Christian Holst

Kulturmanagement :: Digitale Transformation :: Künstliche Intelligenz


Kategorie: Gesellschaft

  • Clinton vs. Obama

    In den USA wird von konservativer Seite offenbar eine regelrechte Hexenjagd gegen Hilary Clinton betrieben. Ich muss gestehen, dass ich auch den Eindruck habe, Clinton sei eine überehrgeizige, machtversessene Person. Aber warum eigentlich? Wahrscheinlich allein wegen der Fotos, wo Clinton mit weit aufgerissenem Mund zu sehen ist und ziemlich dämlich aussieht. Und warum erscheint Obama als die große Heilsfigur? Laut Weltwoche, weil er bei einem Prediger in die Rhetorik-Schule gegangen ist. Da man über politische Programm praktisch nichts liest, ist zu befürchten, dass tatsächlich nicht mehr dahinter steht.

  • Künstler sind Überlebenskünstler

    Künstler und Kreative sind in der Regel auch (Über-)Lebenkünstler. Für kreative Selbstbestimmung und -verwirklichung nehmen sie oftmals prekäre und ausbeuterische Arbeitsbedingungen in Kauf. Für einen besonders ausbeuterischen Fall wurde gerade der Raffzahn 07 vergeben, aber auch bei tarifvertraglich geregelten Beschäftigungsverhältnissen, z.B. am Theater nach NV Bühne, fragt man sich, wie man je auf einen grünen Zweig kommen soll. Auf den Nachdenkseiten gibt es einen Artikel zu dieser Problematik, in dem eine interessante Parallele zur Landwirtschaft gezogen wird. Denn dort arbeiten etwa so viele Menschen wie in kreativen Berufen, aufgrund intensiver Lobbyarbeit erfährt dieser Bereich aber ganz andere öffentliche Unterstützung. (Gut, der Erntehelfer wird davon auch nicht viel mitkriegen…)

    Das ist auch deswegen absurd, weil die kreativen Berufe die Zukunftsfähigkeit des gesamten Landes gewährleisten und schon heute wesentlich zur Wohlstandssicherung beitragen und nicht nur – wie auf den Nachdenkseiten angeführt – anderen Menschen das Leben verschönern. Das zeigt ganz sinnfällig die Studie Talente, Technologie und Toleranz – wo Deutschland Zukunft hat des Berlin Instituts für Bevölkerung und Entwicklung zeigt. Je höher das kreative Potenzial einer Region, umso größer der wirtschaftliche Erfolg.

  • Schweizer Auslandssemester für Ypsilanti

    In punkto demokratischer Kultur kann Deutschland ganz allgemein viel von der Schweiz lernen. Das zeigt sich auch an der peinlichen Pleite von Andrea Ypsilanti und Kurt Beck. Wie man einen politischen Coup landet, haben die Schweizer Parteien SP, CVP und FDP im vergangenen Dezember bei der Wahl der Bundesräte bzw. der Abwahl von Christoph Blocher gezeigt: kurzfristige, geheime Vorbereitung und dann mit großem Knall an die Öffentlichkeit, wenn alles klar ist. Und dabei sind die Schweizer Abgeordneten noch nicht einmal Berufspolitiker!

  • Ökologischer Fußabdruck

    Auf footprint.ch kann man seinen persönlichen ökologischen Fußabdruck auf unserem Planeten ermitteln. Dieser Fußabdruck zeigt an, in welchem Maße man ökologisch über die Verhältnisse lebt. Mein persönliches Ergebnis ist 1,7, das heißt ich verbrauche das 1,7-fache dessen, was mir die Erde anteilig an Ressourcen zur Verfügung stellt (Deutscher Durchschnitt: 2,5). Ein Bangladese (oder wie heißen die Einwohner von Bangladesch?) muss es für mich ausbaden, denn der durchschnittliche ökologische Fußabdruck in Bangladesch beträgt nur 0,3. Global gesehen geht diese Rechnung aber schon nicht mehr auf, der weltweite Durchschnittswert beträgt nämlich 1,3. Schuld sind die Amis, die so tun, als gäbe es die Erde 5,8 Mal. Wie sieht es bei euch aus?

