Weniger Geld heißt weniger Kunst

Veröffentlicht von Christian Holst am

Da das Chemnitzer Theater seit diesem Sommer wieder tarifliche Löhne zahlt, muss es 30 Mitarbeiter entlassen. Dass der Intendant verspricht, dass dies ohne künstlerische Konsequenzen möglich sein wird, verstehe ich als implizites Eingeständnis, in den vergangenen Jahren ineffizient gearbeitet und 30 Leute durchgeschleppt zu haben bzw. unter den künstlerischen Möglichkeiten geblieben zu sein. Das Versprechen ist deswegen heikel und betreibt eine Entwicklung, die der Kulturbetrieb nicht endlos mitmachen kann. Gleiche Kunst mit immer weniger Geld ist eine Rechnung, die auf Dauer nicht funktionieren kann, zumal in öffentlichen Kulturbetrieben praktisch kein Produktivitätsfortschritt erzielt werden kann. Weniger Geld muss also auch heißen weniger Kunst. Das zu vertreten traut sich natürlich kein Intendant, der karrieremäßig noch etwas vorhat.


5 Kommentare

Christian Henner-Fehr · 27. Oktober 2008 um 15:53

Warum traut sich ein Intendant eigentlich nicht, offen einzugestehen, dass es mit weniger Geld auch weniger Kunst geben wird? Mittel- und langfristig schadet er sich doch nur selbst damit. Das ist schon eine komische Strategie. Oder eben keine…

CH · 28. Oktober 2008 um 9:59

Vielleicht, weil es wie eine Kapitulation wirkt? Oder als mangelnde Fähigkeit gewertet wird, mit widrigen Umständen umgehen zu können? Sagen zu können, dass man auch unter schwierigen Umständen seinem künstlerischen Anspruch treu geblieben ist, ist allemal besser, als zu sagen, dass man seine Vorhaben aus Geldmangel nicht umsetzen konnte.

Christian Henner-Fehr · 28. Oktober 2008 um 15:46

Wenn der Finanzverantwortliche eines Unternehmens so agieren würde, würde man ihm Fahrlässigkeit vorwerfen.

Das, was Du beschreibst, kenne ich von zahllosen Förderanträgen. Um 100.000 Euro angesucht, nur 50.000 bekommen, aber das Projekt realisieren wollen, weil man ja sonst auf 50.000 Euro verzichten würde. Wenn ich sauber kalkuliere und dann weniger Geld bekomme, dann kann ich anhand des Budgets erklären, warum das Geld nicht reicht. Sich dann trotzdem darauf einzulassen, schadet dem eigenen Ruf langfristig mehr als eine Ablehnung zu diesem Zeitpunkt.

Sandra · 28. Oktober 2008 um 23:09

Es würde ihm auch nichts nützen wenn er zugibt, dass die Qualität in Zukunft leiden wird. Dann geht erst recht keiner ins Theater. In einer Krise bedient man sich meistens Schönrederei, sonst eckt man an.

CH · 29. Oktober 2008 um 9:05

Die Haltung ist fatal und fahrlässig, weil sie ja allen Politikern Recht gibt, die die Etats kürzen. Wenn man ein Projekt auch für die Hälfte des benötigten Geldes glaubt durchführen zu können, dann wäre es aus Sicht des Geldgebers ja bescheuert, das Doppelte zu bezahlen. De facto werden die anderen 50% dann ja wahrscheinlich zu einem guten Teil durch die involvierten Mitarbeiter beigesteuert, indem sie Raubbau mit ihrer Arbeitskraft betreiben. Es ist deswegen in jeder Hinsicht fahrlässig, so vorzugehen, aber was man für die Selbstprofilierung alles auf sich nimmt…

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