Christian Holst

Kulturmanagement :: Kulturmarketing :: Digitale Transformation


Kategorie: Kulturmarketing

  • Geht Marketing mit Instagram?

    Eine meiner Lieblingsdiskussionen im Bereich Social Media dreht sich um die Frage, ob und wenn ja wie man mit Instagram eigentlich Marketing machen kann. Einmal bekam ich die Antwort: «Naja, professionell halt». Ansonsten wird gern ins Feld geführt, dass die Wachstumsraten so groß wie bei keinem anderen Social Network sind (2015 waren es 20% Wachstum in den USA), es nirgends sonst so viel Interaktion gibt, Bilder halt emotional sind und schnell erfasst werden, Facebook nur noch was für Leute ab Mitte 30 ist usw. Meine Gegenthese ist dann immer, dass das zwar alles stimmt, aber noch nichts mit Marketing zu tun hat. Auch eine Website, die explizit absatzwirtschaft.de heißt, bleibt da mit ihren 5 Tipps für erfolgreiches Marketing auf Instagram sehr an der Oberfläche:

    Instagram ist der neue Renner unter den sozialen Medien und wird immer wichtiger für Marken und Unternehmen.

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  • Marktforschung mit Googlesuche

    The auto suggest results provided by Google & Bing are a goldmine of insight for today’s marketeers.

    schreibt die Website answerthepublic. Was eigentlich als Service für die Suchmaschinennutzer gedacht ist, um schneller an gute Suchergebnisse zu kommen, gibt Content-Anbietern einen äußerst interessanten Einblick, wonach Leute suchen und dementsprechend Anhaltspunkte für die eigene Contentredaktion und Suchmaschinenoptimierung. Answerthepublic stellt daher die häufigsten Suchanfragen rund um ein Keyword zusammen und visualisiert sie auf hübsche Art und Weise. So wie hier für den Suchbegriff «Oper». Warum Carmen so beliebt ist, würde mich tatsächlich auch mal interessieren. 😉

  • Wie ist das jetzt eigentlich mit dem Social-Media-ROI?

    Lässt sich für Social-Media-Aktivitäten ein «Return on Investment» (ROI) definieren? Diese Frage wurde vor einiger Zeit intensiv diskutiert. Hagen Kohn, der sich auch damals mit etlichen Beiträgen und einem Sammelband-Aufsatz an der Diskussion beteiligte, hat das Thema nun auf seinem Blog wieder aufgegriffen. Und zwar in Form einer kleinen Interview-Serie, zu der ich den Auftakt machen durfte. Kurz zusammengefasst: Ich denke, so etwas wie ein ROI lässt sich für Werbeanzeigen auf Facebook, Google oder Twitter gut bestimmen, wenn man die Conversions, also die Verkäufe/den Umsatz, gegen die Kosten rechnet. Bei sonstigem Content macht es in meinen Augen wenig Sinn. (mehr …)

  • Facebook als digitales Pausenfoyer

    Warum haben es Theater so schwer im sozialen Netz? Warum tun Theater sich so schwer im Netz?

    fragten die Kulturfritzen kürzlich in einem Blogbeitrag und machten nach einer angeregten Diskussion zu dieser Frage eine Blogparade draus, zu der ich gern diesen Beitrag beisteuere. Ein paar Gedanken zu dem Thema «Theater und Digitalisierung» habe ich mir bereits im Sommer anlässlich des Deutsche-Bühne-Schwerpunkts «Geht Theater auch digital?» gemacht. (mehr …)

  • Die Schweizer stARTcamp-Premiere

    Vielleicht soll es die stARTconference aber auch gar nicht mehr geben? Vielleicht hat sich die Spirale der Begeisterung zu drehen aufgehört und Social Media ist bei uns allen soweit im Alltag angekommen, dass es dazu gar keiner Konferenz mehr bedarf? Vielleicht ist der Weg nach Duisburg zu weit, wo doch in Köln, München, Dresden, Frankfurt und Berlin stARTcamps organisiert werden, die zeigen, dass das stARTuniversum in den letzten Jahren gewaltig gewachsen ist? Vielleicht hat das klassische Konferenzformat ausgedient und wir alle finden viel mehr Gefallen an der Barcamp-Atmosphäre?