  • Was soll G8 in der Schule?

    In der FAZ gibt es einen äußerst lesenswerten Artikel über die G8-Schulreform und Politiker und Funktionäre, die Bildung mit Wissen verwechseln. Möglicherweise weil es ihnen zumindest an ersterem mangelt. Besonders schöner Satz:

    Früher nannte man jemanden einen Streber, einen Fachidioten, wenn man sagen wollte, dass da einer keine Lebenserfahrung außerhalb der Schule gesammelt hat. Dass sich da einer versteigt in fachliche Richtigkeiten, ohne das Richtige an den rechten Platz im Leben rücken zu können.

    Ich kann dem Autor nur zustimmen, auch zu dem, was er bereits vor der Hessen-Wahl geschrieben hat.

  • Politisches Erdbeben

    In der Schweiz ereignet sich gerade etwas, was Medien wohl gerne als »politisches Erdbeben« oder auch als »Politkrimi« bezeichnen. Gestern waren Bundesratswahlen. Der Schweizer Bundesrat entspricht in etwa der deutschen Bundesregierung. Anders als die deutschen Minister, werden die Bundesräte aber direkt vom Parlament gewählt. Dazu stellt jede der vier großen Parteien entsprechend ihrer Größe Kandidaten zur Wahl. Bei der rechtskonservativen SVP, größte Fraktion im Schweizer Bundesparlament, waren das Samuel Schmid und Christoph Blocher. Letzterer ist so eine Art schweizerischer Markus Söder, nur älter und in sehr viel bedeutenderen Positionen. Auf jeden Fall scheiden sich an ihm schon lange die Geister. Deswegen vereitelten die gegnerischen Fraktionen in einer konzertierten Aktion seine Wiederwahl, indem sie einfach seine Partei-Kollegin mit dem lustigen Namen Eveline Widmer-Schlumpf wählten, obwohl die gar nicht offiziell zur Wahl stand und bisher Kantonspolitik gemacht hat. Diese Aktion wurde streng geheim vorbereitet, so dass niemand etwas ahnte und das Abstimmungsergebnis dann eine echte Sensation, eben ein politisches Erdbeben, darstellte. Eveline Widmer-Schlumpf hatte daraufhin die schwierige Entscheidung zu treffen, ob sie die Wahl annimmt und damit ihre eigene Partei gegen sich aufbringt. Denn die SVP drohte, in die Opposition zu gehen, die es in der Schweizer Konkordanz-Demokratie eigentlich gar nicht gibt, sollte sie ihre offiziellen Kandidaten nicht durchbekommen.

    Heute morgen hat Widmer-Schlumpf die Wahl nun angenommen, die SVP hat ihr die Unterstützung versagt und wird jetzt als Opposition alles untergraben, was sie und die Regierung unternehmen. Etliche Leute meinen aber, dass das eigentlich keinen Unterschied mache, weil Blocher schon zuvor das Kunststück gelungen sei, Regierungsmitglied und zugleich Oppositionsführer zu sein.

    Bei aller Spannung in dieser Angelegenheit schien es mir doch so, dass alles vergleichsweise unaufgeregt über die Bühne ging und man schnell wieder zur Tagesordnung überging. Zwei beleidigte, aber noch nicht einmal besonders scharf formulierte Erklärungen der SVP und ein paar verbale Muskelspielchen in Interviews, aber das wars dann schon fast. Ich glaube, in Deutschland hättte so ein Coup sehr viel größere Wellen geschlagen und das politische Geschäft für Tage oder Wochen aus dem Tritt gebracht.

