Christian Holst

Kulturmanagement :: Digitale Transformation :: Künstliche Intelligenz


Autor: Christian Holst

  • Hitler ein Mann des Widerstands?!

    In der aktuellen Ausgabe der Zeit gibt es eine absolut brillante Kolumne von Harald Martenstein über die unsägliche Filbinger-Trauerrede von Günther »Butthead« Oettinger. Die Kolumne ist so sarkastisch, dass einem schon etwas mulmig zumute wird. Aber sie führt dadurch in Martensteins typischer Unbedarftheit vor Augen, wie haarsträubend Oettingers umstrittene Sätze eigentlich waren.

  • Ende der Einwegkommunikation

    Die Zeit berichtet in der aktuellen Ausgabe über die Macher der Documenta XII. Ich habe nicht nur aufgehorcht, weil mir der Name Roger Buergel noch aus Lüneburg bekannt vorkam, wo er den Kunstraum mit aufgezogen hat, sondern auch, weil er und seine Frau als Documenta-Macher einige interessante Ideen haben. Zum einen ist es erfrischend, dass sie offenbar auf intellektuelles Geschwurgel verzichten und Kunst einfach Kunst sein lassen wollen (Punkt 1). Bemerkenswert ist aber auch die Idee, für das Publikum Raum zu schaffen, in dem es sich über die Ausstellung austauschen kann (Punkt 5). Bemerkenswert deswegen, weil man in den altehrwürdigen Kulturinstitutionen normalerweise damit allein gelassen wird, weil diese Institutionen (ich zähle Ausstellungen der Einfachheit halber dazu) nach jahrhundertealter Einwegkommunikation vom Künstler zum geneigten Bildungsbürger funktioniert. Dabei sollte Buergels Idee Vorbildfunktion haben, auch z.B. für Theater, die sich selbst zwar gerne als Foren stilisieren, in denen sich die tabulose Selbstreflexion der Demokratie vollzieht, die aber bis heute fast ausschließlich eindimensionale Kommunikationsformen nutzen.

  • Frühling ist da

    Der Frühling ist da. Das merkt man nicht nur am blauen Himmel und den Temperaturen, sondern auch, wenn man sich auf youtube umsieht. Dort sind Blumen gerade ein großes Thema. Wie z.B. in diesem Spot:

    Oder auch in diesem besonders schrecklichen Clip.

  • Halsabschneider auf schweizerisch

    Anstelle des Wortes »Halsabschneider« sagen Schweizer auch »Apotheker«. Seit neulich weiß ich warum. Ich wollte Augentropfen kaufen, die in Deutschland ca. 4 Euro kosten. In der Schweiz sind es schlappe 27,60 Franken. Obwohl der Euro gerade sehr stark ist, ist das trotzdem noch das Vierfache des deutschen Preises!

  • Kultur auf den Fahrersitz

    Lese gerade ein Superbuch mit dem Titel »Wir nennen es Arbeit«. Darin geht es grob gesagt um die immer größer werdende Gruppe der digitalen Bohème. Damit sind Leute gemeint, die auf einen festen Anstellungsvertrag verzichten und mit Hilfe neuer Technologien, insbesondere des Internets, freiberuflich und damit selbstbestimmt arbeiten. Es passt zu der Diskussion um das (bedingungslose) Grundeinkommen, da es eben auch die Vollbeschäftigung für abgehakt erklärt und Leben propagiert, das auf eigener Initiative und freien Entscheidungen basiert.

    Ganz unabhängig davon ist ein anderer Gedanke, den ich aber auch sehr interessant und treffend formuliert fand, nämlich dass und wie die Grenze zwischen Kultur und Wirtschaft verschwimmt, obwohl beides ja häufig für sehr gegensätzlich gehalten wird. »Indem sie die eigenen Inhalte selbst vermarktet und dadurch professionelle Mittelsmänner ausschaltet, steigt die digitale Bohème gewissermaßen vom Kofferraum in den Fahrersitz und bestimmt dadurch, welche zukünftige Entwicklungsrichtung die Kultur- und Medienindustrie nehmen wird.« (S. 41) Schön gesagt, oder?

  • Ganz großes Kino

    Zugfahrt gestern: Der Pate III. In der Kritik kommt dieser Film ja nicht so gut weg, irgendwo habe ich gelesen, Coppola habe ihn nur gemacht, weil er Geld brauchte. Ich muss aber sagen, dass ich das dem Film nicht angemerkt habe. Ich finde sogar, er ist fast der beste der Reihe, zumindest besser als der mit Oscars überhäufte Teil II. Die Story mit dem Vatikan ist vielleicht nicht so der Knaller, weil ein bisschen spekulativ und an den Haaren herbeigezogen. Toll ist aber, wie hinter all der Skrupellosigkeit die Tragik gezeigt wird, wie die Menschen charakterlich zerbröckeln, vor allem natürlich Michael Corleone; wie ihm die Endgültigkeit und Unentrinnbarkeit seiner Fehler und Entscheidungen langsam bewusst wird. Absolut grandios finde ich den Schlussteil, wo sich diverse Ermordungen der Feinde der Familie mit Einblendungen einer Aufführung von Cavalleria Rusticana abwechseln, während der ein Anschlag auf Michael Corleone ausgeübt werden soll. Das ist wirklich spannend und einfach wahnsinnig virtuos in Szene gesetzt. Bei all dem nicht zu vergessen natürlich die geniale Filmmusik von Nino Rota und Carmine Coppola. (Francis Coppola machte es ja nicht viel anders als die Mafia und brachte seine halbe Familie auf der Gehaltsliste der Paten-Trilogie unter.)

