Christian Holst

Kulturmanagement :: Digitale Transformation :: Künstliche Intelligenz


Kategorie: Kulturvermittlung

  • Marketing als Beziehungsgestaltung

    Aufgrund von Platzmangel wird der nächste Artikel in der Serie Kulturunternehmertum im KM Magazin und damit auch das nächste Interview hier auf dem Blog erst im Januar erscheinen. Stattdessen möchte ich über einen Gedanken schreiben, der mich seit einiger Zeit immer häufiger beschleicht. Als ich vor zehn Jahren studiert habe, war eine Grundüberzeugung des Kulturmanagements, dass das Kulturmarketing der Produktion von Kultur nachgeordnet sei. Der von mir sehr geschätzte Peter Bendixen etwa schreibt in seinem Klassiker Einführung in das Kunst- und Kulturmanagement, dass in einem klassischen Industriebetrieb der Verwertungsprozess mit der Analyse des Absatzmarktes und der Ermittlung der Kundenbedürfnisse beginne. Im Unterschied dazu gehe der Publikationsprozess im Kulturbereich vom vorhandenen Kunstwerk aus und «tastet den Markt nach Möglichkeiten ab, dieses kulturell und gegebenenfalls auch kommerziell erfolgreich in die Öffentlichkeit zu bringen.» (S. 175f.) Ausschlaggebend für die Marketing ist damit nicht das Kundenbedürfnis, sondern das Sendungsbewusstsein der Kunst. (mehr …)

  • Konferenz: Partizipatives Storytelling

    Der Begriff Storytelling hat Konjunktur, obwohl er eigentlich etwas beschreibt, das Menschen seit jeher tun: Geschichten erzählen. Wird der englische Begriff im Deutschen benutzt, dann schwingt allerdings noch eine gezielte, professionelle Herangehensweise an das Geschichtenerzählen in der PR- und Kommunikationsarbeit mit. Auch das ist nicht unbedingt neu, wenngleich es bislang eher intuitiv betrieben wurde. Neu ist die systematische Bearbeitung und Auswertung dieses Themas, gerade auch in Hinblick auf die Sozialen Medien, wo dem Geschichtenerzählen ein besonderer Stellenwert zukommt (s. dazu das Thema der stART11). Dem „partizipativen Storytelling“ war am vergangenen Dienstag eine Konferenz gewidmet, mit der das frisch gegründete Center for Storytelling erstmals an die Öffentlichkeit trat. Eine gelungene Premiere. Durch eine auf den ersten Blick recht bunte Auswahl an Sprechern wurde das Thema von verschiedensten Facetten beleuchtet: Mit Henry Jenkins gab ein profilierter Exerte zum Thema Storytelling eine theoretische Einführung. (mehr …)

  • Social Media in der Kulturvermittlung

    Kürzlich wurde ich von den Museumsdiensten Basel und Pro Helvetia eingeladen, einen Debattenbeitrag für das Portal Kultur-Vermittlung.ch zu schreiben, was ich natürlich sehr gerne gemacht habe. Auf dem Portal erscheint in der Rubrik «Debatte» jeden Monat ein Beitrag zu einem Aspekt der Kulturvermittlung, der als Aufhänger für eine Diskussion gedacht ist. Heute ist nun mein Artikel zum Thema Social Media in der Kulturvermittlung erschienen. Der Artikel basiert auf der These, dass das Potenzial von Social Media in der Kulturvermittlung bislang bei weitem nicht ausgeschöpft wird. Davon ausgehend geht es um die Frage, wie Social Media dabei eingesetzt werden kann. Hiermit möchte ich alle Leser herzlich dazu einladen, an der Diskussion teilzunehmen und Sie mit eigenen Erfahrungen, Best practices und Argumenten zu bereichern.

    Update 30.6.12: Karin Janner hat auf ihrem Kulturmarketingblog eine Sammlung mit gelungenen Beispielen zum Thema «Kulturvermittlung durch Social Media» angelegt. Sehr lesenswert.

  • Schwindsucht statt Infarkt: Orchestersterben

    Wer die Meldungen zur Lage deutscher Sinfonieorchester verfolgt, ist geneigt, eher von Schwindsucht als von Infarkt zu sprechen. Dass es in Deutschland keine «Kultur des Aufhörens» gäbe, davon kann in Bezug auf die Sinfonieorchester keine Rede sein. Höchstens, dass das Aufhören kulturlos betrieben wird, sprich ohne kulturpolitisches Konzept. Von den 168 Orchestern, die 1992 existierten, gibt es heute noch 132 – etwa 25% weniger.
    Aktuell sind die Orchester in Duisburg, Baden-Baden/Freiburg, Stuttgart und Remscheid/Solingen von der Schließung bedroht. Die beiden SWR-Orchester haben – wohl dank ihres künstlerischen Renommees – auf der Seite orchesterretter.de immerhin rund 22.000 Unterschriften gegen eine Schließung gesammelt. Von der schwäbischen Hausfrau bis zur internationalen Kulturgröße ist alles dabei. Die Duisburger Philharmoniker kommen auf immerhin 10.000 Unterschriften. Die schlagkräftige Community, die über das Social Media-Projekt dacapo aufgebaut und letztes Jahr kurzfristig herunter gefahren wurde, hätte vermutlich zwar nichts Grundlegendes an der schwierigen Situation des Orchesters geändert, aber doch wichtige Schützenhilfe leisten können. (mehr …)

  • #scmuc12: Lust und Frust der Social Media-Beauftragten

    Das gestrige stARTcamp München war ein guter Trost angesichts der Tatsache, dass die stARTconference in diesem Jahr nicht stattfinden wird. Es bestätigte eindrücklich, was ich kürzlich im stARTconference-Blog schrieb: Nämlich dass die Idee der stART gelebt wird und auch jenseits der Konferenz viele Menschen erreicht. Mit dem Alten Hof und der alten Münze hatte das Veranstalterteam charmante Räume gefunden. Für die perfekte Organisation und die angenehme Atmosphäre noch einmal herzlichen Dank!

