Der Jahreswechsel dient gerne als Anlass für gute Vorsätze, ab jetzt dieses und jenes anders zu machen als bisher. Ich habe solche Vorsätze nie gefasst, weil mir der Anlass viel zu abstrakt ist und sich Handlungsbedarf ja nicht aus der Tatsache ergibt, dass ein neues Jahr begonnen hat. Allerdings verleitet die Woche »zwischen den Jahren« mehr als andere Wochen dazu, das ablaufende Jahr zu resümieren und entsprechende Schlüsse für die Zukunft zu ziehen, einfach, weil man da meistens frei und deswegen Zeit für solche Gedanken.
Grundsätzlich wird meiner Meinung aber die Notwendigkeit für umwälzende Veränderungen gnadenlos überschätzt. Der Glaube daran ist in meinen Augen nichts anderes als die als Optimismus und Tatendrang verkleidete Wehleidigkeit über die eigene Situation. Insofern ist es kaum verwunderlich, wenn der Ruf nach radikalem Umdenken und grundlegenden, umwälzenden Änderungen in Deutschland – dem Land, dessen Bewohnern so gerne ausgeprägte Jammerneigung und chronische Unzufriedenheit nachgesagt wird – zur Epidemie geworden ist.
Der besagte Tatendrang speist sich aus dem naiven Glauben, dass man viel zufriedener wäre, wenn alles ganz anders wäre. Dass das Gras jenseits des Zaunes immer etwas grüner zu sein scheint, egal auf welcher Seite man steht, ist ein Phänomen, von dem man sich nicht irre führen lassen sollte. Insofern reicht der Vorsatz, öfter mal ein Loblied auf das Jetzt und Hier anzustimmen, anstatt immer auf die andere Seite des Zaunes zu gucken, wo das Gras eben auch nicht grüner ist.
In diesem Sinne ein frohes neues Jahr!
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