Die Schweiz wird 716

Veröffentlicht von Christian Holst am

Dem Mythos zufolge haben sich im Jahre 1291 Vertreter der drei Schweizer Urkantone Uri, Schwyz und Unterwalden auf dem Rütli getroffen und einen Bund geschlossen, der die Unabhängigkeit der Kantone sichern sollte, auf die die Schweizer bis heute so stolz sind. Da der Rütli damit so etwas wie ein nationales Heiligtum ist, übt er nicht nur eine große Anziehungskraft auf Politiker aus, die dort am 1. August Reden halten, wenn sie das Amt des Bundespräsidenten inne haben, sondern auch auf Rechtsradikale. (Witzigerweise und eigentlich fälschlicherweise werden die auch in der Schweiz als Neonazis bezeichnet, obwohl es hier ja keine »Classic Nazis« gegeben hat.)

Das trieb die Sicherheitskosten derart in die Höhe, dass dieses Jahr ursprünglich keine Feier auf dem Rütli stattfinden sollte. Insbesondere die rechtspopulistisch angehauchte SVP vertrat diese Position, obwohl sie sonst keine Gelegenheit für patriotische Feierlichkeiten auslässt. Stattdessen machte sich aber die linksliberale Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey für die Rütlifeier stark und tat einen privaten Sponsoren auf, der die Kosten übernahm und der Bundespräsidentin damit die Möglichkeit eines öffentlichkeitswirksamen Auftritts eröffnete. Jetzt habe ich gelesen, dass die SVP nicht gegen die Feier an sich war, sondern offenbar verhindern wollte, dass erstmals eine Frau auf dem Rütli spricht. Tsss!

Die Rechtsradikalen haben diesmal versucht, die Feier mit Schlauchbooten (schweiz.: »Gummiböötli«) vom Vierwaldstätter See aus zu stürmen, wurden aber mit Wasserwerfern vertrieben. Und irgendwelche Idioten (vielleicht waren das eher Linksradikale?!) haben in der Rütliwiese Feuerwerkskörper vergraben, die per Zeitzünder gezündet wurden. Offenbar ist aber niemand zu Schaden gekommen, weil sie erst explodierten, als die Feier schon weitgehend vorbei war.

Kategorien: Schweiz

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