Christian Holst

Kulturmanagement :: Digitale Transformation :: Künstliche Intelligenz


Blog

  • Akustischer Nachtrag

    Hier noch ein kleiner akustischer Nachtrag zu dem gestrigen Eintrag.

    [audio:audioblog1.mp3 |leftbg=0x990000|rightbghover=0xFF0000 ]
  • Fünf Mal Moderne

    Welcher Landschaft entspricht wohl die musikalische Moderne? Hm, Keine Ahnung, Vorschläge sind willkommen. Trotz mangelnden Vergleichs kommt hier eine Zusammenstellung mit fünf Klassikern der Moderne.

    Ligetis Atmospheres: Ja, schön klingt das nicht direkt, aber es erzeugt unbestreitbar so viel Atmosphäre, dass es seinen Namen zu Recht trägt. Sonst hätte das Stück wohl kaum an der Seite von der »Schönen blauen Donau« als Filmmusik in Stanley Kubricks »2001: A Space Odyssee« Berühmtheit erlangt.

    Schostakowitsch war ein begnadeter Komponist. Seine Jazz Suites sind geniale Unterhaltungsmusik, absolut eingängige Ohrwürmer, brillant instrumentiert. Man sollte es nicht gerade in der Interpretation von Andre Rieu anhören, der die Stücke dazu benutzt, behaupten zu können, nicht nur Strauß-Walzer zu spielen, sondern auch mal was »Modernes«. Ansonsten ein echtes unbeschwertes Vergnügen. (Ein Walzer aus der 2. Suite ist übrigens auch durch Stanley Kubrick berühmt geworden: als Musik in »Eyes Wide Shut«)

    Weberns 6 Orchesterstücke op. 6 sind wie fast alles von Webern dicht, kompakt und trotzdem (oder gerade deswegen) hoch expressiv. Ich finde es großartig! Ganz pragmatisch gedacht ist Weberns Musik übrigens gut geeignet, um sich einen Eindruck von Neuer Musik zu verschaffen, denn wenn es einem nicht gefällt, ist es auch schnell wieder vorbei. 🙂

    Frank Zappas Yellow Shark ist laut Y. aka beisasse die avancierteste Musik in meiner Sammlung. (Da besaß ich allerdings Neither noch nicht.) Tatsächlich ist das ziemlich abgedrehte Musik zwischen Jazz, Minimal, Kakophonie und allen möglichen anderen Stilen. Mein Lieblingsstück ist »Welcome to the United States of America«, was so eine Art Kabarettnummer über amerikanische Einwanderungspolitik mit begleitender Karnevalsmusik ist.

    Ja, auch moderne Komponisten wie Morton Feldman haben noch Opern geschrieben. Oder sowas in der Art zumindest. In Neither singt eine Sopranistin über eine Stunde verteilt ein 16-zeiliges Gedicht von Samuel Beckett ohne dass eigentlich etwas passiert. Das Publikum der Uraufführung wusste damit nicht viel anzufangen und verlangte der Sängerin durch seine Unmutsäußerungen einiges an Nervenstärke ab. Heute, 30 Jahre später, wo einen gar nichts mehr schockt, kann man sich die Oper aber gut anhören und ihr durchaus was abgewinnen.

    Siehe auch Fünf Mal Spätromantik und Fünf Mal Barock.

  • Spidey zum dritten

    Auch ganz nett war übrigens der 3. Spiderman-Teil, den ich schon vor längerem gesehen habe. Ich bin ja der nicht unumstrittenen Meinung, dass die beiden ersten Spiderman-Filme zu dem besten gehörten, was Hollywood in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Da kann der dritte Teil allerdings nicht mithalten. Zwar gibt es auch hier wieder keine klare Gut-Böse-Dramaturgie, was in meinen Augen die besondere emotionale Glaubwürdigkeit der ersten beiden Filme ausmachte. Diesmal entdeckt Spidey sozusagen die dunkle Seite seiner Macht. Aber zugleich fehlt der selbstironische Witz a la Straßenmusik über »Spai-dar-maan« und außerdem schien es mir so, als haben sich die Produzenten zu sehr auf die Wirkung der Tricktechnik verlassen, die zwar ganz imposant, aber noch keine Geschichte ist. Nichtsdetotrotz: langweilig wird einem natürlich nicht.

  • Cineastische Kurzweil

    Am Wochenende habe ich zwei Filme gesehen. Einen guten und einen großartigen. Zuerst der großartige, das war im Zug Spiel mir das Lied vom Tod auf DVD. Wie Wikipedia verrät, ist das der erste Teil der »Once upon a time«-Trilogie von Sergio Leone. Zweiter Teil ist »Todesmelodie«, den ich aber nicht kenne und dritter Teil ist der ebenfalls großartige Film »Es war einmal in Amerika«. Toll an diesen Filmen, wie ja auch an der Pate-Trilogie, ist diese Ruhe und Langsamkeit, mit der die Geschichte entwickelt und erzählt wird. Ich hatte »Spiel mir das Lied vom Tod« vor langer Zeit schon mal gesehen und nicht viel erinnert, außer die berühmte Warteszene am Bahnhof, die Galgenszene und die wunderschöne Claudia Cardinale, die auch heute – zehn oder wieviel Jahre später – immer noch ziemlich schön ist. Allerdings hat der Film noch mehr zu bieten, eine gute, spannende Geschichte und noch ein paar sehr, sehr coole Cowboys, allen voran natürlich Charles Bronson. Ach, und natürlich die bemerkenswert blauen Augen von Henry Fonda nicht zu vergessen.

