Christian Holst

Kulturmanagement :: Digitale Transformation :: Künstliche Intelligenz


Autor: Christian Holst

  • Pütz for Sozialminister!?

    Was war denn das? Ich fand Maischberger mit ihrem penetranten Gefrage noch nie sonderlich sympathisch, aber eine Sendung über die Rentenproblematik zu machen, wo sich nicht mal die Hälfte aller Gäste halbwegs kompetent zum Thema äußern kann, das finde ich unter aller Kanone. Zumal, wenn die Meinung eines der beiden kompetenteren Gäste so stark durch handfeste eigene Interessen bestimmt ist, wie bei Finanzdienstleistungsberater-Berater Bernd W. Klöckner.

  • Professorin im Wald

    Miriam Meckel, Professorin für Medien- und Kommunikationsmanagement an der Hochschule St. Gallen, hat kürzlich ein Buch herausgebracht über das Glück der Unerreichbarkeit. Dabei geht es um das Phänomen des Kommunikationsstresses, den man sich heute mit ständigem E-Mail-Checken und permanenter Erreichbarkeit über Handy antut. Nicht gut, sagt Meckel. Aber das hat man eigentlich auch vorher schon gewusst, oder? Trotzdem ist es ganz nett und zuweilen sehr aufschlussreich, ihren Videocast anzuschauen. Da sitzt die Professorin mitten im Wald, wo kein Handynetz mehr hinreicht und liest aus ihrem Buch vor. Aktueller Cast: Ich maile also bin ich. (Bei mir war es das Bloggen: Aktueller Google-Rang: 7).

  • Verschärft

    Anstatt sich der etwas beschränkten Befürchtung hinzugeben, es könnte sich das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte 1:1 wiederholen, wenn man nicht absolut wachsam ist, sollten die selbsternannten Wächter der Demokratie lieber bei einigen Vorschlägen genauer nachhaken, die deutsche Bundesminister zur Zeit von sich geben. Hier wird natürlich nicht mit Ermächtigungsgesetzen o.ä. operiert, deswegen liegt die Zweifelhaftigkeit dieser Vorschläge vielleicht nicht ganz so sehr auf der Hand. Die Einschränkung von Grundrechten – sei es z.B. aus Gründen der inneren Sicherheit oder der Kostenkontrolle im Gesundheitswesen – geschieht subtil und schleichend, ist deswegen mittelfristig aber vielleicht viel gefährlicher. Auf jeden Fall ist hier, anders als in vielen anderen Fällen, eine ernsthafte Debatte zu führen.

    Im Zusammenhang mit der Verschärfung der Sicherheitsgesetze wird immer wieder auf ein aufschlussreiches Phänomen verwiesen, das einem zu denken geben sollte: Ein Frosch, der in heißes Wasser geworfen wird, versucht, dort so schnell wie mögich wieder herauszukommen. Logisch. Setzt man ihn jedoch in kaltes Wasser und erwärmt dieses ganz allmählich, dann bleibt er einfach sitzen, bis er stirbt. Er bemerkt die Bedrohung nicht.

  • Mehr Demokratie

    Wenn man einen Aktionstag für Birma macht, dann kann man sich angesichts des Anlasses über die deutschen Verhältnisse natürlich nicht beklagen. Schließlich heißt es deutschen Grundgesetz »Alle Macht geht vom Volke aus«. Das klingt nach lupenreiner Demokratie. Aber wenn man genau liest, dann impliziert dieser Satz auch, dass das Volk keinen Einfluss mehr darauf hat, wo es mit der Macht eigentlich hingeht. Wer ist denn zum Beispiel so naiv zu glauben, Friedrich Merz sei ein Volksvertreter?

    Ein geeignetes Gegenmittel wären da meines Erachtens Volksentscheide, wie sie in der Schweiz üblich sind. Volksentscheide sind ein gutes Mittel gegen selbstherrliche Eliten und Politiker und damit auch gegen Politikverdrossenheit. In Deutschland stößt dieser Vorschlag merkwürdigerweise häufig auf Ablehnung, weil man meint, dass dann ja die Bildzeitung das Land regieren würde. Mal abgesehen davon, dass 11,5 Mio. Bildleser weder allesamt zwingend auch die Meinung des Blattes vertreten, noch eine entscheidungsfähige Mehrheit darstellen würden, ist das im Kern eine undemokratische Aussage. Denn Demokratie heißt auch, dass sich einfältige Meinungen von Leuten durchsetzen können, die zum Beispiel zu blöd sind zu verstehen, warum Hartz IV oder andere Reformen Deutschland fit für die Zukunft machen sollen. Das sind dann die Kollateralschäden der Demokratie. Die Herrschaftsform, in der (Bildungs-)Eliten, Fachleute und Experten entscheiden, nennt man übrigens nicht Demokratie sondern Aristokratie, denn das bedeutet: Herrschaft der Besten. De facto gibt es in Deutschland also eine demokratisch legitimierte Aristokratie.

