Christian Holst

Kulturmanagement :: Digitale Transformation :: Künstliche Intelligenz


Kategorie: Musik

  • Comeback

    Mit Extreme und Guns N’Roses haben 2008 zwei Bands meiner Jugend ihr Comeback gefeiert und CDs herausgebracht, die ich mittlerweile mal die Gelegenheit zu hören hatte. Bei GNR ist nach 15-jähriger Arbeit an Chinese Democracy, ausschweifenden Rausschmissen und Auswechslungen von Bandmitgliedern, x-fachen Neu-Einspielungen, permanenten Verschiebungen des Veröffentlichungstermins doch noch ein solides Album entstanden, das deutlich besser ist, als ich erwartet hatte. Zwar singt Axl immer noch nicht besser oder gar schöner als in den 90ern, aber viele Songs sind gut und ideenreich produziert und Slash fehlt nicht so sehr, wie man denken könnte. Die unterschiedlichen Nachfolger haben zwar nicht seinen charakteristischen samtig sägenden Ton, stecken ihn aber in allen anderen Belangen in die Tasche.

    Die Zeit, die Extreme seit dem letzten Album verstreichen ließ, ist fast genauso lang. Sie haben sich aber erst Ende 2007 wieder ins Studio begeben und Saudades de Rock innerhalb weniger Monate eingespielt. Offenkundig die erfolgreichere Herangehensweise, denn ihnen ist wirklich ein großer Wurf gelungen. Bei ihrer Musik handelt es sich um bodenständigen Rock im allerbesten Sinne, eine gute, ausdifferenzierte Weiterentwicklung des letzten Albums Waiting for the punchline und in gitarristischer Hinsicht übrigens ganz großes Tennis: geradeaus, kraftvoll, virtuos aber nicht so selbstverliebt wie manches auf Pornograffitti und vieles auf III Sides to Every Story. Neben einigen wirklich guten Krachern (Star, Comfortably dumb – auf myspace zu hören) gibt es auch einige sehr schöne ruhigere Songs (Ghost, Interface).

  • Jodeldiplom

    Meine erste Begegnung mit dem Jodeln hatte ich bei Otto Waalkes, der diese Disziplin für einen Norddeutschen erstaunlich gut beherrscht. Die meisten Durchschnittsdeutschen tun sich dagegen mit dieser eigenartigen Sangeskunst ziemlich schwer, wie Frau Hoppenstedts ersten unsicheren Schritte auf dem Weg zum Jodel-Diplom zeigen:

    Was bei Loriot nur Gag ist, ist in der Schweiz Realität: Melanie Oesch, Sängerin der Schweizer Familienband Oeschs die dritten, hat sich tatsächlich ein Diplom erjodelt: sie wählte Jodeln als Abiturprüfungsfach. Oeschs die dritten sind in der Schweizer Volksmusikszene übrigens gerade der Renner und schaffen es, wie auch andere Jodelgruppen, regelmässig in die Schweizer Popcharts.

    Dieses Lied ist übrigens ein weiterer Beleg dafür, dass es hinter der pittoreksen Fassade des Schlagers durchaus sehr schlüpfrig zugeht – auch wenn eine Zeile wie «So üben wir die ganze Nacht, bis morgen früh der Tag erwacht: dann jodelst du ganz sicherlich, genauso gut wie ich!» natürlich lange nicht an z.B. Roland Kaisers erotische Eskapaden in «Santa Maria» oder «Manchmal möchte ich schon mit dir…» heranreichen.

    (Dass der Name der Gruppe Bezug auf das dentale Equipment des Stammpublikums Bezug nähme, wäre übrigens ein Trugschluss: die Familienband heißt so, weil sie mittlerweile in der dritten Generation musiziert.)

