, das Wetzel vorstellt, funktioniert analog, auch wenn die zu entwickelnden Produkte in der Regel digitale Produkte sind oder zumindest wesentliche digitale Komponenten haben.

    Isabel Jansen von der Hamburg Kreativ Gesellschaft spricht im Interview über das Crowdfunding als eine mittlerweile sehr populäre Form von Co-Creation und Publikumsbeteiligung mittels digitaler Plattformen. Sie gibt einen Überblick über allgemeine Trends des Crowdfundings und stellt dar, für welche Gelegenheiten und Branchen sich die Schwarmfinanzierung besonders eignet sowie welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit eine Kampagne erfolgreich wird.

    Ich freue mich, dass der Band jetzt erschienen ist und danke allen, die dazu beigetragen haben sehr herzlich! Außerdem freue ich mich natürlich über Feedback und/oder Weiterempfehlung.

  • Kulturmanagement – Eigene Disziplin oder „BWL für Arme“?

    Vor einiger Zeit fragte Hannes Tronsberg auf Twitter, warum es eigentlich Kulturmanagement als eigene Disziplin brauche? Schließlich gebe es – trotz bestimmt bestehender Besonderheiten und Eigenheiten gegenüber anderen Branchen – auch kein Schuh- oder Automanagement. Dass Kulturmanagement als eigene Disziplin und nicht als ein Teilgebiet der BWL oder Management Studies geführt werde, koppele sie von aktuellen Erkenntnissen ab und verlangsame ihren Fortschritt dadurch.

    Tatsächlich lassen sich schnell Beispiele finden, die Hannes These erstmal untermauern. Eins meiner Lieblingsthemen in diesem Zusammenhang ist das verkümmerte Verständnis von Marketing, das im Kulturbereich oftmals anzutreffen ist. Da wird ein wirklich sehr gut und umfassend ausgearbeiteter Forschungs- und Wissensstand weitgehend links liegen gelassen, weil man glaubt, er wäre nicht anwendbar auf den Kulturbereich. Tatsächlich liegt das Problem aber vor allem darin, dass man im Kulturmanagement bis heute von einem Marketingverständnis aus der Gründungszeit der Disziplin Kulturmanagement ausgeht. Vor 30-40 Jahren basierte Marketing noch stark auf einer goods-dominated Logic (GDL), Marketing war vor allem Industrieproduktemarketing, bei dem bestimmte Produkte auf einen Bedarf am Markt hin entwickelt, hergestellt und vertrieben wurden. (mehr …)

  • Der miese Ruf des Kulturmarketings

    Heute muss ich mal einen kleinen Rant über etwas schreiben, was mich seit einiger Zeit immer wieder aufgeregt hat. Und zwar ist das das ignorante Verständnis von Marketing, das im Kulturbereich erschreckend weit verbreitet ist. Nur zwei kleine Beispiele, die stellvertretend für eine fast schon epidemische Haltung stehen:

    Neulich wurde ich von einem altgedienten Kulturfunktionär darüber belehrt, dass Marketing (also «meine» Disziplin) ja schön und gut sei, am Ende aber das Auftun von Geldquellen («seine» Disziplin) die Königsdisziplin des Kulturmanagements sei. Ich habe mir verkniffen zu sagen, dass man die Funding-Aufgaben im Kontext von Kulturmanagement zum Beschaffungsmarketing zählen kann und sie dort auch organisatorisch oftmals verortet werden. Wo da ein Widerspruch sein soll, habe ich jedenfalls nicht verstanden.

    Das andere war ein eigentlich harmloser Satz in einem VAN-Artikel. Da stand: «Audience Development, Marketing und Imageaufbesserungen der Institutionen sind gut und wichtig, aber der Zweck von Musikvermittlung liegt nicht primär darin, gutes Bildmaterial für Hochglanzbroschüren zu liefern.» Ich bin mir natürlich im Klaren darüber, dass dieser Satz einfach locker flockig dahingeschrieben wurde und das Verhältnis von Musik(vermittlung) und Marketing in dem Artikel nicht das eigentliche Thema war. Aber er deutet dennoch auf ein sehr typisches Statusgerangel innerhalb vieler Einrichtungen und auf ein weit verbreitetes und äußerst unproduktives Missverständnis hin. (mehr …)

  • Interview in der HNA: Brücke zum Publikum schlagen

    Bettina Fraschke, die Kulturredakteurin der Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen (HNA), hat kürzlich ein Interview mit mir geführt, das jetzt auch online steht. Thema sind digitale Kommunikationsstrategien von Theatern. Viel Spaß beim Lesen!

  • Conversation is King

    Bill Gates Ausspruch «Content is king» schien lange Zeit ganz besonders auch für Kultureinrichtungen zu gelten. Schließlich ist das Produkt hier keine Ware oder Dienstleistung, sondern selbst «Content», die Häuser «prall gefüllt mit Geschichten und Geschichte, Menschen und Berufen», wie Hagen Kohn vor einiger Zeit schrieb.  Ich selbst war auch lange von dieser These überzeugt und habe sie z.B. in meinem Beitrag zum ersten stARTconference-Tagungsband vertreten. Gute, interessante Inhalte, so die Überzeugung, werden durch Suchmaschinen und die Verteilmechanismen digitaler Netzwerkmedien schon das Publikum erreichen, das sich für diese Inhalte interessiert. Pull statt Push. In meiner Arbeit ist dann allerdings eine gewisse Ernüchterung eingetreten, die ich vor einiger Zeit in einem Blogbeitrag beschrieben habe. Mir schien, dass insbesondere auf Facebook doch wieder die Regeln der klassischen Push-Werbung gelten. Der Blog-Artikel ist bereits dreieinhalb Jahre alt, der Eindruck verfestigt sich aber immer mehr. (mehr …)

