Christian Holst

Kulturmanagement :: Digitale Transformation :: Künstliche Intelligenz


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  • 24

    Wie gesagt habe ich mir neulich die erste Staffel von 24 gekauft. Die Serie hat einen enormen Suchtfaktor. Die erste Folge ging noch etwas plänkelich los, ich war fast schon in Versuchung, doch erstmal lieber die NEON zu lesen. Aber ab ca. 25 Minuten hat es mich echt gepackt und ich habe mir die ersten acht Folgen am Stück reingezogen. So verging die Bahnfahrt fast wie im Fluge. Es ist wirklich gut gemacht, immer wieder neue Wendungen, die man zwar irgendwie kommen sieht und ahnt, die dann aber doch immer noch etwas Überraschendes haben.

    Kiefer Sutherland erinnert mich irgendwie an Johannes B. Kerner, vielleicht weil beide so »normal« rüberkommen. Sutherland aber sympathischerweise ohne dabei gewöhnlich zu wirken. Also prädikat: sehr empfehlenswert, aber es macht eben süchtig.

  • 30

    In Herr der Diebe heißt es so ungefähr, dass man sich als Kind immer wünscht, erwachsen zu werden und groß zu sein und wenn man es dann endlich ist, dann wünscht man sich, wieder ein Kind sein zu können. Da in meinem Schweizer Quartier eine wii-Konsole vorhanden ist, muss dieser Wunsch keiner bleiben und ich konnte gestern die aufkeimende Depression, 30 zu werden, mit virtuellen Box-Kämpfen und Tennismatches bekämpfen. Heute hatte ich schon einen Tennisarm. Nicht virtuell.

    Naja, Depression ist natürlich reichlich übertrieben. Mit einem runden Geburtstag ist es einfach ähnlich, wie mit dem Jahreswechsel, er eignet sich besonders, um zu resümieren. Mit 30 stellt man fest, dass schon viele Weichen für das restliche Leben gestellt sind und Entscheidungen sich nicht mehr so leicht rückgängig machen lassen, wie mit Anfang 20. Außerdem ist es so, dass sich viele Ideale und Vorstellungen, die ich mit 20 noch hatte, mittlerweile an der Realität abgerieben haben. Das klingt vielleicht sehr resignativ, aber eigentlich nur, wenn man den Jugendwahn und Anti-Aging auch mental mitmacht und ein Verfechter von permanenter blinder Dynamik ist. Denn dass man sich und die Welt genauer und abgeklärter einschätzen kann, ist doch ein guter Schritt Richtung Weisheit und etwas, dass das Alter der Jugend voraus hat.

  • Mehr Luft

    Vor ein paar Tagen habe ich als Valentino Yiyuan meine ersten Gehversuche im Second Life gemacht. Jetzt mit neuem, schnellen Rechner ging das endlich mal. Mit dem alten Ding hatte ich es zwar einmal kurz versucht, aber das hat einfach keinen Spaß gemacht.

    Es ist genau so, wie man immer liest: Man führt sinnfreie Unterhaltungen und gleich auf der Orientation Island wurde ich von einer französischen Nymphomanin sexuell belästigt. »How to have sex in second life« fragte sie mich zuerst, dann verfolgte sie mich eine Weile und sagte irgendwann »I want you« und forderte mich schließlich auf: »Look at my breast!«.

    Dabei fällt mir ein, dass ich neulich eine echt heiße Nacht im CityNightLine hatte. Die Klimaanlage war nämlich kaputt. Das war ziemlich entsetzlich und ich habe lange Zeit kein Auge zugemacht. Und wenn ich gerade einigermaßen weggedämmert war, schreckte ich mit dem panikartigen Gefühl wieder hoch, keine Luft mehr zu bekommen.

    Dass man im Second Life sich einfach in die Luft schwingen und fliegen kann ist da schon ein nicht zu verleugnender Vorteil gegenüber dem »Real Life«. Ansonsten ist die Kritik nicht von der Hand zu weisen, dass sich die Entwickler recht fantasielos am Real Life orientiert haben. Martin Oetting stellt die naheliegende Frage, warum der Tatsache nicht Rechnung getragen wird, dass die Leute fliegenderweise das Haus aufsuchen, z.B., indem die Häuser vogelhausartige Eingänge bekommen.

  • The Departed. Unter Feinden.

    Neulich haben wir uns The Departed auf DVD ausgeliehen. Ein sehr, sehr spannender Film mit sehr guten Schauspielern. Allerdings missfällt es mir immer, wenn bestimmte erzählerische, filmische Mittel zu einer Masche verkommen. Das ist der Grund, warum ich keine Tarantino-Filme mag, zumindest nicht die, für die ihn seine Fans bewundern. Es wird nichts Nennenswertes erzählt, es werden nur die erzählerischen Mittel abgefeiert, bei Tarantino vorzugsweise Gewaltdarstellungen. Zwar ist »The Departed« auch nicht ganz unblutig, aber die Gewalt kommt immer nur kurz und heftig, ist aber erzählerisch gerechtfertigt – kein dramaturgischer Selbstzweck. Bei diesem Film war es allerdings die übervulgäre Sprache, die zuerst sehr amüsant ist, mir nach einer Weile aber gehörig auf den Keks ging.

    Außerdem fand ich, dass die Figuren etwas flach geblieben sind, mal abgesehen von Costigan (gespielt von Leonardo). Das war eigentlich nicht schlimm für den Film, weil die Geschichte einfach sehr spannend war. Aber mit den noch recht frischen Bildern aus der Paten-Trilogie im Kopf fällt der Film als Mafia-Film unterm Strich doch deutlich ab. Denn wo die Patenfilme echte cineastische Kunst sind, ist »The Departed« doch nicht mehr und nicht weniger als gut gemachte Hollywood-Unterhaltung.

