«Episch verseucht» – Die Theaterspielpläne der kommenden Saison
Schon häufiger habe ich darüber geschrieben, dass Theater heute zwangsläufig «museal» seien, auch wenn es in der Szene kaum einen schlimmeren Makel als ebendieses Etikett zu geben scheint. FAZ-Theaterkritiker Gerhard Stadelmeier macht’s jetzt fest an den Schauspiel-Spielplänen der nächsten Saison, die nach seiner Ansicht zu einem großen Teil «episch verseucht» seien, will sagen an einzelnen Häusern bis zu 90% aus für die Bühne zurecht gezimmerten Romanen und Erzählungen bestehen. Stadelmaier sieht darin vor allem die «Angst vor dem Drama». Das ist vermutlich leider richtig. In meinen Augen zeigt sich daran aber auch eine unglaubliche Ideen- und Hilflosigkeit, einerseits mit dem bewährten Repertoire noch etwas anzufangen, andererseits etwas Gegenwärtiges zu kreieren, das relevant ist. Im Musiktheater ist das sogar noch schlimmer als im Schauspiel, weil das Repertoire noch «überalterter» ist und die zeitgenössischen Werke noch viel weniger als im Schauspiel in der Lage sind, eine gewisse Breitenwirkung zu entfalten. Dramatisch mehr oder weniger geeignete Vorlagen lassen sich für die Oper zudem nicht so leicht adaptieren – es braucht auch noch die Musik. Und so bestätigt sich einmal mehr die mangelnde Innovationskraft und damit die Musealität des Theaterbetriebs, die keiner wahr haben will, die aber – hätte man den Mut, sich ihr zu stellen – mehr Chancen als Risiken bieten würde.
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