Christian Holst

Kulturmanagement :: Digitale Transformation :: Künstliche Intelligenz


Blog

  • Filmtipp: Schräger als Fiktion

    Der sehr normale, ziemlich zwanghafte Steuerbeamte Harold Crick (Will Ferrell) stellt eines Tages fest, dass er Held des Romans der Bestseller-Autorin Karen Eiffel ist (Grandios wie immer: Emma Thompson). Das heißt, ihm passieren die Dinge, die Eiffel schreibt. Das ist zuerst noch nicht schlimm, als er sich in eine Steuerhinterzieherin verliebt. Allerdings kommt er irgendwann dahinter, dass noch kein Romanheld von Eiffel die Geschichte überlebt hat. Also kriegt er es mit der Angst zu tun und versucht, die Autorin zu finden und sie persönlich davon zu überzeugen, es diesmal anders enden zu lassen.

    Diese Idee ist sehr unterhaltsam und witzig und abseits der Geschichten und Erzählmuster, die man sonst so aus Filmen kennt. Was mich nur unheimlich gestört hat, war die völlig unglaubwürdige Behauptung im Film, der Roman sei ein großartiges Meisterwerk, der eigentlich nicht anders enden dürfe, als Eiffel es eben am besten kann. Von dem her zu urteilen, was man als Zuschauer von Eiffels Geschichte mitbekommt, ist es ein blödes Buch. Ungefähr so blöd wie ein Coelho-Roman. Der Film ist schließlich auch nicht gut, weil Cricks Geschichte interessant wäre, sondern weil Crick ein merkwürdiger Grenzgänger zwischen Realität und Fiktion ist.

    Die DVD bei Amazon.

  • Ökologischer Fußabdruck

    Auf footprint.ch kann man seinen persönlichen ökologischen Fußabdruck auf unserem Planeten ermitteln. Dieser Fußabdruck zeigt an, in welchem Maße man ökologisch über die Verhältnisse lebt. Mein persönliches Ergebnis ist 1,7, das heißt ich verbrauche das 1,7-fache dessen, was mir die Erde anteilig an Ressourcen zur Verfügung stellt (Deutscher Durchschnitt: 2,5). Ein Bangladese (oder wie heißen die Einwohner von Bangladesch?) muss es für mich ausbaden, denn der durchschnittliche ökologische Fußabdruck in Bangladesch beträgt nur 0,3. Global gesehen geht diese Rechnung aber schon nicht mehr auf, der weltweite Durchschnittswert beträgt nämlich 1,3. Schuld sind die Amis, die so tun, als gäbe es die Erde 5,8 Mal. Wie sieht es bei euch aus?

  • Khuon zum Subventionsgemäkel

    Die Äußerungen etlicher Theaterleute, z.B. Schlingensief, Stein oder Peymann, lassen mitunter mehr auf Wahnsinn denn auf Genie schließen. Thalia-Theater-Intendant Ulrich Khuon schafft es dagegen auch mit bedachten, klugen Äußerungen in die Medien. Aktuell äußert er sich bei Spiegel online zu dem Gemäkel in den Feuilletons der Süddeutschen und der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, es gebe zuviel Kultur-Subvention. Das fügt sich zwar harmonisch in den Chor zeitgeistiger Klagen über die ausufernde staatliche Einmischung in eigentlich alles, lässt sich aber durch ein paar einfache Zahlen mühelos widerlegen. Dazu muss man noch nicht besonders klug sein. Klug sind aber Khuons inhaltliche Entgegnungen, insbesondere der letzte Absatz des Artikels.

  • Alles umsonst

    Vor kurzem habe ich in einem Kommentar im Kulturmanagement-Blog noch behauptet, die Eintrittspreise in deutschen Museen seien kaum ein Grund, der einen vom Besuch abhält. Normalpreise liegen in deutschen Museen mit etwa zwischen 3 und 8 Euro nicht sonderlich hoch, ein Museum das mehr verlangt muss schon ganz schön was zu bieten haben. Außerdem gibt es großzügige Ermäßigungen für allerlei Personengruppen vom Kleinkind bis zum Senioren, des Weiteren Flatrates (Jahreskarten) oder »Happy Fridays« o.ä., wo der Eintritt nichts kostet.

    In der Zeit gibt es allerdings einen Artikel, der diese These zu widerlegen scheint. Museen in London und Stockholm konnten enorme Besucherzuwächse verzeichnen, als sie die Eintrittspreise abschafften. Allerdings fehlt in dem Bericht die Information, wie hoch die Eintrittspreise vormals waren. Nichtsdestotrotz gefällt mir die Forderung des Artikels, konsequent auf öffentliche Finanzierung zu setzen, ohne Sponsoring on top, was ja ohnehin nur ein schöneres Wort für öffentlich subventionierte Werbung ist. 😉

  • Was soll G8 in der Schule?

