Künstlerische Forschung über Trump vs. Clinton

Veröffentlicht von Christian Holst am

Mir war lange nicht klar, was «künstlerische Forschung» eigentlich sein und bringen soll. Jetzt bin ich zufällig auf ein Beispiel gestoßen, anhand dessen man das gut erklären kann: «Her Opponent» ist eine Art «Best of» aus den Fernsehdebatten von Clinton und Trump, nachgestellt mit der Methode des dokumentarischen Theaters. Das Setting ist allerdings etwas verändert: Trump wird von einer Frau und Clinton von einem Mann dargestellt. Die Idee dabei:

What would the experiment reveal about male and female communication styles, and the differing standards by which we unconsciously judge them?

Die Annahmen der Forscher waren folgende:

that Trump’s aggression—his tendency to interrupt and attack—would never be tolerated in a woman, and that Clinton’s competence and preparedness would seem even more convincing coming from a man.

Vor und nach den Vorstellungen wurden die Zuschauer befragt, was sie von der Debatte mit vertauschten Geschlechterrollen erwarten bzw. wie sie sie wahrgenommen hatten. Die Ergebnisse waren überraschend. Viele Personen hatten nicht damit gerechnet, dass sich ihre Sicht auf die Debatte so ändern würde. Der hartnäckige, angriffige Debattierstil der Frau fand Anerkennung und Respekt, das faktenkundige, aber auswendig gelernt erscheinende Reden des Mannes fand niemand einnehmend. Sein Dauerlächeln wurde gar als «really punchable» beschrieben. Die Wahl wäre also möglicherweise wesentlich deutlicher zu Gunsten Trumps ausgegangen, wenn er eine Frau und Clinton ein Mann wäre.

Auf youtube gibt es einen kurzen Probenmitschnitt zu sehen. (S. auch die Kommentare unter dem Video.)

Leider habe ich nicht das ganze Stück gesehen und eine Einschätzung auf Basis dieser zwei Minuten ist zugegebenermaßen etwas zweifelhaft. Aber mein vorsichtiger Eindruck geht in die Richtung, die auch das Publikum beschreibt. Zwar wirkt keiner der beiden Kandidaten sympathisch oder gar gewinnend, aber die Frau doch wesentlich klarer und greifbarer in ihrem Anliegen.

Dokumentarisches Theater ist sicher methodisch an vielen Punkten angreifbar: Vielleicht war die Frau einfach der bessere Schauspieler? Vielleicht wäre mit anderen Schauspielern etwas anderes herausgekommen? Trotzdem zeigt dieses Beispiel in meinen Augen gut, dass künstlerische Forschung durch Veranschaulichung und Perspektivwechsel aufschlussreiche Erfahrungen und Erkenntnisse ermöglichen kann.

Kategorien: Allgemein

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