  • Digitale Konzerthalle

    Morgen eröffnen die Berliner Philharmoniker ihre Digital Concert Hall. In dieser virtuellen Konzerthalle kann man die Konzerte aus der Philharmonie entweder als Livestream oder als Video on demand abrufen. Die »Eintrittskarte« kostet 9,90 EUR, was im Vergleich zum Meistersinger-Livestream der Bayreuther Festspiele ein sehr fairer Preis ist. Auch die Qualität ist selbst bei niedrigster Auflösung im Streamtest wirklich in Ordnung. Das Projekt ist, wenn es erfolgreich werden sollte, ein schlaues Kompensationsgeschäft für die wegbröckelnden CD-Verkäufe. Beim zweitbesten Orchester der Welt mit internationaler Fangemeinde halte ich die Chancen für recht groß, dass die angestrebten 7.000 Besucher pro Konzert in drei Jahren locker erreicht und über die Saison verteilt ein hoher sechsstelliger Umsatz generiert werden kann. Dafür müsste eine herkömmliche Marketing-Oma sehr lange stricken.

    Mit Web 2.0 hat das Ganze indes wenig zu tun, obwohl sich in diese Richtung sicher interessante Ideen entwickeln ließen. Zum Beispiel indem man mit Freunden zusammen das virtuelle Konzert besuchen und die virtuelle Pausenlounge besuchen kann, in der man dann über das Konzert fachsimpeln kann, indem man Konzerte und Dirigenten bewerten und kommentieren kann, Material weiter verwerten kann usw.

    Sicher ist dieses Projekt aber ein geeignetes Best practice für meine kleine Reihe. Auch wenn es bis auf Weiteres eine Exklusivmöglichkeit für Kultur-Flagschiffe wie die Berliner Philharmoniker bleiben wird. Kleineren Einrichtungen – und damit meine ich eigentlich alle ohne internationale Ausstrahlung – fehlen dafür das Geld und die Fans.

    Artikel dazu in der Welt online.
    Dank an Frank für den Hinweis.

  • Liedergalerie (Best practice V)

    Ein weiteres schönes Beispiel für ambitioniertes Kulturunternehmertum ist die Liedergalerie, die 2003 von dem Sänger Thomas Franke ins Leben gerufen wurde. Zunächst gab es eine Konzertreihe mit unterschiedlichen Liedprogrammen in der Galerie Chaco in den Hamburger Zeisehallen. Und weil sich das Konzept bewährt hat, Lieder in einem kleinen, intimen Rahmen auzuführen, gibt es mittlerweile auch Liedergalerien in Berlin und Wien und jede Menge Gastkonzerte an weiteren Standorten. Tatsächlich ist man den Künstlern so nah, das Konzerterlebnis dadurch entsprechend intensiver, dass der Funke praktisch zwangsläufig überspringen muss. Das Programm reicht dabei von den ganz großen Brocken der Kunstliedliteratur (z.B. Winterreise) bis hin zu Konzerten mit populärer Unterhaltungsmusik.

    Seit einigen Jahren veranstaltet die Liedergalerie vom 1. bis zum 24. Dezember außerdem einen musikalischen Benefizadventskalender. Dabei werden die Erlöse aus 24 Konzerten in Folge, die jeweils an verschiedenen Orten stattfinden, zugunsten von 24 gemeinnützigen Projekten gespendet. Schirmherr dieses Adventskalenders ist übrigens der Hamburger Bürgermeisters Ole von Beust. Auch das eine schöne Idee.

  • Andante con YouTube

    Tan Dun ist einer der bemerkenswertesten zeitgenössischen Komponisten. Ihm gelingt es einerseits die Negativ-Klischees zeitgenössischer Musik weiträumig zu umschiffen, andererseits aber durchaus sehr originelle Musik zu komponieren, indem er Elemente östlicher und westlicher Musik mischt und gerne Schlaginstrumente einsetzt, die die Faszination des Exotischen verströmen. Auch mit seinem aktuellen Projekt beweist er, dass er sicher auf dem schmalen Grat zwischen popkultureller Eingängigkeit und seriöser Kunstmusik balanciert. Für die Aufführung seiner Internetsinfonie Nr. 1 »Eroica« castet er nämlich ein Orchester über Youtube.

    Unter youtube.com/symphony kann man den Stimmauszug für das eigene Instrument als PDF herunterladen (z.B. Cello) und zu Tan Duns geyoutubtem Dirigat einüben. Wenn man seinen Part drauf hat, dokumentiert man das per Clip, den man bei YouTube einstellt. Aus den Einsendungen werden die besten Instrumentalisten für das YouTube Symphony Orchestra gecastet, das Tan Duns Internetsinfonie dann unter der Leitung von Michael Tilson Thomas in der Carnegie Hall aufführen wird.