    Für die Bahnfahrten habe ich mir jetzt übrigens die erste Staffel von 24 zugelegt. Mal gucken wie das so ist. 6 DVDs sollten auf jeden Fall erstmal eine Weile vorhalten.

  • Hitler ein Mann des Widerstands?!

    In der aktuellen Ausgabe der Zeit gibt es eine absolut brillante Kolumne von Harald Martenstein über die unsägliche Filbinger-Trauerrede von Günther »Butthead« Oettinger. Die Kolumne ist so sarkastisch, dass einem schon etwas mulmig zumute wird. Aber sie führt dadurch in Martensteins typischer Unbedarftheit vor Augen, wie haarsträubend Oettingers umstrittene Sätze eigentlich waren.

  • Ende der Einwegkommunikation

    Die Zeit berichtet in der aktuellen Ausgabe über die Macher der Documenta XII. Ich habe nicht nur aufgehorcht, weil mir der Name Roger Buergel noch aus Lüneburg bekannt vorkam, wo er den Kunstraum mit aufgezogen hat, sondern auch, weil er und seine Frau als Documenta-Macher einige interessante Ideen haben. Zum einen ist es erfrischend, dass sie offenbar auf intellektuelles Geschwurgel verzichten und Kunst einfach Kunst sein lassen wollen (Punkt 1). Bemerkenswert ist aber auch die Idee, für das Publikum Raum zu schaffen, in dem es sich über die Ausstellung austauschen kann (Punkt 5). Bemerkenswert deswegen, weil man in den altehrwürdigen Kulturinstitutionen normalerweise damit allein gelassen wird, weil diese Institutionen (ich zähle Ausstellungen der Einfachheit halber dazu) nach jahrhundertealter Einwegkommunikation vom Künstler zum geneigten Bildungsbürger funktioniert. Dabei sollte Buergels Idee Vorbildfunktion haben, auch z.B. für Theater, die sich selbst zwar gerne als Foren stilisieren, in denen sich die tabulose Selbstreflexion der Demokratie vollzieht, die aber bis heute fast ausschließlich eindimensionale Kommunikationsformen nutzen.

  • Frühling ist da

    Der Frühling ist da. Das merkt man nicht nur am blauen Himmel und den Temperaturen, sondern auch, wenn man sich auf youtube umsieht. Dort sind Blumen gerade ein großes Thema. Wie z.B. in diesem Spot:

    Oder auch in diesem besonders schrecklichen Clip.

  • Halsabschneider auf schweizerisch

    Anstelle des Wortes »Halsabschneider« sagen Schweizer auch »Apotheker«. Seit neulich weiß ich warum. Ich wollte Augentropfen kaufen, die in Deutschland ca. 4 Euro kosten. In der Schweiz sind es schlappe 27,60 Franken. Obwohl der Euro gerade sehr stark ist, ist das trotzdem noch das Vierfache des deutschen Preises!

  • Kultur auf den Fahrersitz

    Lese gerade ein Superbuch mit dem Titel »Wir nennen es Arbeit«. Darin geht es grob gesagt um die immer größer werdende Gruppe der digitalen Bohème. Damit sind Leute gemeint, die auf einen festen Anstellungsvertrag verzichten und mit Hilfe neuer Technologien, insbesondere des Internets, freiberuflich und damit selbstbestimmt arbeiten. Es passt zu der Diskussion um das (bedingungslose) Grundeinkommen, da es eben auch die Vollbeschäftigung für abgehakt erklärt und Leben propagiert, das auf eigener Initiative und freien Entscheidungen basiert.

    Ganz unabhängig davon ist ein anderer Gedanke, den ich aber auch sehr interessant und treffend formuliert fand, nämlich dass und wie die Grenze zwischen Kultur und Wirtschaft verschwimmt, obwohl beides ja häufig für sehr gegensätzlich gehalten wird. »Indem sie die eigenen Inhalte selbst vermarktet und dadurch professionelle Mittelsmänner ausschaltet, steigt die digitale Bohème gewissermaßen vom Kofferraum in den Fahrersitz und bestimmt dadurch, welche zukünftige Entwicklungsrichtung die Kultur- und Medienindustrie nehmen wird.« (S. 41) Schön gesagt, oder?

  • Ganz großes Kino

    Zugfahrt gestern: Der Pate III. In der Kritik kommt dieser Film ja nicht so gut weg, irgendwo habe ich gelesen, Coppola habe ihn nur gemacht, weil er Geld brauchte. Ich muss aber sagen, dass ich das dem Film nicht angemerkt habe. Ich finde sogar, er ist fast der beste der Reihe, zumindest besser als der mit Oscars überhäufte Teil II. Die Story mit dem Vatikan ist vielleicht nicht so der Knaller, weil ein bisschen spekulativ und an den Haaren herbeigezogen. Toll ist aber, wie hinter all der Skrupellosigkeit die Tragik gezeigt wird, wie die Menschen charakterlich zerbröckeln, vor allem natürlich Michael Corleone; wie ihm die Endgültigkeit und Unentrinnbarkeit seiner Fehler und Entscheidungen langsam bewusst wird. Absolut grandios finde ich den Schlussteil, wo sich diverse Ermordungen der Feinde der Familie mit Einblendungen einer Aufführung von Cavalleria Rusticana abwechseln, während der ein Anschlag auf Michael Corleone ausgeübt werden soll. Das ist wirklich spannend und einfach wahnsinnig virtuos in Szene gesetzt. Bei all dem nicht zu vergessen natürlich die geniale Filmmusik von Nino Rota und Carmine Coppola. (Francis Coppola machte es ja nicht viel anders als die Mafia und brachte seine halbe Familie auf der Gehaltsliste der Paten-Trilogie unter.)