    Nicht großartig, aber gut fand ich Ocean’s Thirteen, den ich am Sonntag mit Scotty geguckt habe. Er ist dem ersten Ocean’s-Film ähnlicher als dem zweiten, wenngleich die Story lange nicht so ausgebufft ist und die Clous nicht mehr den gleichen Überraschungswert haben, wie im ersten Film. Trotzdem gut gemachte Kurzweil.

  • Operntest Essen

    Zum Start meines Wochenendes in Essen habe ich die Oper »getestet«, die ja laut Feuilleton mittlerweile auf den UEFA-Cup-Plätzen der deutschen Opernliga mitspielt. Gestern gab es die Derniere von »Die Nase«, einer Oper von Schostakowitsch nach einer Erzählung von Gogol. Die Story ist ziemlich gaga, die Musik grell, schrill und meistens ziemlich laut. Sie klingt eigentlich so, wie ich glaube, wie nichtbewanderte Menschen sich moderne Musik vorstellen. Die Inszenierung von Johannes Schaaf fand ich solala, irgendwie ein routiniertes Regietheater-Einfälle-Mosaik mit Autos und Motorrädern, die im Schneckentempo auf die Bühne und wieder runterfuhren, fahrradfahrendem und tischtennisspielendem Chor und weiterer lustiger Sachen. Naja, hat mich jetzt nicht so überzeugt. Wirklich gut war allerdings das Orchester unter Soltesz – unglaublich virtuos, präzise und genau. Nicht zu Unrecht gabs dafür dann auch den meisten Applaus.

  • Charmante Plaudereien

    Durch die Lektüre von »Wir nennen es Arbeit« bin ich auf den Podcast Schlaflos in München gestoßen und habe mir ein paar Episoden für die Bahnfahrt mitgenommen. Die Sendungen sind charmante Plaudereien über dies und das, z.B. über die Frage, ob Männer rosa Hemden tragen sollten, den Eurovision Song Contest, Nasendusche, übers Bahnfahren oder wie man den Union Jack richtig aufhängt. Außerdem Buchtipps, Filmtipps, CD-Tipps, lauter solche Sachen.

    Klingt so beschrieben nicht sooooo aufregend, aber das liegt daran, dass man den speziellen Reiz schlecht beschreiben kann und die Themen sicher nicht das Ausschlaggebende sind. Ebenso wenig wie bei einem angeregten Telefonat mit einem Freund/einer Freundin. Damit ist es übrigens am besten vergleichbar, nur dass man eben selber nichts sagt. Für den, der nicht nur zuhören mag, gibt es dann ein Forum und den SiM-AB. So kommen dann immer auch Hörer vom AB oder andere Podcaster zu Wort. Aber besten selber hören, macht wirklich Spaß!

  • Balken im Auge

    Im aktuellen Kulturmanagement-Letter geht es um neue Technologien. Wurde ja auch mal Zeit, würde ich sagen. Ich habe mich an dieser Stelle ja schon mehrfach (naja, hier und hier 😉 ) gefragt, warum dieses Thema im Kulturbereich so wenig beachtet wird.

    Christian Henner-Fehrs hat in dem Letter einen Artikel über Weblogs geschrieben und ein paar Pros und Contras aufgezählt. Ich finde die Pros zum Teil etwas halbherzig, denn einen Blog zu führen, um in den Suchmaschinen besser abzuschneiden oder um sich ein innovatives Image zu verpassen, ist in meinen Augen ein völlig unverhältnismäßiger Aufwand. Meines Erachtens gibt es nur einen einzigen Grund, der den Aufwand rechtfertigt, einen Blog zu führen und das ist das echt gemeinte Bedürfnis, auf gleicher Augenhöhe mit seinen Besuchern und Fans zu kommunizieren. (Im Artikel wird das unter dem Punkt »persönliche Beziehung« angerissen.) Mir ist nicht bekannt, dass das bei Theatern oder Museen bisher irgendwo gelänge. In der Regel ist es auch nicht gewollt und man verfolgt eher den Anspruch, sein Publikum »zu erziehen« und beklagt sich dann beim notwendigen Misslingen dieses Vorhabens über die Ignoranz. Tja, man sieht den Splitter im Auge des anderen, aber nicht den Balken im eigenen.

  • Nochmal Grundeinkommen

    Nachdem ich das außerordentlich empfehlenswerte Wir nennen es Arbeit jetzt durchgelesen habe, habe ich angefangen Einkommen für alle von Götz Werner zu lesen. Ebenfalls ein sehr interessantes Buch, lange nicht so gut geschrieben wie »Wir nennen es Arbeit«, dafür inhaltlich vielleicht noch etwas spannender.