  • Erstaunlich sakral

    Vergangenen Samstag bekam die Zürcher Oper eine zweite Chance. Es gab Parsifal, Inszenierung Hans Hollmann, von dem ich noch nie was gehört hatte, musikalische Leitung Bernard Haitink, den ich endlich einmal hören wollte. Auch wenn die Inszenierung sehr abstrakt war, hat sie mir unterm Strich doch ganz gut gefallen. Erstaunlich war nämlich, dass die sakralen Handlungen, die sonst meist dem aufklärerischen Anspruch des Regisseurs zum Opfer fallen, allesamt sehr konkret gezeigt wurden. Bei der ersten Gralsenthüllung wurden tatsächlich Wein und Brot ausgeteilt, im dritten Aufzug gab es eine echte Fußwaschung, eine echte Salbung etc. Ironischerweise ist eine solche (zumindest im Ansatz) »buchstabengetreue« Umsetzung mittlerweile viel verstörender und provozierender, als das ehrwürdige Bühnenweihfestspiel in einem Bahnhofsklosetting o.ä. spielen zu lassen.

    Wirklich großartig waren auch die Lichteffekte, die einen großen Reiz der Inszenierung ausmachten. Die Verfolger waren absolut präzise, durch geschicktes Abdimmen verschwanden Personen einfach im Nichts oder traten nur als Schemen in Erscheinung. Auch die Szene der Blumenmädchen war auf einem sehr gelungenen Lichteffekt aufgebaut: Sie waren dunkel gekleidet und trugen farbige, reflektierende Tafeln vor sich her, die in der Gesamtwirkung ein zwar abstraktes, aber sehr eindrucksvolles Blumenmeer in der ansonsten fast komplett schwarzen Bühne bildeten.

    Das Orchester unter Haitink war phänomenal, insbesondere wenn man bedenkt, dass es sich lediglich um eine Wiederaufnahme handelte mit vermutlich entsprechend wenig Proben. Da stimmte einfach alles. Die großen Partien waren zwar mit hochkarätigen Leuten besetzt, die aber teilweise nicht gerade ihren besten Tag erwischt hatten.

    Nichtsdestotrotz: Chance genutzt.

  • Knut in Bern

    Die Berner Lokalzeitung »Berner Bär« hat sich in der Ausgabe vom 29. März bereits einen vorzeitigen Aprilscherz erlaubt. Titelgeschichte am Donnerstag war nämlich, dass Eisbär Knut aus Berlin zu Besuch kommt, um den trostlosen, aber berühmten Berner Bärengraben zu begutachten. Anlässlich des Besuchs entbrannte im Gemeinderat angeblich ein hitziger Streit, wer Knut denn nun als erstes streicheln dürfe:

    »Stapi Alex Tschäppät, stadtbekannter Hundeführer und Drachentöter, beharrte auf dem in der Stadtverfassung von 1191 garantierten präsidialen Erstpräsentationsrecht. Barbara Hayoz hingegen, als Golfspielerin ein Naturmensch par exellence, wollte nicht von dem anno 65 n. Chr. verbrieften Direktions-Bär-Vorpräsentationsrecht lassen.«

    Das kann ja nicht deren Ernst sein. Allerdings: Bei den Schweizer kann man da nicht ganz sicher sein.

  • Berühmte Waldorfschüler

    Bin heute auf eine Liste mit berühmten Waldorfschülern gestoßen. Sind ja doch mehr, als ich gedacht hätte. Z.B. Heiner Lauterbach – tsss. Ich dachte dagegen immer, dass Annie Lennox Waldorfschülerin gewesen sei und deswegen ihr Duo mit Dave Stewart »Eurythmics« genannt hat – eben auch in der typischen Schreibweise. Im Wikipedia-Eintrag über Lennox ist nur zu lesen, dass sie als Kind mit Eurythmie in Berührung gekommen ist.

    Insgesamt viele Schauspieler, ein paar Politiker und immerhin ein Profi-Fußballer!

  • Bremsen

    Heute war ich bei einem Fahrsicherheitstraining im Driving-Center in Veltheim. Ein ganz lustiger Tag, obwohl wir eigentlich nichts anderes gemacht haben, als bremsen zu lernen. Nur bremsen, bremsen mit Ausweichen, bremsen auf nasser Fahrbahn, bremsen mit »Pnö« (schwyzerdütsch für Reifen) ohne Profil auf nasser Fahrbahn usw. usf. Dazu ein bisschen Theorie, bei der ich mich an meine Führerscheintheoriestunden von vor 12 Jahren erinnert gefühlt habe, weil sie ebenso unterhaltsam waren. Habe mich gefragt, ob Fahrlehrer grundsätzlich lustige Personen sind? Bei Horst Schlämmer schien das nicht so der Fall zu sein. Naja, dafür ist Horst ja umso witziger, nicht wahr?