  • Der Eisberg Angebotsorientierung

    Axel Kopp hat gerade 10 Online-Marketing-Tipps für Theater in seinem Blog veröffentlicht. Tipp 2 – eine Chat-Funktion, die auf der Website eingebunden wird – gefällt mir sehr gut, weil das ein besucherorientierter Service wäre, der die Conversions auf der Website wahrscheinlich ziemlich befeuern würde. Ebenfalls sehr besucherorientiert ist der Vorschlag, die Stücke zu verschlagworten, um dem Publikum ein paar Anhaltspunkte zu geben, was es zu erwarten hat. Aber Axel ahnt schon, dass so etwas einen großen Aufschrei seitens der Künstler zur Folge hätte. (mehr …)

  • Snapchat oder lieber gleich Chatbot?

    Neulich schrieb ich darüber, dass Instagram sich langsam zu einem ernst zunehmenden Marketingtool entwickelt. Das hat ein bisschen mit verbesserten Features von Instagram zu tun, vor allem aber mit den Anbindungsmöglichkeiten an den Facebook-Werbeanzeigenmanager. Jetzt schreibt Juana Zimmermann in der Neuen Musikzeitung über die Einsatzmöglichkeiten von Snapchat im Kulturbereich und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Snapchat ziemlich genau das gleiche Problem hat, wie Instagram bis vor kurzem. Besser gesagt, Kultureinrichtungen haben dieses Problem, denn sie können und werden sich in der Regel nicht bei Snapchat Discover einkaufen. Die Customer Journey hört also auf, bevor sie überhaupt begonnen hat, man muss sich in seiner Snapchat-Filterbubble selbst genügen. Zimmermann schickt daher auch gleich vorweg, dass Snapchat die Möglichkeit bietet,

    etwas zu zeigen, was neben (Hervorhebung durch CH) der Standard-Marketing-Strategie liegt. Der Beleuchter könnte einen Tag lang seinen Arbeitsablauf dokumentieren, die Hospitantin von ihren Erlebnissen berichten. Die kleinen Schritte der Prozesse statt großer Ergebnisse werden sichtbar.

    Das wiederum ist aber keine besondere Leistung von Snapchat, das geht auch mit Blogs, Twitter und eben Instagram und war genau die Begründung, mit der man jeweils vor 8, 6 bzw. 2 Jahren dort eingestiegen ist. Snapchat ist – wie Zimmermann schreibt – eher ein Messenger als ein Netzwerk. Allerdings (noch) keiner, der wie der Facebook Messenger die Einbindung von Chatbots erlaubt. Also, warum nicht den Snapchat-Hype überspringen und gleich in das Thema Chatbots einsteigen? Die sind nämlich nicht nur der neue heiße Scheiß, sondern auch kompatibel mit einer bezahlbaren Standard-Marketing-Strategie, die den Besucher aus der Filterbubble seines bevorzugten Social Media-Tools holt und auf eine Reise mitnimmt, die in einem kulturellen Erlebnis kulminiert.

  • PR-Gag «Opernhaus des Jahres»

    Auf der Website Opernnetz hat deren Chefredakteur Michael Zerban einen Kommentar verfasst, in dem er mit die jährliche Kritikerumfrage der Opernwelt und die daraus resultierenden Auszeichnung von Opernhaus, Sänger, Regisseur etc. des Jahres auseinander nimmt. In seinen Augen handelt es sich um einen PR-Gag eines kleinen Fachmagazins:

    Die Opernwelt existiert seit 1960 und hat ihre besten Zeiten längst gesehen. Heute vegetiert sie nach eigenen Angaben mit einer Auflage von 10.000 Exemplaren monatlich dahin – nicht IVW-geprüft, Tendenz fallend. (…) Aber einmal im Jahr ist ihr Name in vieler Munde. Nämlich dann, wenn sie unter anderem das «Opernhaus des Jahres» kürt.

    (mehr …)

  • Stell dir vor, der Kölner Theaterpreis-Träger inszeniert und keiner geht hin…

    Es ist immer blöd, Witze zu erklären. Und ein bisschen so ist mein Kommentar zu einem gelungenen Video des Kölner Theaters im Bauturm, den ich mir aber trotzdem nicht verkneifen will. Denn zum einen gefällt mir Theater-Werbung, die selbstironisch ist. Eine seltene Spezies. Zum anderen spielt dieser Clip auf ein allgemeines Problem des Kulturmarketings an, an dem sich Trevor O’Donnell in seinem Blog regelmäßig abarbeitet. Die meisten Kultureinrichtungen arbeiten in seinen Augen nach der Prämisse:

    Tell the world how wonderful and important we are and hope that enough people still care to meet our sales goals.

    Jetzt, wo gerade das Opernhaus, der Regisseur, der Dirigent, die Aufführung etc. des Jahres gekürt wurden, lässt sich das gut auf den Facebook-Seiten der betroffenen Opernhäuser beobachten. Und der Clip des Bauturm-Theaters bringt dieses Phänomen auf den Punkt: Der Kölner Theaterpreisträger 2015 inszeniert und das Haus ist nicht ausverkauft?!? Kann doch nicht sein!! Und zu guter letzt ist diese Aussage noch gekoppelt mit einem Seitenhieb gegen den Typus des mancherorts immer noch existierenden autokratischen Intendanten, der allerdings seit einiger Zeit lautstarke Rückzugsgefechte führt. Es ist eigentlich nur Werbung, aber zugleich auch eine erstaunlich pointierte Zusammenfassung der Problemlagen deutscher Theater. Gefällt mir.