    Das schrieb Christian Henner-Fehr im Frühjahr 2012 nachdem der Versuch gescheitert war, die stARTconference über Crowdfunding zu finanzieren. Tatsächlich war es dann so, dass die Camps an die Stelle der Konferenz getreten sind und für das weitere Wachstum des stARTuniversums sorgten. 2010 gab es ein stARTcamp in Essen. Im Jahr darauf waren es bereits zwei, ein weiteres Jahr später drei – jedes Jahr eins mehr. 2015 werden wir auf sechs stARTcamps kommen. Ende dieses Jahres werden es somit 16 stARTcamps in 10 verschiedenen Städten gewesen sein. (mehr …)

  • Heftiges Fremdeln: Theater und Digitalisierung

    Die deutsche Bühne heisst das gut gemachte Magazin des deutschen Bühnenvereins. Schwerpunkt des Juni-Hefts war die Frage «Geht Theater auch digital?» Beim Lesen des Hefts merkt man schnell, dass die Frage gar nicht so rhetorisch gemeint, wie man auf den ersten Blick denken könnte. In verschiedenen Artikeln – insbesondere im Eröffnungsartikel zum Schwerpunkt (S. 40ff.) – wird ein ernsthafter Versuch unternommen, sich mit dem Phänomen der Digitalisierung und seinen Auswirkungen auf das Theater zu beschäftigen. Dabei haben die Redakteure die Schwierigkeit zu meistern, dass die Anknüpfungspunkte des Theaters an die digitale Welt keinesfalls so offenkundig auf der Hand liegen und die Integration digitaler Technologien und Kommunikationsprinzipien keinesfalls so selbstverständlich ist, wie mitunter behauptet behauptet wird (etwa das erste Statement von Alexander Kerlin ab Minute 7:45). Ich bin da nicht so sicher, schliesslich haben Fernsehen und Kino als innovierte und digitale Form des Theaters ihm seinen Stellenwert streitig gemacht und die ganze Kunstform erodieren lassen. Insofern ist es aber auch kein Wunder, dass man zwischen den Zeilen immer wieder die ganz grundsätzliche Skepsis, wenn nicht Angst vor allem Digitalen spürt. (mehr …)

  • Erwartungen übertreffen

    Dass Kultureinrichtungen sich etwas einfallen lassen müssen, um ihre Relevanz und damit auch ihren Fortbestand zu sichern, ist mittlerweile Konsens. Konsens war bislang aber auch, dass neues Publikum über Vermittlung, professionalisiertes Marketing und Update oder Aufhebung der alten Rituale (Kleidung, Verhaltenskodex etc.) gewonnen und gebunden werden muss, damit die programmatischen Entscheidungen nach rein künstlerischen Kriterien getroffen werden können. Dass ein fundamentales Problem der öffentlich finanzierten Kultureinrichtungen gerade in diesem hermetischen Deutungsanspruch über das Repertoire bestehen könnte, wurde bisher kaum zugestanden. Insofern fand ich ein Interview von Birgit Mandel mit der taz sehr interessant. Mandel sagt dort:

    Ich selbst bin zunächst davon ausgegangen, dass man die Sache einfach anders verkaufen muss: mit neuen Kommunikationsweisen, schönen Rahmenbedingungen. Aber das stimmt nicht, es ist ziemlich deutlich, dass man ein neues Publikum nur dann dauerhaft gewinnen wird, wenn es das Gefühl hat: Die Programme, die gezeigt werden, haben etwas mit meinem Leben zu tun. Und da wird es heikel.

    Warum?

    Da heißt es bei den Machern: Sollen wir uns von Kulturnutzern die Programmpolitik schreiben lassen? Und machen wir dann nur noch Mainstream und verlieren alle Qualitätsansprüche?

