Christian Holst

Kulturmanagement :: Digitale Transformation :: Künstliche Intelligenz


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  • Dudamel rollt roten Teppich aus

    Gestern hatte ich Gelegenheit in der Staatsoper Berlin Gustavo Dudamel zu erleben. Dudamel hat als Dirigent des Simón Bolívar-Jugendorchesters eine außerordentliche Karriere hingelegt und ist seit kurzem groß im Geschäft mit Vertrag bei der Deutschen Grammophon, Gastdirigaten an den großen Opernhäusern und großen Orchestern, derzeit einem Chefposten bei den Göteborger Symphonikern und ab 2009 beim Los Angeles Philharmonic.

    Mein Eindruck war allerdings eher der vom grundsoliden Kapellmeister als der vom »charismatischen Pultstar«, was im Großen und Ganzen für Dudamel spricht. Er dirigierte La Bohème sehr präzise, konzentriert und souverän und sah seine Aufgabe offenbar vor allem darin, den Sängerinnen und Sängern den roten Teppich auszurollen. So wurde es eine feine, dezente Bohème auf hohem Niveau. Allerdings fehlte so auch der Funke Inspiration, den ein Pultstar, kaum aber ein Kapellmeister entzünden kann.

  • 100 Jahre Karajan

    Herbert von Karajan wäre dieses Jahr 100 Jahre alt geworden. Deswegen liest (und hört und sieht) man zur Zeit aller Orten über ihn. Unter anderem im aktuellen Heft ZEIT Geschichte, wo auf 96 Seiten dem »Wunder Karajan« nachgegangen wird.

    Der interessanteste Artikel ist sicher das Interview mit Nikolaus Harnoncourt, der als junger Cellist unter Karajan gespielt hat und später zu dessen Antipoden hochstilisiert wurde. (Naja, in musikalischer Hinsicht war er es auch.) Ein bisschen behämmert wirkt es, wie die Interviewer unermüdlich versuchen, eine große Kluft zwischen Harnoncourt und Karajan herbeizureden. Harnoncourt dagegen spricht mit großem Respekt vom Super-Maestro und dass es ein paar Missverständnisse gegeben habe, die durch Medienberichterstattung zustande gekommen seien. Ebenfalls interessant finde ich den Artikel von Peter Gülke, der versucht, das Besondere an Karajans Kunst zu definieren. Andere Artikel sind dagegen leider völlig belanglos, etwa Christine Lemke-Matweys Spurensuche in Berlin oder Wolfram Görtz‘ Portrait, und beide ärgerlicherweise auch noch ein einem selbstgefälligen Bescheidwissertonfall geschrieben. Immerhin sehr unterhaltsam ist Klaus Umbachs Artikel über Karajan und das liebe Geld.

    Schließlich kommen auch ein paar Zeitzeugen zu Wort, darunter Anne-Sophie Mutter, Christa Ludwig und Christian Thielemann. Sie bilanzieren Karajans künstlerisches Vermächtnis etwa so: seine Bach- und Mozart-Interpretationen sind nichts, sein Beethoven ist in Ordnung und wirklich gut sind sein Wagner, Bruckner, Strauss und Debussy. So sieht es aus.

  • Smoke on the Griffbrett II

    Eric Clapton hebt zum Solo an, lässt die Gitarre jaulen – und je schlimmer es klingt, je weniger Töne er trifft, umso verzückter schaut Clapton in die Menge, dann an die Decke, den Kopf in den Nacken gelegt, die Augen halb geschlossen.

    Ja, so ist das bei Clapton. 😉 Tatsächlich geht es in dem Spiegel-Online-Artikel, aus dem das Zitat stammt, jedoch um den Finnen Santeri Ojala. Dessen Hobby ist es, Musikvideos von sog. Gitarrengöttern mit einigermaßen fingersynchronen Geschmacksproben seiner eigenen, nicht sonderlich weit entwickelten gitarristischen Fähigkeiten zu unterlegen.

    (Hört ihr den Unterschied zum Original? Also, ich nicht. 😉 ) Diva Yngwie Malmsteen jedenfalls versteht da keinen Spaß und geht wegen Urheberrechtsverletzung gegen Ojalas Clips vor. Steve Vai bewies natürlich etwas mehr Humor und meinte:

    Wenn ich so schlecht spielen würde, könnte ich es vielleicht endlich zu MTV und in den ‚Rolling Stone‘ schaffen und eine richtige Karriere haben.

