Da bin ich wieder
So, da bin ich wieder. Zu meinen guten Vorsätzen für das neue Jahr gehört es, das Kulturblog zu reanimieren. Der erste Schritt ist hiermit gemacht.
Aber warum eigentlich wieder bloggen? Als ich kürzlich meine Blogroll ausmistete, stellte ich fest, dass viele Einträge gar nicht mehr aktiv waren, sondern entweder wie dieses Blog pausieren oder ganz aufgehört haben. Unter letzteren waren z.B. die Duisburger Philharmoniker, die mit ihrem Projekt Philharmonie 2.0 als eine der ersten deutschen Kultureinrichtungen im Web 2.0 aktiv und sichtbar wurden, aber auch eine der ersten sind, die es wieder sein lassen. Und Axel Kopp, der als Social Media-Beauftragte in Kultureinrichtungen etwas zu reißen versuchte, bilanzierte kürzlich bitter: «Sämtliche anderen Social Media Beauftragten von Kultureinrichtungen weinen jede Nacht.»
Diese Ernüchterung beschränkt sich nicht nur auf den Kulturbereich. W&V-Redakteure veröffentlichten ein Buch mit dem Titel Die Web 2.0-Party ist vorbei. In der Schweizer Handelszeitung spricht man von Social Müdia, andernorts vom Netz der Enttäuschten. Es scheint, als sei die Luft raus, jetzt wo man festgestellt hat, dass viele Erwartungen ans Social Web überhöht waren. Insbesondere die Hoffnung auf das große Geld hat sich zerschlagen und wie es scheint, taugt Social Media vor allem und stattdessen dazu, seine Verhaltensstörung auszuleben.
Dass das so ist überrascht nicht, sondern entspricht einer Logik, der jeder Hype folgt, wie der sogenannte Hype-Cycle deutlich macht. Nach einer Phase der Euphorie kommt zwangsläufig die Ernüchterung. Diese Logik impliziert aber auch dass man auf der Abfahrt vom Euphorie-Peak ganz schön Tempo aufnimmt. Deswegen glaube ich, dass es eine gute Zeit ist, das Bloggen wieder aufzunehmen. Zugleich wird Social Media durch die Ernüchterungsphase zu etwas Normalem, Selbstverständlichem, das man realistisch einschätzt und pragmatisch nutzt – auch das ist gut.
In diesem Sinne freu ich mich aufs Bloggen und auf anregende Diskussionen.
P.S.: Noch ein Link zum Thema Social Müdia.
10 Kommentare
Norbert · 6. Januar 2012 um 16:56
Frohes 2012 und viel Spaß beim bloggen 🙂
Tino · 6. Januar 2012 um 17:49
Das klingt nach Blog- bzw. Socialmediauntergangsstimmung. Schön das dann doch noch ein paar bloggen. „Social Müdia“ (sehr schön übrigens), wird oft einfach nur falsch verstanden und erklärt. Der Run wird erst richtig losgehen, wenn alles noch mehr personalisiert wird und die Nutzergemeinde immer größer wird. Das Problem ist eben oft, das die jenigen Personen die es eigentlich wissen müssten, es eben auch falsch rüberbringen. Wer meint jetzt mach ich mal ein Blog, twitter ein wenig und mach eine Facebook-Page auf, hat eigentlich schon verloren.
Aber es gibt ja auch genug positive Beispiele.
In diesem Sinne ein 2012 was uns alle gesund bleiben lässt.
Alexander von Halem · 7. Januar 2012 um 1:20
Finde ich gut.
Hype-Cycle hin oder her: manchmal muss man eben ganz bewusst anti-zyklisch handeln.
Christian Holst · 7. Januar 2012 um 11:08
Danke für eure Kommentare. Wünsche euch auch ein gutes 2012!
@Tino: Ja, ich sehe die Chance wie gesagt vor allem darin, dass Social Media etwas ganz unspektakulär Alltägliches wird. Wie der Small Talk mit dem Gemüsehändler auf dem Wochenmarkt.
frank tentler · 7. Januar 2012 um 11:18
Welcome back!
Für mich warst du ja nie weg. Family-Upgrade, Job und stARTconference forden ihren Tribut und der Tag hat nur 24 Stunden. Da werden phasisch überflüssige Dinge einfach nicht gemacht. Geht mir genauso. Die meisten meiner Projekte werden nicht mehr durch mich selbst, sondern die dabei entstandenen Owner-Blogs dokumentiert. Daher ist mein Blog auch nur zwischen der Arbeit aktiver. Eigentlich ein Hobby.
Aber Kulturbetriebe MÜSSEN bloggen. Alles andere ist absoluter Blödsinn. Nur wenn sie keinen Wert auf PR und Marketing legen (wie die Duisburger Philharmoniker auf ihrem existenziellen „Highway to Hell“), können sie darauf verzichten.