  • Totale Sicherheit

    Kürzlich sah ich Minority Report. Ein ziemlich guter Film. Wenn man so will trotz Tom Cruise, der ja nicht gerade ein besonders guter Schauspieler ist. Sonst hätte er wohl bei der Bambi-Verleihung auch nicht in der fragwürdigen Kategorie »Mut« ausgezeichnet werden müssen und sich vielleicht auch nicht mit seiner Dankesrede blamiert. (»Es lebe das heilige Deutschland!«)

    Wie auch immer, Minority Report hat eine intelligente, gute Geschichte, die nachher doch nicht so vorhersehbar ist, wie es zunächst scheint. Für die handelnden Figuren ebenso wie für den Zuschauer. Das Gute an dem Film ist aber vor allem das Zukunftsszenario, das er zeichnet. Zum Beispiel personalisierte Werbung im Kaufhaus dank Iris-Scan am Eingang. Das ist einerseits (noch) eine witzige Vorstellung, andererseits aber auch nur Tendenzen der heutigen Werbung und Kundenbindung konsequent weiter gedacht. Der Film macht so auf anschauliche (weil natürlich auch etwas überspitzte) Weise klar, welche Folgen die totale Durchleuchtung der Menschen hat, die eigentlich doch nur den totalen Service und die totale Sicherheit verspricht. Angesichts der sicherheitspolitischen Diskussionen, die gerade geführt werden, wird einem da direkt mulmig. Siehe dazu z.B. hier.

  • Neudeutsche Sprache – schwere Sprache

    Der Begriff der Gerechtigkeit hat es in Zeiten des scheinbar alternativlosen Sozialabbaus schwer. Nicht selten wird er zum Synonym für eine Haltung, die den Schuss der Globalisierung noch nicht gehört hat und alten, unrealistischen und unsinnigen Vorstellungen nachhängt. So in etwa scheint es auch bei dem Buch einer CDU-Abgeordneten zu sein, die früher mal für die Grünen im Bundestag saß. Das Buch heißt »Neustart!« Untertitel: »Was sich in Politik und Gesellschaft ändern muss. Umdenken lohnt. Freiheit und Fairness statt Gleichheit und Gerechtigkeit.« Ich habe mich gefragt, wer sich wohl ein Buch kauft, bei dem einen die Dummheit schon vom Umschlag anspringt?

  • Öffentliche Entnazifizierung, die 94.

    Bei Selbst und ständig stieß ich auf die medienwirksam erteilte Reservierungsabsage eines Dresdner Hotels an zwei Sächsische NPD-Landtagsabgeordnete. Welchen Gästen das Hotel das Gastrecht gewährt und welchen nicht, ist sicher deren Sache. Diese Absage derart zu inszenieren und an die große Glocke zu hängen, finde ich allerdings eine recht fragwürdige Form der PR und nicht unbedingt schulterklopfenswert. Aber öffentliche Entnazifizierungsmaßnahmen scheinen gerade ein sehr wohlfeiles Mittel zu sein, um mediale Aufmerksamkeit zu erlangen. Nichtsdestotrotz: Gefallen hat mir die Idee, alle evtl. Umsätze der NPD-Abgeordneten der Dresdner Synagoge zu spenden. Das ist eine intelligente Art mit dem Problem umzugehen, denn ein Abgeordneter einer freiheitlichen Gesellschaft kann mit solch einer Spende natürlich kein Problem haben. So bekommt man diese Leute doch viel besser zu fassen, als mit selbstgerechter Empörung über deren Standpunkte.

  • Pütz for Sozialminister!?

    Was war denn das? Ich fand Maischberger mit ihrem penetranten Gefrage noch nie sonderlich sympathisch, aber eine Sendung über die Rentenproblematik zu machen, wo sich nicht mal die Hälfte aller Gäste halbwegs kompetent zum Thema äußern kann, das finde ich unter aller Kanone. Zumal, wenn die Meinung eines der beiden kompetenteren Gäste so stark durch handfeste eigene Interessen bestimmt ist, wie bei Finanzdienstleistungsberater-Berater Bernd W. Klöckner.