«Einfach machen!» – Interview premiertone
Im Sommer habe ich eine Serie gestartet mit Interviews mit jungen Kulturunternehmern. In der ersten Ausgabe gabs ein Interview mit den Machern des Theaterkalenders Puck. Heute folgt die Fortsetzung mit einem Interview mit Julia Kadar und Anke Fehring, den Gründerinnen von premiertone. Premiertone ist eine Agentur, die Websites für Künstler erstellt und hostet.
Diese Kulturunternehmer-Interviews sind eingebettet in ein größeres Projekt, das ich gemeinsam mit dem KM Magazin gestartet habe. Dort ist in der aktuellen Ausgabe ein allgemeiner, einführender Artikel zu Kulturunternehmertum von mir erschienen. Ab der nächsten Ausgabe wird es im KM Magazin eine Serie von kurzen Fallstudien mit Kulturunternehmern und weiteren Interviews hier im Blog geben.
premiertone bietet einen professionellen Web-Auftritt für Musiker plus weitere Serviceangebote wie PR und Sekretariat. Wie genau kann ich mir das vorstellen und für wen ist das interessant?
Die Struktur unserer Websites ist speziell auf klassische Musiker zugeschnitten, bietet also alles, was eine professionelle Musiker-Website benötigt. Wir arbeiten grundsätzlich mit einer Art «Baukastensystem», mit dem wir neun farblich variable Designs zu sehr günstigen Preisen anbieten können. Aber auch individuell gestaltete Designs können wir in unser CMS einprogrammieren. Das Herzstück unserer Serviceleistungen ist, dass wir alle Websites betreuen. Entweder auf Zuruf, das heißt, dass unsere Kunden (formlose) E-Mails schicken mit den aktuellsten Konzerten, CDs etc. – oder auch pro-aktiv, z.B. mit Hilfe von Google Alerts. Wir verstehen uns als Online-Künstlerbetreuer und haben den Anspruch, unseren Kunden so viel Arbeit wie möglich abzunehmen. Wir bieten schnellen Service für verschiedene Ansprüche: für Studenten/Nachwuchskünstler, Orchestermusiker mit Kammermusik- oder solistischen Ambitionen und für anspruchsvolle Solisten…
Sind das nicht Leistungen, die die Agenturen der Künstler übernehmen? Unterscheidet ihr euch – und wenn ja wie – von einer Künstleragentur?
Nein, die meisten Künstleragenturen übernehmen diese Leistungen nicht. Sie kommen neben ihrem Tagesgeschäft (Booking) einfach nicht dazu. Auch die PR-Agenturen übernehmen diese Aufgaben selten – und wenn doch, sind ihre Leistungen für das Gros der Musiker unerschwinglich. Wir verstehen uns als Nische zwischen den Agenturen und PR-Agenturen und ergänzen ihre Arbeit!
Mit tumblr, WordPress oder anderen Tools kann man in kurzer Zeit und ohne große Vorkenntnisse kostenlose, aber hervorragende Websites erstellen. Was überzeugt eure Kunden, es nicht auf diesem Wege zu machen, sondern euch zu beauftragen?
Die meisten Musiker haben sehr wenig Zeit. Sie üben, proben, reisen, konzertieren, unterrichten. Das ist wohl der häufigste Grund, warum sie lieber uns beauftragen, anstatt sich selber darum zu kümmern. Denn selbst wenn eine Website mit diesen Tools schnell selbst gemacht ist, beansprucht die regelmäßige Pflege danach natürlich nicht weniger Zeit – das ist das, woran viele dann verzweifeln oder es ganz aufgeben – und dann froh sind, wenn wir ihnen diese Aufgabe abnehmen.
Wie und wann kam die Idee zu der Gründung von premiertone?
Wir sind beide recht erfahrene Kulturmanagerinnen und kennen viele Künstler…und deren Probleme! Im Frühjahr 2010 kam die Idee auf, Musikern in unserem Umfeld eine Website zu bauen und zu betreuen. Uns war aufgefallen, dass viele sehr gute (junge) Musiker noch keine Website haben und es aber auf der anderen Seite immer offensichtlicher wurde, dass man ohne Website heutzutage auch im Bereich der klassischen Musik nicht mehr weit kommt… Wir überlegten uns, dass viele einfach noch aktiver an die Hand genommen werden müssten, um das Ziel Website zu verfolgen. So bastelten wir an der Idee, am Namen und am gesamten Konzept. Im Juli 2010, nach ungezählten E-Mails und Telefonaten, gründeten wir dann die premiertone GbR, und im November war der Launch unseres eigenen Portals und der ersten Website. Es war sehr aufregend!
Wie habt ihr die Gründung finanziert? Musstet ihr überhaupt investieren?
Wir mussten schon eine Investition leisten für Designs und die komplette Programmierung! Aber wir hatten großes Glück, weil wir in der jungen Firma «Akedo Networks» einen Partner fanden, der unsere Idee sehr engagiert unterstützte.