    Tja, Pech gehabt, Steve. Der Werbeblogger, wo ich auf das Thema gestoßen bin, rät den Betroffenen ebenfalls zu entspannterem Umgang mit dem Thema und liefert gleich Ideen, wie sich der Spieß nutzbringend umdrehen ließe.

    Nachtrag, 20.2.: Hier gibt es weitere Geschmacksproben Was hat Malmsteen bloß? Es ist definitiv der witzigste Spot von allen! Danke, Frank, für den Link!

    Verwandter Artikel:
    Smoke on the Griffbrett I

  • Zwangsweise Patriot

    Scheinbar haben viele Länder ihre Sorgen und Nöte mit ihren Nationalhymnen. Spaniens Hymne hatte bislang keinen Text und wird, wie es aussieht, auch weiterhin keinen haben. In der Schweiz gibt es zwar einen Text, aber was für einen! Kein Wunder also, dass eine Initiative dafür eintritt, einen neuen Text zu erfinden. Mein Vorschlag: Wenn man schon dabei ist, auch gleich neue Musik dazu! Das ist doch überhaupt kein Vergleich mit der deutschen Hymne, die zwar aus verständlichen Gründen auch nicht unumstritten ist, die aber, zumindest in der prachtvollen Interpretation von Herbert von Karajan und den Berliner Philharmonikern, zum Patriotismus förmlich zwingt. 😉

  • Beethoven groovt

    Ich finde es sehr traurig, dass es eine Barriere gibt zwischen der klassischen Musik und dem, was junge Leute hören.

    klagt Paavo Järvi, Chefdirigent des HR-Sinfonieorchesters, und hat deswegen das Music Discovery Project ins Leben gerufen. Ich persönlich vermute zwar, dass die Barriere z.B. zwischen Techno und Heavy Metal sehr viel größer ist als die zwischen Klassik und Pop, aber das soll hier mal dahingestellt bleiben.

    Järvi jedenfalls hat im Rahmen dieses Music Discovery Projects mit dem Musikproduzenten Mousse T. zusammen ein Programm konzipiert mit dem Titel A Taste of Beethovens 5th. Dieser Titel trifft es recht gut. Ich finde, diese Stücke mit den Beethoven-Samples sind originell und gut gemacht. Auch die Idee, das ganze um nicht-musikalische »Performances« zu (Tanz, Video) erweitern, ist nicht schlecht. Auf jeden Fall macht es Spaß, sich die Aufzeichnung des Konzerts anzugucken. Damit ist ja schonmal viel gewonnen.

    Mir ist allerdings die musikpädagogische Strategie nicht so ganz deutlich. Möchte man auf diese Weise mittelfristig dahin kommen, dass Mousse T.-Fans in ganz normale Sinfoniekonzerte gehen, wo Beethoven dann nicht mehr so groovt? Ich bezweifle, dass dieser Plan aufgeht. Oder reicht es dem Orchester, junge Leute zu erreichen, indem es Klassik-Versatzstücke zu Musik beisteuert, die diese eigentlich hören wollen? Das kann auch nicht der Anspruch eines Kulturorchesters sein.

    Nachtrag, 18.2.: In der FR gab es heute eine Besprechung zu dem Event mit etwa gleichen Erkenntnissen.

  • Mozart mal so

    Nachdem ich neulich von René Jacobs Einspielung des Weihnachtsoratoriums geschwärmt habe, möchte ich heute über seine Don Giovanni-Aufnahme schwärmen. Sie ist ein Beweis für meine gestrige These, dass gute Musik vor allem auch eine Frage der Interpretation ist. Bei Jacobs erübrigt sich jedenfalls die Frage, ob es unbedingt noch eine weitere Aufnahme von diesem Werk geben muss, an dem sich mittlerweile ja auch schon etliche Alte Musik-Experten abgearbeitet haben. Im Unterschied zu denen kann Jacobs sich aber alles Rechthaberische verkneifen. Sein Ansatz klingt nach: »Warum nicht mal so?« Und als Zuhörer denkt man: »Ja genau, warum nicht mal so?«

    Ein Beispiel: Die berühmte Champagner-Arie dirigiert Jacobs ungewöhnlich langsam. Normalerweise wird sie zum Bravourstück für den Dirigenten, mit dem er zeigen kann, bei welch enormen Tempo er Orchester und Sänger noch zusammenhalten kann. Jacobs dagegen gibt der Arie durch das langsame Tempo eine tänzerische Leichtigkeit die zeigt, dass Don Giovanni nicht nur skrupelloser Draufgänger, sondern auch ein charmanter Verführer ist.

