Die Walküre in Hamburg: »Man ist begeistert.«
Bei allem, was mich am Theater stört und aufregt, gibt es doch gelegentlich Abende, die für alle anderen entschädigen. Abende, in denen man etwas erlebt, was man nur im Theater erleben kann und die das beste Argument für das Theater sind. Ein solcher Abend war der gestrige mit einer fulminanten Aufführung der Walküre an der Staatsoper Hamburg.
Ich rede dabei von der musikalischen Seite der Aufführung und vor allem von Simone Young. Wenn gern gesagt wird, dass Frauen für bestimmte Positionen das Doppelte leisten müssen wie Männer, dann gilt das für Dirigentinnen wahrscheinlich ganz besonders. Denn was Young mit dem Orchester leistet, ist wirklich ganz außerordentlich. Da bereits das Rheingold musikalisch ausgezeichnet war, schien auch die gestrige Orchesterleistung kein Zufall zu sein. Young dirigiert sehr expressiv und energiegeladen, dabei unglaublich souverän, hochkonzentriert und präzise. Und genauso spielt das Orchester dann auch. Ähnlich wie Karajan in seiner Aufnahme mit den Berliner Philharmoniker, rückte Young die lyrischen, zarten Aspekte der Oper in den Fokus, was aber nicht hieß, dass es zum Beispiel im Walkürenritt nicht auch ordentlich zur Sache gegangen wäre.
Tatsächlich ist Die Walküre, wie Young in diesem Video zur Inszenierung sagt, die emotionalste der Ring-Opern und insofern praktisch ein Garant für feuchte Augen – das Rascheln der Taschentücher bei »Wotans Abschied« war nicht zu überhören – und erhöhten Puls. Oder wie Loriot zum euphorischen Schluss des ersten Aufzugs meint: »Es handelt sich dabei um Inzest und Ehebruch. Man ist begeistert. Nur Hunding verschläft eine der eindrucksvollsten Liebeserklärungen der Opernbühne.«
Die Inszenierung von Claus Guth war mit üblichem Regisseursdünkel am Stück vorbeikonzipiert. Sängerisch war die Aufführung durchwachsen: Stuart Skelton und Yvonne Naef als Siegmund und Sieglinde waren ziemlich ideal, bei Deborah Polaski (Brünnhilde) und Falk Struckmann (Wotan) dagegen haben die großen Wagner-Partien bereits ihren Tribut gefordert: die Stimmen sind zwar mächtig und kraftstrotzend, aber dadurch auch schwerfällig und ungenau.
3 Kommentare
Dirk · 13. November 2008 um 1:06
Das hört sich mal nach einem gelungenen Theaterbesuch an. Weißt du zufällig, wie lange das Stück mit dem Team noch läuft? Bzw. ob es noch Karten gibt? Ich denke, das wäre ein ideales Weihnachtsgeschenk für meine Frau… Einfach herrlich, ins Theater in Hamburg, gleich noch ein schönes Hotel dazu – Weihnachten wäre gerettet, aber echt!
CH · 13. November 2008 um 9:22
Das Stück läuft sicher noch eine Weile, da der gesamte Hamburger Ring ja erst 2010 oder 11 fertiggestellt wird. Ob es nun gerade im Dezember oder zu Weihnachten läuft, weiß ich nicht. Die Infos gibts aber auf der Seite der Staatsoper.
Die Walküre in Zürich: Wieland reloaded - Kulturblogger · 1. Dezember 2008 um 8:33
[…] konnte die Züricher Walküre nicht mit der Hamburger Aufführung mithalten, die ich neulich besucht habe. Philippe Jordan scheint mir ein Kapellmeister im besten Sinne zu sein: er führte […]