    Eine witzige Idee. Die Interaktivität hätte man noch auf die Spitze treiben können, indem Tan Dun seine Sinfonie auf Basis von eingesendeten Themen und Motiven komponiert hätte. Früher oder später werden die durch das Web 2.0 möglich gewordenen Kollektivleistungen (wie z.B. Wikipedia) sowieso die geniale Einzelleistung ausstechen. Gerade die Künstler sollten sich schon einmal an diesen Gedanken gewöhnen. 😉

    Via Ulrike Schmid

  • Bond ist wieder da

    »Ich war nie weg« sind Bonds letzte Worte in Quantum of Solace (Trailer). Das ist nicht ganz richtig, denn im vorherigen Film war von dem MI6-Agenten nicht viel zu erkennen. Bond war hier mehr der kleine Bruder von Bruce Willis, was sich jetzt erfreulicherweise wieder geändert hat. Zwar fehlen Miss Moneypenny und Q weiterhin, aber an erstere gibt es immerhin eine kurze Reminiszenz, als Bond die Rezeptionistin in einem Hotel um den Finger wickelt. Ansonsten hat der Film aber alles, was ich von einem Bond-Film erwarte: Verfolgungsjagden mit allen möglichen Verkehrsmitteln vom Auto übers Boot bis zum Flugzeug, spektakuläre Stunts, ein wehrloses und deswegen später totes Bond-Girl, ein schlagkräftiges, das am Leben bleibt, ein explosives Ende und den trockenen Witz und Charme, der im letzten Film wie gesagt weitgehend fehlte. Feines Unterhaltungskino.

    Eine Szene spielt übrigens auf der Bregenzer Seebühne während einer Aufführung von Tosca und zeigt in schöner Weise und ähnlich wie das Finale in Der Pate III, welche dramatischen Qualitäten Oper auch nur als Hintergrundgeschehen abgibt, wenn sie gekonnt in Szene gesetzt wird.

  • Deutsche Orchester mischen ganz oben mit (Best practice IV)

    Einmal im Jahr macht die Zeitschrift Gramophone eine Kritikerumfrage, um die besten Orchester der Welt zu ermitteln. Beim diesjährigen Ranking kommen drei der Top10-Orchester aus Deutschland, gleich viele wie aus den USA. Die Berliner Phllharmoniker kommen dabei auf Platz 2, von dem sie die Wiener Philharmoniker verdrängt haben. Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks erreicht Platz 6 und die Sächsische Staatskapelle Dresden Platz 10. Gewonnen hat, wie schon im letzten Jahr, das Concertgebouworkest Amsterdam. Was immer von solchen Rankings zu halten ist: das deutsche Ergebnis kann sich sehen lassen.

  • Best Practice II: Bayerische Philharmonie

    Die lebhafte Diskussion zu Armin Kleins »Der exzellente Kulturbetrieb« veranlasste mich zu der Behauptung, ich würde keine Kultureinrichtungen kennen, die so schlecht arbeiten würden, wie Klein es in seinem Buch als allgemeines Niveau suggeriert. Ich muss gestehen, dass mir mittlerweile doch zwei bis drei eingefallen sind, die wirklich ziemlich unprofessionell arbeiten. Trotzdem scheinen mir diese Negativ-Beispiele lange nicht so repräsentativ, wie Klein nahelegt und wie es auch in der Diskussion über das Buch immer wieder behauptet wurde. Deswegen habe ich mir vorgenommen, ab und an über Kultureinrichtungen zu schreiben, in denen mit klarem Ziel vor Augen etwas bewegt wird, wo neue Konzepte erprobt werden, neue oder gute alte Ideen Wirklichkeit geworden sind und die die unvergleichliche Vielfalt, Leistungsfähigkeit und vor allem auch Breitenwirkung des deutschen Kulturlebens veranschaulichen.

