Im Namen des Vaters, des Sohnes und der Boston Consulting Group

Veröffentlicht von Christian Holst am

Als Y. sein Konzept von der Boring Church entwarf, das mich übrigens auf Anhieb überzeugt hat, guckte ich spaßeshalber mal bei Wikipedia nach dem Stichwort Kirchenmarketing. Ich war ziemlich erstaunt, als ich dann einen längeren Beitrag dazu fand mit etlichen Literaturangaben. Vermutlich ist es nur noch eine Frage von Wochen oder höchstens Monaten, bis es auch den ersten Lehrstuhl (vielleicht eine Stiftungsprofessur von Deichmann?) und dann wenig später den ersten Aufbaustudiengang zu diesem Thema gibt. Aber damit ist das Ende der Fahnenstange noch nicht in Sicht.

Auf der gestrigen Bahnfahrt nach Bremen hörte ich nämlich ein Gespräch mit Andreas von Maltzahn, frisch gebackener Bischof der Landeskirche Mecklenburg, der u.a. über seine Vorbehalte gegen Taufquoten sprach. Ich hielt das für einen Scherz, aber offenbar gibt es die Tendenzen tatsächlich, auch die (geistliche! nicht nur die administrative) Arbeit der Kirche nach betriebswirtschaftlichen Kennziffern zu bewerten. Dann kommt sicher auch bald die leistungsbezogene Vergütung für Pastoren und die DIN ISO-Zertifizierung für geistliche Dienstleistungen.

Wenn das so weiter geht, dann wird das die Chance für die Boring Church. Allerdings sollte man die Ideen mit dem Branding (»Es ist öde hier!«) gleich wieder fallen lassen, sonst tappt man früher oder später in die gleiche Falle.

Kategorien: Gesellschaft

4 Kommentare

Christian · 28. September 2007 um 14:57

Interessanter Ansatz mit der Boring Church. Das ließe sich auch gut auf den Kunst- und Kulturbereich übertragen. Ad hoc fällt mir da „der leer Raum“ von Peter Brook ein.

Bemerkenswert: Du hast Kirchenmarketing bei Wikipedia gefunden, während es dort keinen Eintrag über Kulturmarketing gibt. Das gibt mir jetzt aber schon zu denken.

ch · 28. September 2007 um 16:31

Du hast recht! Das hätte ich auch nicht gedacht. Und der Artikel über Kulturmanagement, den es immerhin gibt, ist sogar noch kürzer als der über das Kirchenmarketing. Aber dagegen können wir ja etwas unternehmen!

Boring Culture könnte auch einen Versuch wert sein. Denn die Hinwendung zu Event und Spektakel und das ewige Buhlen um mediale Aufmerksamkeit wirken sich auch im Kulturbereich meistens nicht positiv auf die Qualität aus.

beisasse · 28. September 2007 um 20:27

dass wirtschaftssprache zum selbstverständlichen in kirche wird, haben wir schon dem jargon des EKD-impulspapiers „kirche der freiheit“ entnehmen können. – für mich ist es nur wichtig, dass es so einfach wie möglich geht. wenn boring church anstrengend werden sollte, möchte ich sofort damit aufhören.

ch · 29. September 2007 um 13:52

Ich glaube, von Maltzahn richtete seine Vorbehalte auch genau gegen dieses Impulspapier.

Aber ist Langeweile nicht zwangsläufig auch anstrengend?

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