    Das Argument, dass künstlerische Qualität und Publikumserfolg in aller Regel nicht zusammengehen, ist zwar schon etwas fadenscheinig geworden, aber scheinbar trotzdem noch fest in den Köpfen der Kulturmacher verankert. Mandel lässt hier die Fadenscheinigkeit zwar anklingen, indem sie zu verstehen gibt, dass es wohl nicht reichen wird, die Sache einfach anders zu verpacken ohne auch den Inhalt mit den Interessen des Publikums in Einklang zu bringen. Wirklich abrücken von diesem Anspruch mag sie aber auch nicht, wenn sie im Weiteren sagt:

    Die Lösung besteht wahrscheinlich darin, dass man seine eigene Mission, seinen eigenen Anspruch an die Arbeit nicht aufgibt, nur um dem Publikum das zu geben, was es schon immer will. Das ist auch total langweilig. Sondern, dass man bei dem, was man ohnehin machen möchte, andere Nutzergruppen stärker mit einbezieht.

    Ist es wirklich langweilig, dem Publikum zu geben, was es schon immer wollte? Ich denke, was das Kulturpublikum schon immer will, ist gerade, sich nicht zu langweilen. Und langweilig wird es da, wo Kulturveranstalter nicht über die Minimalerwartungen des Publikums hinausgehen, ihm also nur geben, womit es sich gerade so zufrieden gibt. Auch wenn es ein viel strapaziertes Beispiel ist, sei hier auf Steve Jobs verwiesen, der meinte: «Meistens wissen die Leute nicht, was sie wollen, bis man es ihnen zeigt.» Das ist nicht nur ein gutes Motto für den Innovationswillen herkömmlicher Unternehmen. Es gilt überall da, wo Kreativität den Kern des Geschäfts ausmacht. Übertragen auf die kulturunternehmerische Arbeit heißt das in meinen Augen: Versuche, die Erwartungen des Publikums nicht (nur) zu erfüllen, sondern in einer Weise zu übertreffen, die es nicht erwartet.

  • Das Buch ist da! – «Kultur unternehmen»

    Es war lange nichts mehr los auf diesem Blog. Der letzte Eintrag stammt von Mitte August. Der wesentliche Grund dafür lag darin, dass die Zeit, die ich normalerweise zum Bloggen erübrigen kann, in die Fertigstellung eines Buches geflossen ist, das nun pünktlich zum Weihnachtsgeschäft erschienen ist. Kultur unternehmen: Wie junge Musiker das Kulturmanagement neu erfinden heißt es. Darin zeige ich in sechs kurzen Fallstudien zu verschiedenen Arbeitsfeldern des Kulturmanagements, z.B. zu Führung, Innovation, Marketing und PR sowie Kulturvermittlung, wie junge Kulturunternehmer Paradigmen der Kulturmanagementlehre neu definieren und frische Impulse setzen. Grundlage für die Fallstudien sind Interviews mit Kulturunternehmern, die jeweils in mindestens einem der genannten Arbeitsfeldern Beispielhaftes erreicht haben. Meine Gesprächspartner waren

    Auch wenn sich zeigt, dass es den exzellenten Kulturbetrieb nach Lehrbuch nicht geben kann, weil künstlerische Zielsetzungen und organisatorische Rahmenbedingungen immer sehr individuell aufeinander abgestimmt werden müssen, so ist es doch meine Hoffnung, dass dieses Büchlein gewisse Denkanstöße und Ideen gibt, wie zeitgemässes Kulturmanagement oder besser Kulturunternehmertum aussehen kann. Damit das gelingen kann, muss in meinen Augen ein zentrales Paradigma der Kulturmanagementlehre über Bord geworfen werden: Nämlich dass Kulturmanagement eine Hilfsfunktion sei, die das Kunstmachen ermöglichen soll, ohne inhaltlich darauf einzuwirken. Dieser Grundsatz mag theoretisch schlüssig sein, zumal wenn das Geld fürs Kunstmachen vom Staat kommt, der sich die Kunst damit freilich nicht willfährig machen können soll. Der Blick auf die Praxis zeigt jedoch, dass dieser Anspruch naiv und nicht einzulösen ist. Kulturmanagement ist idealerweise eine Funktion, die sich rückstandslos im Kunstmachen auflöst, das natürlich nie frei von sozialen, gesellschaftlichen, politischen, ethischen oder ökonomischen Kategorien stattfinden kann. Sozusagen ganz im Sinne von Goethes Epirrhema: «Nichts ist drinnen, nichts ist draussen; denn was innen, das ist aussen.»

