Museen wie Parkhäuser: Freier Eintritt, kostenpflichtiger Austritt

Veröffentlicht von Christian Holst am

Die Frage nach innovativen Geschäftsmodellen für den Kulturbereich beschäftigt nicht nur die die diesjährige stARTconference, sondern auch den Schweizer Ökonomen Bruno S. Frey. In den klassischen Kultureinrichtungen spielen bei der Preisbildung kulturpolitische, inhaltliche Erwägungen eine große Rolle, weniger formale Prinzipien wie die Preisregulierung durch Angebot und Nachfrage. Nicht selten wird die Kunst diesen Prinzipien sogar bewusst entzogen, schließlich sei sie nicht in gleicher Weise marktgängig zu machen wie ein Staubsauger oder ein Haarschnitt.

Vielleicht aber wie ein Parkhaus? Der Schweizer Ökonom Bruno Frey schlägt in seinem Aufsatz Pay as you go vor, die Zahlmodalitäten in Museen nach dem Vorbild von Parkhäusern zu gestalten: Beim Eintritt erhält man ein Ticket, beim Verlassen des Museums zahlt man entsprechend der Zeit, die man im Museum verbracht hat. Wer viel Kunst „konsumiert“, zahlt viel, wer wenig konsumiert, zahlt gar nichts (z.B. für die erste halbe Stunde) oder wenig. Der Preis rationiert auf diese Weise das knappe Gut Kunst. Wer die Ausstellung nicht interessant findet, verlässt das Museum schnell wieder und macht Platz für andere, die es hoffentlich mehr interessiert. Und dem Nutzer kommt dieses Preisbildungs-Modell zugute, indem er nur zahlt, wenn und solange es ihm gefällt. Bei Kunst weiß man das in aller Regel erst hinterher. Insofern vielleicht gar keine blöde Idee?!


4 Kommentare

Scotty · 6. Juni 2010 um 20:39

Wenn „alle“ Menschen so sind wie ich, dann wird das dafür sorgen, dass der letzte Eindruck ein schlechter ist. Eintritt für ein Museum zu zahlen halte ich für eine der nachvollziebarsten Regeln dieser Erde. Austritt zu zahlen könnte ein schaler Beigeschmack werden, denn das Parkhaus verlässt kaum einer freudig – eben weil er als letzten Eindruck den doch überraschend(en) (hohen) Preis mittels Automat übermittelt bekam.

Im British Museum in London ist der Eintritt frei, und am Ende wird man freundlich aufgefordert, eine Spende in eine durchsichtige Box zu schmeißen, in der nicht nur Münzen, sondern immer wieder auch dicke Scheine zu sehen sind. Ich wette, die bekommen mehr Geld auf diese Art und Weise zusammen, als wenn sie einen geregelten Eintritt erheben würden, der vom Besuch noch akzeptiert würde. Die Aufforderung hier lautet: „Zahl, was es Dir wert war.“

Vielleicht ist das die Alternative?!

Christian Holst · 12. Juni 2010 um 21:23

In Berlin gibt es ein Restaurant, das nach diesem Prinzip arbeitet. Scheint zu funktionieren. Warum also nicht in Museen? Die Freiwilligkeit des Zahlens ist sicher sympathischer als eine Art „Lösegeld“ zahlen zu müssen, um das Museum wieder verlassen zu dürfen.

Scotty · 26. Juni 2010 um 9:47

Tim Mälzers erstes Restaurant in Hamburg war auch so konzeptioniert. Wenn man sich zu 100 % auf die Geschäftsidee eingelassen hat, dann bekam man eine Speise unter eine silbernen Glocke gereicht, so dass man wirklich erst beim Abheben dieser wusste, was man zu Essen bekam (vorher wurden Allergien und Abneigungen abgefragt). Am Ende wurde man aufgefordert, zu zahlen, was es einem wert war. Scheint sehr geklappt zu haben, Mälzers Restaurant lief lange gut, und aufgegeben hat er es aus anderen Gründen, als dass es nicht gelaufen wäre.

Rückblick auf das stARTcamp Bern | christianholst.de · 23. November 2016 um 11:48

[…] Zunächst einmal hat das Thema mit Digitalisierung nicht so viel zu tun. Dennoch: Gerade das Parkhaus-Modell, das sich auch mit «pay what you want» verknüpfen lässt, erlaubt es, via RFID-Chip im Ticket […]

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