Gerade erschienen: Kultur in Interaktion
Das Thema des stARTcamps 2018 war „Co-Creation im Kultursektor“. Da dieses Thema bislang kaum aus der theoretischen Perspektive bearbeitet wurde, entstand die Idee, die Themen, die am Camp verhandelt wurden, auch noch einmal in einem Buch zu dokumentieren. Dieses Buch mit dem Titel «Kultur in Interaktion. Co-Creation im Kultursektor» ist jetzt gerade im Springer Gabler Verlag erschienen. Es versammelt elf Beiträge von denen einige auf Sessions und Themen des stARTcamps 2018 basieren. Andere sind aber auch erst nachträglich dazugekommen. Gemeinsam ist ihnen jedoch, dass sie sich um die Frage drehen, wie Co-Creation, Partizipation und Interaktion in Kultureinrichtungen gestaltet werden können, insbesondere vor dem Hintergrund der Digitalisierung, die wie ein Katalysator auf diese Prozesse wirkt.
Der offene, partizipative, man könnte auch sagen unsystematische Charakter von stARTcamps, bei dem sehr unterschiedliche Perspektiven, Ansätze, Formate und Menschen zusammen finden, schlägt sich auch in diesem Band nieder. Das heißt, die Zugänge zu dem Thema sind in Form und Inhalt sehr unterschiedlich: Bei manchen Beiträgen handelt es sich um theoretisch-wissenschaftliche Aufsätze, andere sind praxisbezogene (Erfahrungs-)Berichte, bei zwei Beiträgen handelt es sich um Gespräche. Den roten Faden bildet die Erkenntnis, dass digitale Technologien zwar helfen können, Co-Creation, Partizipation und Interaktion zu ermöglichen. Ob solche Aktivitäten allerdings erfolgreich sind, ist vor allem eine Frage der Herangehensweise und der Denkhaltung. Eine Denkhaltung, mit der Kultureinrichtungen sich oftmals schwertun. Oftmals, aber nicht immer, wie dann auch einige Fallbeispiele deutlich machen.
Der Band beginnt mit einem Beitrag von Annette Jagla und Tobias Knoblich, in dem sie über die Rahmenbedingungen sprechen, die zu „Kultur in Interaktion“ führen und sie ermöglichen können. Jagla bringt dabei die Perspektive einer Organisationsentwicklerin mit ein, Knoblich die eines Kulturpolitikers. Die dahinterliegende Frage ist, welche Akteure auf welche Weise zu einem gelingenden Wandel beitragen können, auf dessen Basis mehr Interaktion, Ko-Kreation und Teilhabe möglich wird.
In meinem eigenen Beitrag beschäftige ich mich mit der Frage, wie die Idee von Co-Creation mit dem meist angebotsorientierten Selbstverständnis von Kultureinrichtungen zu vereinbaren ist. Die Antwort in kurz: Kultureinrichtungen müssen die Kunst nicht verraten, aber sollten sich mehr als Moderator denn als Kurator in künstlerischen Aushandlungsprozessen positionieren.
Helge Kaul beleuchtet das Thema Co-Creation aus der Kulturmarketing-Sicht. In einer groß angelegten Studie (s. auch hier) hat er untersucht, wie neue Beteiligungsformen zum Einsatz kommen und auf empirischer Basis vier verschiedene Kooperationstypen im Kulturpublikum ermittelt. Indem Kultureinrichtungen verstehen, wie diese verschiedenen Typen in die interaktive Wertschöpfung einbezogen werden können, können sie dauerhafte Wettbewerbsvorteile erzielen.
Antje Schmidt untersucht in ihrem Beitrag die Voraussetzungen und Herausforderungen, unter denen Co-Creation im Museumsbereich stattfindet. Wichtig sind dabei zum einen frei zugängliche Digitalisate und Kulturgütern. Dies ist rechtlich wie technisch nicht immer so einfach, wie es zunächst scheinen mag. Und auch wenn diese Hürden genommen sind, ist das kein Garant dafür, dass Co-Creation wirklich stattfindet.
Unter ganz anderen Voraussetzungen findet Co-Creation in den darstellenden Künsten statt, auf die Ervina Kotolloshi ihren Fokus legt. Sie unterscheidet drei Arten von Aufführungen, die durch den Einsatz digitaler Kommunikationstechnologien zu ko-kreativen Ereignissen werden. Während die Interaktivität einerseits neue Theatererfahrungen ermöglicht, bietet sie durch ihre Dynamik und Unvorhersehbarkeit auch die Gefahr, unfertige oder gar misslungene ästhetische Resultate hervorzubringen.
Tabea Schwarze stellt am Beispiel der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe dar, wie Co-Creation und Partizipation in der Museumspraxis gelebt werden können und welche Erfahrungen auf diesem Feld bislang gemacht wurden. Co-Creation und Partizipation sollen einerseits dabei helfen, dem Bildungsauftrag im digitalen Raum nachzukommen, andererseits aber auch die Akzeptanz der Digitalisierung intern zu fördern.
Katrin Schröder und Anaïs Wiedenhöfer geben mit ihrem Beitrag ebenfalls einen Bericht aus der Praxis, hier am Beispiel des Archäologischen Museums Hamburg (AMH). Sie stellen die zahlreichen Experimente und Projekte in Sachen ko-kreativer Kommunikation und Veranstaltungsformate des AMH vor und reflektieren die gewonnenen Erfahrungen.
Iris Groschek zeigt am Beispiel von KZ-Gedenkstätten, dass Interaktion in den sozialen Medien nicht einfach nach den beliebten How-To-Rezepten gestaltet werden kann. Denn die Rahmenbedingungen von Interaktion und Partizipation in Erinnerungseinrichtungen sind sehr spezifisch und müssen entsprechend berücksichtigt werden. Soziale Medien können aber durchaus als offener Ort dienen, an dem eine gemeinsame Erinnerungskultur etabliert werden kann.
Anna Rentsch macht in ihrem Beitrag aus Agenturperspektive deutlich, welche Bedeutung die Einbeziehung von externen Anspruchsgruppen bereits im Rahmen des Designs von Kommunikationsangeboten hat. Sie meint, dass ein Design-Ansatz, der Bedürfnisse, Interessen und Rezeptions- gewohnheiten der Adressaten berücksichtigt, einen wichtigen Grundstein für gelingende Interaktion darstellt.
Richard Wetzel zeigt in seinem Beitrag, wie Co-Creation bei der Entwicklung von Games in interdisziplinären Teams mit Hilfe von Ideationskarten organisiert werden kann. Dieses Verfahren erleichtert es interdisziplinären (Entwickler-)Teams, eine gemeinsame Sprache und Herangehensweise zu entwickeln, die nicht von der Logik einer bestimmten Disziplin dominiert wird. Das Verfahren, das Wetzel vorstellt, funktioniert analog, auch wenn die zu entwickelnden Produkte in der Regel digitale Produkte sind oder zumindest wesentliche digitale Komponenten haben.
Isabel Jansen von der Hamburg Kreativ Gesellschaft spricht im Interview über das Crowdfunding als eine mittlerweile sehr populäre Form von Co-Creation und Publikumsbeteiligung mittels digitaler Plattformen. Sie gibt einen Überblick über allgemeine Trends des Crowdfundings und stellt dar, für welche Gelegenheiten und Branchen sich die Schwarmfinanzierung besonders eignet sowie welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit eine Kampagne erfolgreich wird.
Ich freue mich, dass der Band jetzt erschienen ist und danke allen, die dazu beigetragen haben sehr herzlich! Außerdem freue ich mich natürlich über Feedback und/oder Weiterempfehlung.