    Die Artikel wurden für die Buchveröffentlichung noch einmal überarbeitet, die Interviews von meinen Gesprächspartnern noch einmal gesichtet und ggf. aktualisiert. Neu und bisher unveröffentlicht ist das Einleitungskapitel sowie das ausführliche Interview mit Louis Dupras, dem Geschäftsführer der Berner Camerata. Das Buch ist sowohl in klassischer Papierform als auch als E-Book erhältlich (iTunes, /eBook.de/libri.de). Das gedruckte Buch kostet 8.90 EUR bzw. 13.50 CHF, die E-Book-Variante in den ersten vier Wochen nach Erscheinen 3.99 EUR, danach 5.99 EUR. Rezensionsexemplare können über presse@bod.de bezogen werden. Mein besonderer Dank gilt der Redaktion des KM Magazins, in dem die meisten Artikel zwischen Herbst 2012 und Frühjahr 2013 erstveröffentlicht wurden.

    Natürlich freue ich mich über alle Rezensionen und Empfehlungen auf euren Blogs und Kanälen. Und ich freue mich, wenn ich mit dem Buch zu einer Diskussion beitragen kann, wie sich das Kulturmanagement im Sinne eines frischen, zeitgemäßen Kulturlebens weiter entwickeln sollte. Vor diesem Hintergrund plane ich, eine Blogparade zu dem Thema des Buches veranstalten. Dazu dann in Kürze mehr.

  • Content war King

    «2014 wird das Jahr des Content Marketing», las ich kürzlich. Auf onlinemarketing.de wird es sogar als «neue Wunderwaffe» bezeichnet. Und für einmal kann man feststellen, dass der klassische Kulturbereich einem Marketing-Trend nicht hinterherhinkt. Auch wenn der Begriff «Content Marketing» in aller Regel im Zusammenhang mit Online- und Social Media-Aktivitäten genutzt wird – wie in dem verlinkten Artikel – so haben Theater und Museen das analoge Pendant dieser Marketingtechnik schon vor langer Zeit für sich entdeckt. Die meisten größeren Theater haben eine Theaterzeitung, mit der den Lesern durch redaktionelle Berichte und Inhalte Lust gemacht werden soll, das Haus (wieder) einmal zu besuchen. Als gelungene Beispiele können hier etwa das Magazin des Opernhauses Zürich (ja, ich bin voreingenommen, aber es wird immerhin auch vom ehemaligen Musikredakteur der ZEIT konzipiert und redaktionell geleitet), das der Berliner Philharmoniker oder der Staatsopern in Hamburg und Stuttgart dienen. Diese Liste ist ebenso willkürlich wie unvollständig. Mir geht es darum, zu zeigen, dass vielerorts bereits analoges Content Marketing auf hohem Niveau betrieben wird.

    Wenn die 16. These des Cluetrain Manifestos also lautet: «Schon jetzt erreichen Unternehmen, die mit der Stimme des Marktschreiers reden, niemanden», kann man festhalten, dass dieser Paradigmenwechsel vom Push- zum Pull-Marketing im Kulturbereich längst vollzogen wurde. Man setzt schon lange auf interessante Geschichten und inhaltsvolle Informationen statt auf sich ständig weiter aufschaukelnden Werbedruck und laute, austauschbare Slogans. Fragt sich nur, warum die Kultureinrichtungen dann nicht auch eine Vorreiterrolle im digitalen Content Marketing einnehmen? Es gibt zwar mittlerweile einige gelungene Beispiele für Content Marketing aus dem klassischen Kulturbereich, so z. B. das Blog des Theaters Heilbronn, das der Bayerischen Staatsoper und das Online-Magazin der Schirnhalle. Aber die Auswahl an Beispielen fällt insgesamt deutlich spärlicher aus als im Printbereich. Woran liegt das?