    In der FAZ gibt es einen äußerst lesenswerten Artikel über die G8-Schulreform und Politiker und Funktionäre, die Bildung mit Wissen verwechseln. Möglicherweise weil es ihnen zumindest an ersterem mangelt. Besonders schöner Satz:

    Früher nannte man jemanden einen Streber, einen Fachidioten, wenn man sagen wollte, dass da einer keine Lebenserfahrung außerhalb der Schule gesammelt hat. Dass sich da einer versteigt in fachliche Richtigkeiten, ohne das Richtige an den rechten Platz im Leben rücken zu können.

    Ich kann dem Autor nur zustimmen, auch zu dem, was er bereits vor der Hessen-Wahl geschrieben hat.

  • Jeder Mensch ist Kunst

    Heute ist nicht nur jeder Mensch ein Künstler, sondern auch Kunst. Auf der Seite barcodeart.com kann man sich selbst zum Kunstwerk barcodieren lassen. Das bin ich:


    Einkaufspreis $6,23, sofern ich die etwas kryptische Auswertung richtig verstanden habe. Ernüchternd.

    Überhaupt: lässt sich das Symbol für ökonomische Verwertbarkeit schlechthin wirklich zu Kunst transzendieren? Da haben vielleicht nicht nur Verschwörungstheoretiker ihre Bedenken.

  • Diva im Badeanzug

    Der Weser-Kurier stellte gestern in einem Bericht über die Midem 08 fest, dass der Klassikmarkt zunehmend nach den Mechanismen des Popmarktes funktioniert. Das künstlerische Fliegengewicht Anna Netrebko lässt grüßen. Die Gefahr sei, so der Weser-Kurier, dass Künstler verheizt würden. Die andere Gefahr, die nicht erwähnt wurde aber damit zusammenhängt, ist die der nachlassenden Qualität. Sehr schön zu hören in den La Traviata-DVDs mit Netrebko und Angela Gheorghiu. Wo Netrebko froh ist, wenn sie an den richtigen Stellen atmet, gestaltet Gheorghiu jede einzelne Note mit bemerkenswertem künstlerischen Instinkt. Und dabei würde sie, im Badeanzug das Lied an den Mond singend, gar nicht mal schlechter aussehen als Netrebko.

  • Von Coelho lernen

    Die CD-Verkäufe bröckeln seit einiger Zeit fröhlich dahin, auch im letzten Jahr gab es wieder Umsatzeinbußen von 20%. Auf der Musikmesse Midem kam die Musikindustrie deswegen überein, zukünftig verstärkt auf Online-Vermarktung und vor allem auf Online-Abos zu setzen. Naxos macht bereits vor, wie es gehen kann. Die Branche verbindet damit die Hoffnung, das Problem der Raubkopien auf diese Weise in den Griff zu bekommen. Ob es wirklich ein Problem ist fragt man sich allerdings, wenn man bei Bernd Röthlingshöfer liest, wie clever Paulo Coelho seine langweiligen Bücher mittels Raubkopien an den Mann bringt.

  • Ausgegoogelt

    Vor einiger Zeit habe ich darüber geschrieben, dass Google dabei ist, zum neuen Microsoft zu werden. Mich hat das trotzdem nicht davon abgehalten, ordentlich zu iGooglen, sprich mir bei Google ein komplettes virtuelles Büro einzurichten.

    Nachdem ich kürzlich gelesen habe, dass Google nicht weniger anstrebt, als die Macht über das Wissen der Welt und mittlerweile auf bestem Wege ist, habe ich kurzerhand meine Feeds auf newsalloy.com »gezügelt«, wie man in der Schweiz sagen würde. Ist sowieso viel komfortabler und schicker als der Google Reader. Textverarbeitung mache ich jetzt mit zoho.com und Websuche mit ask.com und altavista.de. Das ist nicht ganz so praktisch wie alles aus einer Hand, aber auch nicht so unheimlich.

    Als ich dann heute diesen Clip sah, fühlte ich mich dann noch einmal voll und ganz bestätigt.

  • Kurzrezension: Sopranos, Staffel 3

    Nach einer wirklich lahmen ersten Episode hat sich die 3. Staffel der Sopranos zur bislang eindeutig besten entwickelt. Der Grund: die Geschichten sind gut und die Figuren entwickeln sich und handeln glaubwürdiger als in den ersten beiden Staffeln, insbesondere der zweiten. Die kriminellen Aktivitäten treten etwas in den Hintergrund und die persönlichen Krisen aller Familienmitglieder in den Vordergrund. Tonys Frau Carmela hadert mit der Ehe, Tochter Meadow ist unglücklich verliebt und Anthony Jr. fliegt von der Schule. Höhepunkt der Staffel ist sicher die Beziehung, die Tony mit einer attraktiven Autoverkäuferin, brillant gespielt von Annabella Sciorra, eingeht. Das ist ebenso erotisch wie aufreibend, nicht nur für Tony, sondern auch für den Zuschauer. Grandios übrigens auch das Ende der letzten Folge, wo die gesamte Familie zu einer Beerdigung zusammenkommt. Das kann in seiner filmischen Qualität schon fast mit dem Ende der Paten-Trilogie mithalten. (Naja: fast.)