  • Auszeichnung für Ruth-Berghaus-Look-And-Feel

    Das (Musik-)Theater Bremen ist von den Kritikern der Opernwelt zur Oper des Jahres 2007 gewählt worden. Zusammen mit der Komischen Oper Berlin. Allerdings war wohl weniger die künstlerische Qualität der letzten Saison ausschlaggebend, als viel mehr die schwierigen kulturpolitischen Bedingungen, unter denen Intendant Pierwoß 13 Jahre lang zu leiden hatte. In den Laudatios zu seinem Abgang war überhaupt vor allem davon die Rede, dass er sich von der opportunistischen, unbeständigen Politik nicht hat unterkriegen lassen. So heißt es auch bei der Opernwelt zur Begründung: »Mit Geduld, Leidenschaft, Leidensbereitschaft und Durchsetzungsvermögen sorgte Pierwoß für Oper auf Höhe der Zeit – gegen massive Widerstände aus der Politik«. Wobei »Oper auf der Höhe der Zeit« in meinen Augen nicht stimmt. Was ich gesehen habe, war leider einmal zu oft 80er-Jahre-Regietheater im Ruth-Berghaus-Look-And-Feel. 11 Uraufführungen hin oder her.

  • Birma oder Burma?


    Free Burma!

    Zwar wusste ich bis vor wenigen Tagen weder, wo Birma liegt, noch ob es nun Birma oder Burma (oder gar Myanmar) heißt und deswegen kommt es mir jetzt etwas scheinheilig vor, den Banner in dieses kleine Blog einzubauen. Und wenn schon: es sieht gut aus und schaden tut es sicherlich nicht. Deswegen: FREIHEIT FÜR BURMA!!

  • Preisgekrönt

    Durch ein Interview mit Ulrich Mühe, dass ich neulich hörte, bekam ich Lust, mir jetzt doch mal Das Leben der Anderen anzusehen. Vorher hatte mich der Film eigentlich nicht näher interessiert, weder als er im Kino lief, noch als er einen Oscar gewann. Aber es ist zweifelsohne ein hervorragender Film: gute Schauspieler, gute Geschichte und unabhängig davon interessant, weil er ohne zu moralisieren, aber sehr eindringlich den Stasi-Wahnsinn beschreibt.

    Kein guter Film dagegen ist Vier Minuten, den ich gesehen habe, weil die Schlusssequenz meinerzeit im Oldenburgischen Staatstheater gedreht wurde. Aber das ist auch fast das einzig Sehenswerte an dem Film. Die Charaktere sind unbeholfen gezeichnet, ihre inneren Konflikte banalpsychologisch erklärt (besonders, was die Klavierlehrerin angeht). Dazu strahlt der Film von der ersten Minute eine bleierne Bedeutungsschwere aus, die aber nicht eingelöst wird. Ich habe jedenfalls nicht verstanden, was er mir sagen sollte. Warum der die ganzen Preise bekommen hat – wirklich keine Ahnung!! Und tauche ich wohl als freundlicher Ansprechpartner des Oldenburgischen Staatstheaters in den Credits auf? Natürlich nicht!

  • Kleines Fernsehspiel vorm Fenster

    Für gestern und heute ist eine repräsentative Auswahl von Prenzlauer-Berg- und Berlin-Mitte-Bewohnern in unserer Straße eingefallen, um im Haus gegenüber ein kleines Fernsehspiel für ZDF/Arte zu drehen. In unserem Esszimmer hat man den perfekten Logenplatz, um die ca. 30 aufstrebenden, umher wuselnden Filmemacher bei der Arbeit zu beobachten. Obwohl wuseln ist eigentlich ziemlich übertrieben, denn die meiste Zeit stehen sie an dem provisorisch aufgebauten Büffet und trinken Kaffee. Das ist zwar nicht so aufregend wie die gelegentlichen Polizeigroßeinsätze, die einem anderen Nachbarhaus gelten, aber trotzdem ganz interessant, das einmal ganz aus der Nähe mitzubekommen.

  • Im Namen des Vaters, des Sohnes und der Boston Consulting Group

    Als Y. sein Konzept von der Boring Church entwarf, das mich übrigens auf Anhieb überzeugt hat, guckte ich spaßeshalber mal bei Wikipedia nach dem Stichwort Kirchenmarketing. Ich war ziemlich erstaunt, als ich dann einen längeren Beitrag dazu fand mit etlichen Literaturangaben. Vermutlich ist es nur noch eine Frage von Wochen oder höchstens Monaten, bis es auch den ersten Lehrstuhl (vielleicht eine Stiftungsprofessur von Deichmann?) und dann wenig später den ersten Aufbaustudiengang zu diesem Thema gibt. Aber damit ist das Ende der Fahnenstange noch nicht in Sicht.

    Auf der gestrigen Bahnfahrt nach Bremen hörte ich nämlich ein Gespräch mit Andreas von Maltzahn, frisch gebackener Bischof der Landeskirche Mecklenburg, der u.a. über seine Vorbehalte gegen Taufquoten sprach. Ich hielt das für einen Scherz, aber offenbar gibt es die Tendenzen tatsächlich, auch die (geistliche! nicht nur die administrative) Arbeit der Kirche nach betriebswirtschaftlichen Kennziffern zu bewerten. Dann kommt sicher auch bald die leistungsbezogene Vergütung für Pastoren und die DIN ISO-Zertifizierung für geistliche Dienstleistungen.

    Wenn das so weiter geht, dann wird das die Chance für die Boring Church. Allerdings sollte man die Ideen mit dem Branding (»Es ist öde hier!«) gleich wieder fallen lassen, sonst tappt man früher oder später in die gleiche Falle.