    Mein Verdacht ist, dass bei aller Euphorie über die Pull-Logik, wie sie z.B. im Cluetrain Manifest oder dem eingangs verlinkten Artikel zum Tragen kommt, außer Acht gerät, dass auch im Social Web das Push-Marketing nach altem Muster nicht abgeschafft ist: Facebook kapitalisiert den Zugang zu seinen Nutzern ebenso wie die Tageszeitung den Zugang zu ihren Abonnenten. Das heißt Facebook – für viele Kultureinrichtungen mehr oder weniger gleichbedeutend mit «Social Web» – lässt sich die Reichweite von Unternehmensposts zunehmend bezahlen. Einerseits im Sinne der Nutzer, für die Unternehmensposts grundsätzlich zu den weniger interessanten Beiträgen in ihren Neuigkeiten gehören und andererseits natürlich und vor allen im unternehmerischen Interesse von Facebook selbst. Wenn allfacebook.de deswegen empfiehlt: «Bucht Werbung», dann  sagen sie nichts anderes als: Kehrt zum alten Push-Marketing zurück.

    Was die Reichweite der oben genannten digitalen Content Marketing-Beispiele angeht, kenne ich keine Zahlen. Ich wage aber die These, dass es sich nicht um berauschende Zahlen handelt. Die Wiener und die Bayerische Staatsoper führen mit 27.000 bzw. knapp 21.000 Facebook-Fans das Ranking der deutschsprachigen Opern- und Theaterlandschaft an. Verglichen mit den Berliner Philharmonikern mit 650.000 Fans ist das praktisch nichts. Und eben: Der Vorsprung der Berliner Philharmoniker lässt sich nicht dadurch erklären, dass sie  eine viel genialere Content Strategie oder bessere Inhalte hätten als alle anderen. Ihre Posts sind sogar meistens salesorientiert, die kleinen Teaser zu den Konzerten aus der Digital Concert Hall (die natürlich ein echtes «Content Asset» ist) werden in stets gleicher Machart präsentiert. Darüber hinaus gibt es ab und an Sonderaktionen, bei denen man kostenlose Konzerte in der Digital Concert Hall anschauen kann und ein gut gemachtes Blog (Content: Fotos). Das ist zweifelsfrei alles sehr gut und professionell, erklärt allein aber nicht den immensen Erfolg in Bezug auf die Fanzahlen. Die Wiener Staatsoper, die mit ihrem Livestreamingangebot auch über ein echtes, allerdings noch nicht so etabliertes «Content Asset» verfügt, kommt wie gesagt auf nicht einmal 5 % der Fanzahlen. Man muss nicht über Sherlock Holmes‘ deduktive Fähigkeiten verfügen, um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass die Berliner Philharmoniker offenbar sehr viel Geld in die Hand nehmen, um ihre Digital Concert Hall zu promoten. Als Fan der Facebookseite habe ich praktisch täglich einen Beitrag der Philharmoniker in meinen Neuigkeiten, obwohl ich die nur selten anklicke. Von der Bayerischen Staatsoper, deren Fan ich ebenfalls bin, kriege ich kaum je etwas in meinen Neuigkeiten angezeigt, obwohl Facebook über Daten verfügt, die mein Interesse für Oper bezeugen.