    Wenig rechthaberisch wirkt Jacobs Aufnahme auch aufgrund der vokalen Improvisationen und Freiheiten in der Tempogestaltung, die natürlich nicht zwingend, aber immer sehr sinnfällig sind. Im Booklet erfährt man, dass Mozart es »für phantasielos und grob gehalten« hätte, auf solche Verzierungen und Freiheiten wie heute meistens üblich zu verzichten. Zurecht muss man sagen, wenn man Jacobs Aufnahme kennt! Denn hier werden beispielsweise die Themen der Arien immer wieder in der Rezitativbegleitung aufgegriffen, wodurch sozusagen interne Links geschaffen werden. Ein anderes schönes Beispiel ist Zerlinas »Batti, batti«-Arie, in der sie ihren Verlobten zu überzeugen versucht, dass er zu unrecht eifersüchtig ist. Die mal scharfen, mal schmeichelnden Verzierungen und Vorschläge der Sängerin und ungewohnt gesetzte Akzente im Orchester machen dabei deutlich, dass Zerlina nicht bloß sanft-devotes Gesäusel von sich gibt (»Wie ein Lämmchen will ich deine Prügel erwarten«), sondern es sich dabei um berechnende Koketterie handelt. Man muss Zerlina also nicht zur Pornodarstellerin machen, um das rüber zu bringen. 😉

  • das Kulturblog

    Zukünftig werde ich dieses Blog nur noch in größeren Abständen aktualisieren, und mich stattdessen in meinem neuen Kulturblog betätigen. Thematisch und inhaltlich wird es fürs erste nicht viel anders sein als holstblog, allerdings ohne persönliche Berichte über Ausflüge aufs Jungfraujoch oder ähnlichem.

    Falls jemand übrigens einen guten Vorschlag für einen Slogan für das kulturblog hat, immer her damit. Das Stockhausen-Zitat ist zwar ganz witzig, aber letztlich doch etwas irreführend. Fleißiges Kommentieren ist natürlich dort wie hier gewünscht!

  • Metamorphose des Brockhaus

    Ein aktuell viel diskutiertes Thema in Feuilletons und Blogs ist die Ankündigung, dass es den Brockhaus zukünftig nur noch online geben wird. Warum da allerdings vom Tod des Brockhaus die Rede ist, habe ich nicht ganz verstanden. Schließlich sind doch trotz aller Statussymbolträchtigkeit des gedruckten Brockhaus im Wohnzimmerschrank die Inhalte das Entscheidende und die bleiben erhalten. Ob sich der Online-Brockhaus dann gegen Wikipedia behaupten kann, wird sich erst noch zeigen. Die Chancen, dass das gelingt, stehen allerdings nicht schlecht, denn der Brockhaus genießt »ein wesentlich größeres Vertrauen als Wikipedia«, wie Christian Henner-Fehr schreibt. Das ist sicher richtig.

  • Nicht mehr lange umsonst?

    Mit den kostenlosen Museumseintritten könnte es schnell wieder vorbei sein, wenn der Kunstraub weiter floriert. Von irgendwas müssen schließlich die Versicherungsprämien bezahlt werden, die ordentlich steigen dürften, wenn die Versicherungen vermehrt für den Rückkauf der Bilder von den Kidnappern aufkommen müssen. 😉

  • Smoke on the Griffbrett

    Das Riff des Deep Purple-Songs »Smoke on the Water« ist eins der bekanntesten und meistgespielten Gitarrenriffs überhaupt. Und weil es so simpel ist, dass wirklich jeder angehende Rocker es spielen kann, gilt in den meisten Gitarrenläden ein per Aushang verhängtes Spielverbot. Eine verständliche Reaktion der Ladenbesitzer, die allerdings durch neue fragwürdige Auswüchse kompensiert wird: (am besten vorspulen bis 1:58)

    Man erkennt sofort die zwingende Notwendigkeit der Verbotsschilder. Allerdings sollten sie abgehängt werden, sobald Gitarrenfreak Mattias Ia Eklundh den Laden betritt, denn seine Neuinterpretation des Songs ist einfach sensationell und zeigt, das gute Musik vor allem auch eine Frage der Interpretation ist. In voller Länge ist der Song zu hören auf dem Album Freak Guitar, dessen Titel man kaum ernst genug nehmen kann. 😉