    Werners Grundgedanke ist, dass immer weniger Arbeitskräfte benötigt werden, um alles, was eine Volkswirtschaft wie Deutschland braucht, herstellen zu können. Gleichzeitig basiert die Teilnahme an der Volkswirtschaft aber darauf, dass man arbeitet, weil man nur so Einkommen erzielt (Ausnahmen bestätigen die Regel). Deswegen fordert Werner die Entkoppelung von Einkommen und Arbeit und verspricht sich davon die Freisetzung eines enormen kreativen und sozialen Potenzials, weil man frei ist, zu tun, was man tun möchte.

    Grundsätzlich bin ich immer skeptisch bei solch umwälzenden Vorschlägen, zumal ich mich der Ansicht nicht anschließen kann, in Deutschland laufe zur Zeit alles furchtbar schief. Sicher ist vieles nicht perfekt (so wie in der Schweiz 😉 ), aber man sollte sich doch auch immer klar machen, dass man wirklich auf extrem hohen Niveau jammert. Trotzdem: Die Idee vom Grundeinkommen gefällt mir, vielleicht, weil sie nicht als wichtigtuerisches politisches Programm verkündet wird, sondern als eine Vision davon, was unsere Gesellschaft langfristig ausmachen soll. Eine Frage, die sich die Politik aufgrund ihres engen Vierjahres-Horizonts so gut wie nicht stellt. (Klimaziele bis 2050 liegen zwar außerhalb des Horizonts, sind aber als Vision etwas fade.)

  • Neureich

    Dank 1000 gesammelter bahn.bonus-Punkte durfte ich gestern 1. Klasse in die Schweiz reisen. Ich saß im Abteil mit einem neureichen Proletenpärchen, das die ganze Zeit »King of Queens«-DVDs auf einem ultraschicken portablen DVD-Player guckte. Er machte den Eindruck, als hätte er mit einer Muckibude oder einem Proletentoaster oder beidem unerwartet viel Geld verdient, das ihm eigentlich gar nicht so gut zu Gesicht steht. Sonst hätte er sich kein Ofenbaguette bestellen dürfen mit der Begründung: „Mal sehen, wie das schmackofatzt.“ Hat offenbar gut geschmackofatzt, so wie er es dann manierenfrei weggemampft hat.

  • Moskau Tscherjomuschki

    Gestern war ich das erste Mal seit ziemlich genau 11 Monaten wieder in Oldenburg im Theater. Aber es kam mir vor, als sei es erst vorgestern gewesen. Das klingt natürlich furchtbar floskelig, aber es war wirklich so. Alles ganz vertraut und so. Obwohl natürlich auch einiges anders ist mittlerweile, überall z.B. große grüne „Os“ in der Gegend rumstehen und an den Wänden hängen.

    Zu sehen gab es »Moskau Tscherjomuschki« von Schostakowitsch in einer Inszenierung von David Herrmann. Der war letzten Sommer so ungefähr direkt von den Salzburger Festspielen nach Oldenburg gereist, um das Stück dort als Eröffnungspremiere im Musiktheater herauszubringen. Auch wenn zu meiner Zeit keine Salzburger Festspiel-Regisseure inszeniert haben, konnte ich einen Qualitätssprung nach oben nicht ausmachen. Denn dafür, dass die Musik richtig fetzt, war die Inszenierung ziemlich flau. Beispiel: Bei der wilden Autofahrt durch Moskau schaukelten die Sänger gemütlich in Skiliftsesseln in den Schnürboden. Für sich genommen kein schlechter Effekt, aber für diese Situation nicht passgenau. Allerdings muss man auch sagen, dass die Handlung einfach nicht sonderlich viel hergibt: Eine Reihe von Leuten bezieht frisch gebaute Plattenbauten im Moskauer Vorort Tscherjomuschki (Kirschgarten); der eine und die kommen sich näher und es gibt ein paar Streitigkeiten mit Hausbesitzer und -meister. Sehr wohl was hergeben tut aber die quirlige, ironische, aber äußerst eingängige und effektvoll instrumentierte Musik. Das Überdrehte und Groteske, die krachend-pompösen Märsche, mit denen der bürokratische Apparat parodiert wird, das rührend Sentimentale, mit dem das banale Streben nach ein bisschen privatem Glück in Form einer kleinen Plattenbauwohnung portraitiert wird – all das blieb in der Inszenierung allerdings verschenkt.

    P.S.: Für das neue Spielzeitheft wurden übrigens einige Änderungen am Corporate Design vorgenommen, weswegen es jetzt sehr viel besser aussieht als das letzte Heft. Auch der neue Spielplan ist nun Oldenburg-adäquater, mit nicht mehr fast ausschließlich Opern des 20. Jahrhunderts im Musiktheater sondern einer guten Mischung aus Repertoire-Schlagern und seltener gespielten Werken. Tja, manche Erfahrungen muss wohl jeder selbst machen… 😉