    Ein Beispiel für solch eine ambitionierte Kultureinrichtung mit anspruchsvollem, stimmigem Konzept ist die Bayerische Philharmonie. Der Verein bietet ein umfassendes Angebot von der Vermittlung der Grundlagen des symphonischen Musizierens in der Kinderphilharmonie über Kammermusikkurse mit Solisten der drei großen Münchner Orchester und Professoren bis hin zu Orchesterakademien mit Dirigenten wie Sir Colin Davis, Zubin Mehta oder Esa-Pekka Salonen. Wer Profi-Musiker werden will, kann also seine gesamte Ausbildungszeit über in der Bayerischen Philharmoine Ensembleerfahrung sammeln: mit neun Jahren in die Kinderphilharmonie München, mit 14 ins Münchner Jugendorchester, mit 19 oder 20 in die Junge Münchner Philharmonie bis er oder sie dann mit 26 oder 27 eine Stelle in einem Profi-Orchester antritt, Lehrer wird oder was auch immer.

    Aufgebaut hat das der Dirigent Mark Mast, der 1994 die Leitung des Münchner Jugendorchesters übernahm, damit aber nicht ganz ausgelastet war und das Programm in der oben beschriebenen Weise erweiterte, nebenbei aber auch noch Intendant des Schwarzwald Musikfestivals und der Sergiu Celibidache-Stiftung ist. Ein Kulturunternehmer also, wie ihn Armin Klein sich nicht besser hätte ausdenken können. 😉

  • Die Walküre in Hamburg: »Man ist begeistert.«

    Bei allem, was mich am Theater stört und aufregt, gibt es doch gelegentlich Abende, die für alle anderen entschädigen. Abende, in denen man etwas erlebt, was man nur im Theater erleben kann und die das beste Argument für das Theater sind. Ein solcher Abend war der gestrige mit einer fulminanten Aufführung der Walküre an der Staatsoper Hamburg.

    Ich rede dabei von der musikalischen Seite der Aufführung und vor allem von Simone Young. Wenn gern gesagt wird, dass Frauen für bestimmte Positionen das Doppelte leisten müssen wie Männer, dann gilt das für Dirigentinnen wahrscheinlich ganz besonders. Denn was Young mit dem Orchester leistet, ist wirklich ganz außerordentlich. Da bereits das Rheingold musikalisch ausgezeichnet war, schien auch die gestrige Orchesterleistung kein Zufall zu sein. Young dirigiert sehr expressiv und energiegeladen, dabei unglaublich souverän, hochkonzentriert und präzise. Und genauso spielt das Orchester dann auch. Ähnlich wie Karajan in seiner Aufnahme mit den Berliner Philharmoniker, rückte Young die lyrischen, zarten Aspekte der Oper in den Fokus, was aber nicht hieß, dass es zum Beispiel im Walkürenritt nicht auch ordentlich zur Sache gegangen wäre.

    Tatsächlich ist Die Walküre, wie Young in diesem Video zur Inszenierung sagt, die emotionalste der Ring-Opern und insofern praktisch ein Garant für feuchte Augen – das Rascheln der Taschentücher bei »Wotans Abschied« war nicht zu überhören – und erhöhten Puls. Oder wie Loriot zum euphorischen Schluss des ersten Aufzugs meint: »Es handelt sich dabei um Inzest und Ehebruch. Man ist begeistert. Nur Hunding verschläft eine der eindrucksvollsten Liebeserklärungen der Opernbühne.«

    Die Inszenierung von Claus Guth war mit üblichem Regisseursdünkel am Stück vorbeikonzipiert. Sängerisch war die Aufführung durchwachsen: Stuart Skelton und Yvonne Naef als Siegmund und Sieglinde waren ziemlich ideal, bei Deborah Polaski (Brünnhilde) und Falk Struckmann (Wotan) dagegen haben die großen Wagner-Partien bereits ihren Tribut gefordert: die Stimmen sind zwar mächtig und kraftstrotzend, aber dadurch auch schwerfällig und ungenau.

