Christian Holst

Kulturmanagement :: Kulturmarketing :: Digitale Transformation


Schlagwort: Kulturleben

  • Kultur wird Werbung wird Kultur

    In der Ausgabe Nr. 30 der ZEIT war ein Portrait über Amir Kassaei zu lesen, dem Kreativchef von DDB Deutschland. (Leider ist es online nicht verfügbar.) Werbung werde sich zukünftig mehr an den echten Bedürfnissen der Verbraucher orientieren müssen, leiser werden und auf «Relevanz» (= Inhalte) statt auf «Awareness» (= bloße Aufmerksamkeit) setzen. Er scheut sich dabei nicht vor großen Worten, wenn er in diesem Zusammenhang vom «Streben nach Wahrhaftigkeit» spricht. War das nicht immer der Job der Kultur? Dieser Anspruch klingt für mich jedenfalls wie eine Kampfansage an den Kulturbetrieb, der einen großen Teil seiner Deutungshoheit ohnehin bereits an die Werbeindustrie hat abtreten müssen. Gegenwartskultur wird inzwischen erheblich durch die Werbeindustrie geprägt oder aber innerhalb kürzester Zeit von dieser vereinnahmt. Die Grenzen zwischen Kultur und Kommerz, die nach Horkheimer und Adorno so klar zu ziehen waren, verwischen zusehends.

    In einem anderen Interview wird Kassaei nach der besten Online-Kampagne aller Zeiten gefragt und führt den uniqlo screensaver als Beispiel gelungener Werbung im obigen Sinne an. Tatsächlich ist der Screensaver des Kleidungs-Labels mit schönen Bildern und kurzen Tanzperformances in uniqlo-Kleidung ein schönes Beispiel für dezente, kulturell geschmackvoll aufgeladene Werbung, ein stilsicherer Mash-Up aus Gebrauchswert, Reklame und kulturellem Inhalt. Vielleicht liegt darin nicht nur die Zukunft der Werbung, sondern auch die der Kultur? Näher am «Verbraucher» durch Kombination mit Gebrauchsgegenständen und anders finanziert durch Kombination mit Werbung?

  • Deutsches Kulturleben in Zahlen

    Vor kurzem hatte ich bereits per Twitter auf eine Studie des Statistischen Bundesamtes zum deutschen Kulturleben verlinkt. Inzwischen habe ich da auch mal reingeguckt und ein paar griffige Kennzahlen über Kulturrezeption in Deutschland herausgepickt:

    • Die Deutschen lassen sich ihr Kulturleben 8 Mrd. EUR im Jahr kosten, das sind 1,6% des gesamten Haushalts und 97,10 EUR pro Person im Bundesschnitt. Sachsen ist in dieser Hinsicht das spendabelste Bundesland und gibt pro Person und Jahr 155,40 EUR für Kultur aus. Das heißt aufgeschlüsselt:
    • 137 Mio. Kinobesuche, d.h. 1,7 pro Bundesbürger und Jahr,
    • 434 Mio. Entleihungen in Bibliotheken (d.h. 5,3 pro Bundesbürger und Jahr),
    • 102,6 Mio. Museumsbesuche, d.h. 1,2 pro Bundesbürger und Jahr
    • 34,8 Mio. Theaterbesuche, d.h. 0,4 pro Bundesbürger und Jahr, Tendenz übrigens rückläufig.
    • 870.000 Menschen arbeiten in Kulturberufen, 31% mehr als 1997.
    • Interessant ist auch, dass die drei Stadtstaaten kulturell immer ganz vorne mit dabei sind. 7,5% der Erwerbstätigen in Berlin sind im Kulturbereich beschäftigt, in Hamburg sind es 5,9%, in Bremen 3,1%. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 2,3%.
    • Bei den Theaterbesuchen pro 1.000 Einwohner liegt Hamburg mit 2.380 vorne – Stage Entertainment dürfte daran wesentlich mitschuldig sein; es folgen Bremen mit 920 (erstaunlich!) und Berlin mit 910. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 420.

    Die Zahlen beziehen sich auf das Jahr 2006.

  • Lieber Elbe statt Starnberger See

    Vor einiger Zeit schrieb ich über einen ZEIT-Artikel, in dem das Hamburger und Münchner Kulturleben miteinander verglichen wurde – aus Münchner Sicht. Jetzt gibt es, ebenfalls in der ZEIT, eine wirklich brilliant geschriebene, sehr amüsante Antwort aus Sicht eines Hamburgers. Fazit: lieber vom Elbwind durchpusten lassen als fett werden und im seichten Wasser des Starnberger Sees ertrinken. Allerdings, kann man da nur sagen!