    Die Aufregung darüber, dass Facebook mehr und mehr dazu übergeht, Reichweite zu verkaufen, mag auch mit dem lang gehegten Glauben zu tun haben, wir hätten es im Social Web mit einer gänzlich neuen Form der Kommunikation zu tun. Eine Form der Kommunikation, bei der jeder, der etwas Interessantes zu sagen hat, sich auch unabhängig von seinen Mitteln Gehör verschaffen kann – «content is was king». Und ja, schöner wäre es natürlich, Facebook würde seine Dienstleistung kostenlos zur Verfügung stellen und Audi seine Autos verschenken…

    Nach meinen Erfahrungen bietet Facebook ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Für vergleichsweise wenig Geld erreicht man mit hoher Treffsicherheit Personen, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit für das eigene Angebot interessieren. Denn anders als Zeitungen, Onlineportale oder Anbieter von Außenwerbung, kennt Facebook seine Nutzer sehr genau. Mit Conversion Tracking lässt sich zudem der Erfolg einzelner Kampagnen genau messen. Eine Facebook-Beraterin sagte mir einmal, dass man mit durchschnittlich 8 bis 12 Werbe-Euro pro Kauf rechnen sollte. Meine persönliche Erfahrung ist, dass sich diese Zahlen mit einem guten Angebot und einem präzis ausgewählten Publikum um mehr als die Hälfte unterbieten lassen. Mit Facebook lässt sich also ein Verhältnis von Insertionskosten und werbegeneriertem Umsatz erzielen, von dem man bei allen anderen Optionen nur träumen kann. Dieses Verhältnis ist außerdem eine aussagekräftige Kennziffer, um den Erfolg der Social Media-Aktivitäten zu messen, ohne dass man die ganze Diskussion um den ROI von Social Media noch einmal aufrollen müsste.

    Bleibt am Schluss die Frage, ob das jetzt heißt, am besten gleich alles Content Marketing in den Wind zu schießen?! Das sicher nicht. Aber unangefochtener King ist Content auch nicht (mehr). Am Schluss ist es wohl ein auf Basis von Erfahrungswerten individuell austarierter Mix aus Pull- und Push-Elementen in der Social Web-Kommunikation, der es macht.

  • Stream a little stream…

    Christian Henner-Fehr fragt in einem aktuellen Artikel, ob die digitale Verbreitung von Opernaufführungen und anderen Kulturveranstaltungen zu einer Verdrängung der kleinen Häuser führen könnte. Er bezieht sich dabei auf einen Blogbeitrag von Michael Kaiser, der eine Handvoll Superinstitutionen entstehen sieht, die mit Hilfe von digitalen Vertriebskanälen ihre Vormachtstellung über die Region hinaus absichern und ausbauen können – zu Lasten von kleineren Häusern mit weniger Mitteln und weniger Renommee.

    Ich denke, diese Konzentration auf die grossen Häuser findet ohnehin schon statt, auch unabhängig von digitalen Verbreitungskanälen, die allerdings als Katalysator wirken. Dass große Häuser diese neuen Kanäle nutzen, zeigt eher deren bestehende Vormachtsstellung und deren Fähigkeit, für bestimmte Projekte potente Sponsoren zu akquirieren. Denn die braucht es für digitale Übertragungsangebote. Bislang ist noch keins dieser Angebote selbsttragend oder gar profitabel – zumindest in Europa, nähere Zahlen aus den USA kenne ich nicht. Zudem sind öffentlich finanzierte Einrichtungen an ihren Leistungsauftrag gebunden und müssen ihre Mittel verwenden, um diesen Auftrags zu erfüllen. Die hohen Investitionen für ein hochklassiges digitales Angebot, die aufgrund des beständigen technischen Fortschritts auch hoch bleiben, müssen deswegen durch Drittmittel gedeckt sein.

    Zu den wirtschaftlichen Risiken kommt noch die Frage der inhaltlichen Akzeptanz eines solchen Angebots. Sir Peter Jonas glaubt nicht an das Streaming. Es könne zwar funktionieren – «so wie Masturbation als Ersatz für oder Ergänzung zu Sex mit anderen funktionieren kann» – aber der Kick bleibe bescheiden, verglichen mit dem Besuch einer Opernaufführung, die echtes Risiko bedeute: von peinlich bis fantastisch sei hier alles möglich und dass man nicht genau wisse, was an diesem Abend passieren werde, mache genau den Reiz einer Live-Aufführung aus.