  • Langweilig und uninspiriert: Rienzi in Bremen

    Gestern schrieb Christian Henner-Fehr darüber, was Marketingleute von Künstlern lernen können. Etwas verkürzt gesagt: Passion und Begeisterung. Dass das leider nicht immer stimmt, konnte ich gestern in der ermüdenden Rienzi-Inszenierung von Katharina Wagner erleben, die ich als weiteren griffigen Beleg für die Verankerung des Theaters in vordemokratischen Strukturen abgebucht habe. Denn dass man Wagner hier ans Regiepult gelassen hat, hat rein gar nichts mit Eignung zu tun, sondern leitet sich scheinbar allein aus einem ungeschriebenen Stammesrecht ab.

    Dass mir die Inszenierung gefallen könnte, schien mir von vornherein eher unwahrscheinlich. Da ich Katharina Wagners Wirken bislang allerdings nur im Feuilleton verfolgt hatte, wollte ich mir jedoch einen Eindruck verschaffen, obwohl in Kritiken zum Beispiel zu lesen war: »Grell, laut, plakativ, mit visuellen Faustschlägen.« Ich finde diese Beschreibung etwas irreführend, denn sie suggeriert, dass es überhaupt Regie-Ideen gegeben hat. Es gab aber praktisch keine. Gerade mal zehn Minuten von 3 Stunden Oper mit dauerpräsentem Chor wusste Wagner tatsächlich etwas mit diesem anzufangen (im 3. Aufzug, als die Römer ihre Gefallenen beklagen). Ansonsten stand er einfach auf der Bühne herum und sang. Oder: Rienzi trifft sich mit seinen Verbündeten im Frisörsalon – sowas gab es schon einmal zu oft, als dass man es noch als grell, laut oder plakativ bezeichnen könnte. Zumal Katharina Wagner aus diesem Setting überhaupt nichts macht. Auch hier sitzen die Protagonisten einfach herum, bekommen eine neue Perücke aufgesetzt und fertig. Auch der unvermeidliche Bezug zu Hitler ist kein Schocker (obwohl die Oper in dieser Hinsicht wirklich ergiebig wäre!): Rienzi führt einen speziellen Gruß ein, indem er bei ausgestrecktem Arm mit dem Zeigefinger in die Luft zeigt. Aber selbst solch eine fantasielose Idee ist dann einfach schlecht ausgeführt, denn Rienzi sieht dabei (auch dank Glitzerhemd) eher wie ein John Travolta in Saturday Night Fever aus denn wie ein gefährlicher Demagoge. Statt Passion und Begeisterung also Langeweile und Ideenlosigkeit. Dass das Leitungsteam von der Oper – die ganz offenkundig nicht zu Wagners besten gehört, auch das ist aber keine neue Erkenntnis! – nicht viel hält, war übrigens auch dem sehr dürftigen Programmheft zu entnehmen. Das obligatorische Adorno-Zitat, das in keinem Opernprogrammheft fehlen darf und die nichtbegründete, flaue Behauptung, dass dem Rienzi-Stoff nur mit Dekonstruktion und Ironie beizukommen sei (Deswegen nutzt Rienzi als Waffe einen Laubpuster!). Auch hier kaum mehr. Insgesamt schien also die gesamte Arbeit an der Oper extrem uninspiriert gewesen zu sein. Das hat man am Theater nicht immer im Griff, aber es ist bitter, wenn dann noch nicht einmal handwerkliche Mindeststandards erfüllt werden.

    Auch musikalisch war die Aufführung übrigens ein ziemlicher Flop, das Orchester klang dünn und pappig, besonders die Blechbläser machten den gesamten Abend über einen uneingespielten Eindruck und intonierten erschreckend unsauber. Mark Duffin meisterte die mörderische Titelpartie ganz beachtlich, außerdem ragte Tamara Klivadenko als Adriano aus dem ansonsten mittelmäßigen Ensemble positiv hervor. Schwer gemacht wurde es den Sängern allerdings auch durch das offene Bühnenbild; bei einer Oper mit großem Orchester eine echte Rücksichts- (oder Ahnungs)losigkeit seitens des Regieteams. Trotzdem schien mir, als habe der neue Intendant kein glückliches Händchen bei der Zusammenstellung seines neuen Ensembles bewiesen. Aber vielleicht ist es auch nur schlecht bei Stimme wegen des aktuellen Kälteeinbruchs.