Wie seid ihr gestartet? Habt ihr einen Businessplan gemacht oder hat sich das alles mehr so ergeben?
Beides. Wir haben einen Businessplan gemacht, aber vieles haben wir doch mehr aus dem Bauch heraus entschieden…
Ihr seid zwei Geschäftsführerinnen. Wie gestaltet ihr die Zusammenarbeit? Trefft ihr alle Entscheidungen gemeinsam oder hat jede ihr Gebiet oder ihre Kunden?
Auch hier haben wir großes Glück: Wir ergänzen und kennen uns einfach unglaublich gut. Es hat sich von Anfang an auf eine ganz intuitive Weise eine gute Aufgabenteilung ergeben. Zum Beispiel schreibt eine von uns meistens Texte schnell herunter (wie auch die Antworten hier ☺), und die andere bastelt dann, bis er richtig rund ist. So ist es auch mit anderen Bereichen. Wir wissen relativ genau um unsere jeweiligen Stärken und Schwächen, Interessen und Leidenschaften. Wir kommunizieren da auch sehr offen miteinander und hatten – toi toi toi – bisher noch nicht einen einzigen Moment, in dem wir um etwas «kämpfen» mussten… Was unsere Kunden angeht, ist meistens eine von uns die Hauptansprechpartnerin – wer dann was letztlich macht, ergibt sich einfach…
Welche Schwierigkeiten hattet ihr als Unternehmensgründerinnen zu meistern?
Stichwort: Familie und Karriere. Wir haben premiertone gegründet, als eine von uns gerade kurz vor der Geburt des zweiten Kindes stand; und seit 6 Monaten sind wir nun beide Mütter. Das ist natürlich nicht immer einfach, aber so hat man auch viel Verständnis füreinander! Die andere große inhaltliche Herausforderung war und ist, dass wir ein Produkt verkaufen, das es so in dieser Form noch nicht wirklich gibt. D.h. wir müssen immer wieder erklären, was genau wir machen. Und bis wir das mal in einem Satz drauf hatten, das hat eine Weile gedauert…
Was würdet ihr Leuten empfehlen, die planen, sich als Unternehmer im Kulturbereich zu betätigen?
Machen! Es ist sicherlich nicht immer einfach, weil nicht viel Geld da ist… Und eine gute Idee ist natürlich trotzdem kein Garant für durchschlagenden Erfolg, gerade weil die Kulturbranche besonders in der Klassik recht langsam reagiert und sich «fortbewegt». Aber nichts ist spannender, als sich in einer Branche selbständig zu machen, die in den nächsten Jahren mit Sicherheit einen unglaublichen Umbruch erfahren wird!
Wie macht ihr Werbung für euer Angebot?
Die wichtigste Werbung ist wahrscheinlich die Mund-zu-Mund-Werbung, die man nicht wirklich beeinflussen kann. Aber mit einer wachsenden Kundschaft steigt hoffentlich auch unser Bekanntheitsgrad. Außerdem haben wir einen wirkungsvollen Flyer, den wir versendet haben an Musikhochschulen etc., wir präsentieren unsere Firma regelmäßig bei Agenturen und anderen wichtigen Netzwerk-Stellen und machen seit neuestem auch Werbung auf facebook! Letzteres müssen wir aber erstmal noch testen.
Was in meinen Augen in eurem Angebot komplett fehlt ist Social Media. Gerade für Künstler ohne eigenes Label oder eine finanzstarke PR im Hintergrund scheint mir das aber äußerst effektiv zu sein. Ich denke da zum Beispiel an die niederländische Pianistin Daria van den Bercken, die es dank einer guten Social Media Strategie innerhalb eines halben Jahres zu internationaler Bekanntheit gebracht hat. Warum kommt das bei euch gar nicht vor?
Nun ja, wir sehen schon klar, dass dafür Bedarf da ist und bieten an, Facebook-Fanpages einzurichten und diese auch mit zu betreuen, zumindest mit den Informationen, die uns dann für die Websites sowieso vorliegen. Eine umfassende Pflege des Social Media Bereichs ist allerdings sehr aufwendig und fordert sehr viel mehr vom Engagement des Kunden selbst. Das haben wir in unser bisheriges Konzept noch nicht 100 %ig integriert bekommen, hoffen aber, mit dem Wachstum von premiertone da in Zukunft noch mehr anbieten zu können.
Aprospros: Wie sehen eure Pläne und Perspektiven für die Zukunft aus? Habt ihr Innovationen geplant und wenn ja, welche?
Wir möchten weiterhin wachsen und mehr Kunden für uns gewinnen. Dafür müssen wir noch viele Ideen weiterentwickeln und realisieren. Die meisten Innovationen, die wir planen, hängen mit dem eben genannten Stichwort «Social Media» zusammen. Das ist, wo die Zukunft liegt. Ihr dürft also gespannt sein ;).
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