    Diese Einstellung hat sicher mit Jonas‘ kultureller Sozialisation und seinem Anspruch an ein kulturelles Erlebnis zu tun. Mir persönlich geht es da nicht anders. Ich finde auch, dass es kaum etwas Langweiligeres gibt, als eine Opernaufführung am Bildschirm anzuschauen. Denn den Sehgewohnheiten, die wir am Bildschirm entwickelt haben, kann eine von Opernaufführung nicht gerecht werden. Zum einen, weil die Aufführungen nicht auf die Rezeption am Bildschirm hin inszeniert werden: zuviel große Geste in Nahaufnahme, zuviel Schminke. Zum anderen aufgrund der Dramaturgie der Stoffe selbst. In der Oper werden die Situationen chronologisch erzählt und langsam entwickelt. Durch Film und Internet sind wir dagegen an eine Dramaturgie gewöhnt, die uns sehr viel Kombinations- und Assoziationsarbeit überlässt. Bildschirmgeschichten werden in der Regel anhand von kurzen, pointierten Szenen erzählt, oftmals mit verschiedenen Handlungssträngen parallel, die immer wieder unterbrochen, wieder aufgenommen, verwoben werden usw usf. Ich finde es deswegen oftmals schon ermüdend, Filme aus den 70er Jahren zu schauen, die noch ein ganz anderes Tempo haben.

    Ich glaube deswegen auch nicht so recht an die Streaming-Konzepte, zumindest nicht an die, die bezahlt werden müssen. Sie sind allenfalls für Opernfreaks interessant, die gern in der Wiener Staatsoper säßen, es aber nicht können, weil die Anreise aus Atlanta oder Taipeh nunmal zu aufwändig wäre. Für sie ist es aber wirklich nur ein Ersatz. Aussicht auf Erfolg haben m.E. solche Formate, die einen eigenen Eventcharakter bieten können. Wie die Kinoübertragungen der Met und des Royal Opera House, wo man zusammen mit anderen Oper sieht und hört. Das ist etwas zwar ganz anderes als einer Bühnenaufführung beizuwohnen; trotzdem können solche Formate einen eigenen Eventcharakter und speziellen Charme entwickeln. Sie bieten somit ein zwar anders geartetes, aber gleichwertiges Erlebnis wie eine Opernaufführung. Dabei kann der Eventcharakter sicher auch virtuell erzeugt werden, in Social Media, über die man sich in Echtzeit mit anderen austauschen kann (wie bei Fußballspielen) oder über andere Second Screen-Angebote. Aber ohne das, bleibt die Opernrezeption am Bildschirm fade.

    Für die Anbieter solcher Angebote geht es momentan wohl mehr um Image und Ausstrahlung als um neue Einnahmequellen. Denn mit solchen Angeboten kann sich die Oper volkstümlicher geben, als sie oftmals wahrgenommen wird und sie kann über die Vorreiterrolle, die mit solchen Angeboten noch verbunden ist, positive PR erzeugen. Man kann jetzt schon sehen, dass diejenigen Häuser ein internationales Image haben, die in diversen Märkten präsent sind: im Buch-, DVD- und Tonträger-Markt, im Kino etc. Image und Präsenz beflügeln sich gegenseitig. Die Aufführungsübertragungen werden dies weiter untermauern und darin besteht aktuell der Nutzen für die Häuser. Damit diese Übertragungen auch zu Einnahmequellen werden können, müssten zum einen die Leistungsvereinbarungen mit den öffentlichen Trägern angepasst werden, was langwierig genug werden dürfte. Zum anderen müsste die Darbietungsform neu erfunden werden – mit Blick auf die erzählerischen Möglichkeiten und Voraussetzungen des jeweiligen Mediums, in dem Oper gezeigt werden soll. Das ist dann eigentlich eine neue Kunstform…