Auch das wir den Hype hinter und haben, stimme ich nicht zu und bringe mal wieder das Jeff Jarvis Zitat: Wäre das Web der Buchdruck, befinden wir uns im Jahr 1460.
Aber es normalisiert sich. So wie sich gedruckte Bücher normalisierten, Zeitungen, Radio, Tv, Blogs, Podcasts, Smartphones, Pcs, Fastfood,…
Schaue dir mal Museen an. Da geht die Post ab (s. http://publicplan.posterous.com/das-museum20-jahr-2011-und-wie-es-2012-mit-mu ).
Aus Duisburg kommt neben den finanziell ausblutenden Philharmonikern das Beispiel das Lehmbruckmuseums. Als ich es letzte Woche besuchte, Direktor wie Mitarbeiter beobachtete, an einer ungwöhnlichen Veranstaltung teilnahm, mich an den Flashmob erinnerte…da freute ich mich schon still und leise, was wir in Deutschland in den letzten Jahren bewegt haben.
Es ist egal, ob du Künstler, Museum, Orchester, Unternehmen Verein, Sportler oder was weiss ich bist: Hast du spannenden Content, kannst damit digital kreativ umgehen und legst ein Ohr auf die Schiene, bist du in Marketing, PR, Business und Sponsoring weit vorne.
Und mal ehrllich: Was ist denn die Alternative?
Digital oder lethal.
Bei allen Skeptikern – und derer gibt es in der Kulturwelt mehr als in den Unternehmen, glaube mir – warte ich seit Jahren auf Gegenmodelle. Aber ausser Selbstmitleid und Zukunftsangst kommt da nichts. Sie sind die handschriftlichen Buchschreiber von heute und werden nach und nach evolutioniert werden. Dann rücken jüngere, engagiertere oder kreativere Köpfe nach und das Problem ist gelöst. Entweder im gleichen Betrieb oder bei der Konkurrenz, die in der Zwischenzeit die Lücke im Biotop belegt hat. In Kunst und Kultur werden wir dann fast amerikanische Verhältnisse erleben. Ein Land ohne Willen zur Kulturerhaltung wird dann nur das besitzen, was auf dem Markt überleben wird. Das ist die bittere Wahrheit.
In diesem Sinne:
Welcome back!
Christian Holst · 7. Januar 2012 um 23:21
Danke, Frank. Abklingen des Hypes heißt für mich nicht, dass Social Media komplett eingestellt wird. Da sind die Duisburger Philharmoniker sicher ein extremes Beispiel. Dass Kultureinrichtungen bloggen sollten finde ich auch, einfach, weil sie den spannenden Content haben. Deine These: «digital oder lethal» scheint mir allerdings sehr zugespitzt. Im tradtionellen Kulturbereich spielt eben auch traditionelle Kommunikation eine große Rolle. Was in meinen Augen nicht heißt, dass man Social Media vernachlässigen sollte, aber wo sich die Annäherung langsam vollziehen wird.
Steffen · 9. Januar 2012 um 6:48
Also ich für meinen Teil habe in 2011 eine ganze Menge gelernt, das wäre echt schade `drum. 😉
Christian Holst · 10. Januar 2012 um 21:27
Ach, ich denke, deine Social Media Verhaltensstörung musst du dir nicht wieder abgewöhnen. 😉
RalfLippold · 10. Januar 2012 um 21:56
Welcome back – unbekannterweise!
Ob Social Media, Networking, Business overhyped ist, gute Frage. Für Deutschland kann ich dies eindeutig verneinen, insbesondere im Business-, Museums-, Theater-, Opernumfeld. Insbesondere Architekten, die ja bekanntlich erst die Infrastruktur für Austausch von Gedanken, Wissen und Lebensgefühl gestalten sind noch nicht im Social Web angekommen. In punkto global tätiger Social Media Evangelists ist mir nur ein Name bekannt, und das ist in den USA.
Hier im Osten der Republik ist die Abstinenz von Social X in sämtlichen Bereichen von Wirtschaft und Bildung noch ausgeprägter (nicht zu verdenken bei der hiesigen Geschichte).
Was sind die Wege, die Entwicklung der Zukunft positiv (für alle Beteiligten) zu nutzen?
Ja gut, aber … » Trend. Meiner. · 14. Januar 2012 um 12:34
[…] entdeckten einige wieder die Lust am Bloggen. Neben meiner Wenigkeit am 1. Januar am 6. Januar auch Christian Holst auf dem KULTURBLOG: So, da bin ich wieder. Zu meinen guten Vorsätzen für das neue Jahr gehört es, das […]