    Ich möchte an dieser Stelle nicht auf einzelne Sessions eingehen, sondern einen allgemeinen Eindruck schildern, den ich vom stARTcamp mitgenommen habe: Social Media ist mittlerweile an vielen Einrichtungen angekommen, aber leider alles andere als verankert in den Strukturen, dem Denken und den Strategien (sofern es diese überhaupt gibt!). Nachdem ich eine Weile zugehört hatte, stellte ich eine erstaunliche Diskrepanz fest zwischen der Begeisterung und dem Ideenreichtum, mit der Einzelne sich den Social Media Aktivitäten einer Einrichtung widmen und der praktisch nicht vorhandenen „Management attention“ für dieses Thema. (mehr …)

  • Halb so wild: Klassische Musik doch nicht am Ende

    Vor kurzem machten vier Kulturfunktionäre als «alte Wilde» Furore mit der Forderung, die Hälfte der Kultureinrichtungen zu schließen. Als ob das nicht genug sei, verkünden jetzt ein paar junge Wilde mit Hilfe von Jung/von Matt gleich das Ende der klassischen Musik:

    httpv://www.youtube.com/watch?v=jWRcchep3is

    Mit dem Clip wird die neue Staffel (!) einer jungen Konzertreihe des Konzerthauses Dortmund beworben. Wer in dieser Reihe Musik wie in dem Musikclip erwartet, wird allerdings enttäuscht. Letztlich sind es ganz normale Recitals von viel versprechenden jungen Künstlern auf dem Weg in eine Karriere im klassischen Konzertbetrieb. Das ist weder besonders wild, noch das Ende der klassischen Musik. Im Gegenteil. Es ist der – durchaus ehrbare – Versuch, das Ende der klassischen Musik noch möglichst lange hinauszuzögern. (mehr …)

  • 4. Forum Kulturvermittlung: Funding by muddling through

    Vergangenen Donnerstag besuchte ich das vierte Forum zur Kulturvermittlung von Pro Helvetia, das diesmal im Stadttheater Biel stattfand. Nachdem es in den ersten Foren um die Frage ging, was Kulturvermittlung eigentlich leisten kann und soll und ob sie gar die Kulturwelt retten könne, wurde diesmal die Frage verhandelt, wer das alles eigentlich bezahlen soll. Denn einerseits ist in den klassischen Kultureinrichtungen die Kulturvermittlung als ein Arbeitsfeld erkannt worden, das eine hohe strategische Relevanz besitzt. Andererseits sind die finanziellen Mittel der Einrichtungen in aller Regel nicht erhöht worden, um den zusätzlichen Aufwand für Kulturvermittlung abzudecken – eher im Gegenteil. Die Situation ist hinlänglich bekannt.
    In den Vorträgen des Forums wurden durchwegs sehr interessante Vermittlungsprojekte vorgestellt, allein, die Rahmenbedingungen ihrer jeweiligen Finanzierung schienen mir so speziell, dass sich die Leitfrage des Tages in meinen Augen eigentlich nicht beantworten ließ. Es ist eine schöne Anekdote, wenn Catherine Milliken (bis vor kurzem Leiterin des Education-Programms der Berliner Philharmoniker) berichtet, wie Simon Rattle bei der Deutschen Bank aufschlägt, seine Ideen für ein Education-Programm vorstellt und die Bank nur noch die Kontonummer wissen möchte, auf den sie einen ordentlichen sechsstelligen Betrag überweisen kann. (mehr …)

  • 3. Forum Kulturvermittlung in Basel

    »Rettet Kulturvermittlung die (Kultur-)Welt?« – So lautete der Titel des dritten von insgesamt vier Foren zur Kulturvermittlung, die von der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia veranstaltet werden. Die Titelfrage war zwar offenkundig rhetorisch gemeint, aber sie hatte Interesse geweckt: das Literaturhaus Basel war bis auf den letzten Platz besetzt.

    Eva Sturm, Professorin für Kunstvermittlung an der Uni Oldenburg, eröffnete den inhaltlichen Teil der Veranstaltung und überlegte, wie Kunstvermittlung ihren Auftrag zwischen Erfüllung und Störung wahrnehmen könne. Einerseits ist es Aufgabe der Kulturvermittler, die kuratorische Arbeit des Museums zu erklären – affirmative Vermittlung, wird das dann genannt. Andererseits haben sich in den letzten Jahrzehnten aber auch subversivere Formen der Vermittlung herausgebildet. Sturm berichtete hierzu vom StörDienst am Wiener Museum für moderne Kunst, der Kindern Kunst mit anarchischen Methoden nahebringen wollte. Ein anderes Beispiel sind die Gallery Talks von Andrea Fraser, in denen die Funktionsweise des Museums kritisch thematisiert, sprich dekonstruiert wurde. In diesem Sinne ist es Aufgabe der Kulturvermittlung, neue Denkräume und alternative Sichtweisen zu öffnen. Dies sei insbesondere durch einen »Trickster« möglich, der ein irritierendes, vernebelndes Moment in die Auseinandersetzung mit Kunst hineinbringe und so einen neuen Bewusstseinsschritt auslösen könne. (mehr …)