Christian Holst

Kulturmanagement :: Digitale Transformation :: Künstliche Intelligenz


Kategorie: Reisen

  • Neureich

    Dank 1000 gesammelter bahn.bonus-Punkte durfte ich gestern 1. Klasse in die Schweiz reisen. Ich saß im Abteil mit einem neureichen Proletenpärchen, das die ganze Zeit »King of Queens«-DVDs auf einem ultraschicken portablen DVD-Player guckte. Er machte den Eindruck, als hätte er mit einer Muckibude oder einem Proletentoaster oder beidem unerwartet viel Geld verdient, das ihm eigentlich gar nicht so gut zu Gesicht steht. Sonst hätte er sich kein Ofenbaguette bestellen dürfen mit der Begründung: „Mal sehen, wie das schmackofatzt.“ Hat offenbar gut geschmackofatzt, so wie er es dann manierenfrei weggemampft hat.

  • Große kleine Welt

    Der Flughafen Bremen muss ein Millionengrab erster Güte sein. Da ist nie nennenswert was los und es wirkt immer ausgestorben. Montags morgens, Freitags abends – immer. Keine Spur von internationalem Flair wie in München. Für einen als Fluggast ist das natürlich durchaus angenehm, wenn man aus der Straßenbahn steigt und 10 Minuten später am Gate ist. Aber für die Betreibergesellschaft muss es ein furchtbares Minusgeschäft sein, das nur aufgrund enormer Subventionszahlungen noch nicht eingestellt worden ist. Immerhin hat der Flughafen irgendeinen Preis irgendeiner Wirtschaftszeitung als bester Business-Flughafen Deutschlands erhalten.

    Ich fand es gestern sehr witzig, wie am Bremer Flughafen auf große Welt zu machen versucht wurde, indem man mit einem Bus vom Rollfeld zum Gate gefahren wurde. Geschätzte Distanz ca 35m. In München fährt man dagegen kurz auf die Autobahn und ist 5-10 Minuten unterwegs.

  • Internationales Flair

    Diese Zeilen schreibe ich, unter Palmen sitzend und internationales Flair atmend, am Münchner Flughafen. Nachdem ich festgestellt habe, dass die Telekom sage und schreibe 8 EUR für eine Stunde W-Lan-Bereitstellung am Abflugsbereich am Terminal verlangt (gleiche Preise wie in der Bahn) habe ich mich in die Lounge des Kempinski verkrümelt, wo ich so ins Netz komme. Gut, ich muss natürlich Getränke konsumieren und bei den Preisen ist das W-Lan auf jeden Fall einberechnet. Aber der Service ist großartig, ausgesprochen aufmerksam und zuvorkommend, die Palmen auch nicht zu vergessen. Und wenn man sich nicht über den Tisch gezogen fühlt, dann ist es auch okay wenn es etwas kostet.

    Der Münchner Flughafen ist wirklich faszinierend, weil er so groß und so neu ist. Und weil er einfach irgendwo in den Sumpf gebaut ist und aus der Ferne wie eine futuristische Kleinstadt aussieht. Wirklich cool.

  • 24

    Wie gesagt habe ich mir neulich die erste Staffel von 24 gekauft. Die Serie hat einen enormen Suchtfaktor. Die erste Folge ging noch etwas plänkelich los, ich war fast schon in Versuchung, doch erstmal lieber die NEON zu lesen. Aber ab ca. 25 Minuten hat es mich echt gepackt und ich habe mir die ersten acht Folgen am Stück reingezogen. So verging die Bahnfahrt fast wie im Fluge. Es ist wirklich gut gemacht, immer wieder neue Wendungen, die man zwar irgendwie kommen sieht und ahnt, die dann aber doch immer noch etwas Überraschendes haben.

    Kiefer Sutherland erinnert mich irgendwie an Johannes B. Kerner, vielleicht weil beide so »normal« rüberkommen. Sutherland aber sympathischerweise ohne dabei gewöhnlich zu wirken. Also prädikat: sehr empfehlenswert, aber es macht eben süchtig.

  • Mehr Luft

    Vor ein paar Tagen habe ich als Valentino Yiyuan meine ersten Gehversuche im Second Life gemacht. Jetzt mit neuem, schnellen Rechner ging das endlich mal. Mit dem alten Ding hatte ich es zwar einmal kurz versucht, aber das hat einfach keinen Spaß gemacht.

    Es ist genau so, wie man immer liest: Man führt sinnfreie Unterhaltungen und gleich auf der Orientation Island wurde ich von einer französischen Nymphomanin sexuell belästigt. »How to have sex in second life« fragte sie mich zuerst, dann verfolgte sie mich eine Weile und sagte irgendwann »I want you« und forderte mich schließlich auf: »Look at my breast!«.

    Dabei fällt mir ein, dass ich neulich eine echt heiße Nacht im CityNightLine hatte. Die Klimaanlage war nämlich kaputt. Das war ziemlich entsetzlich und ich habe lange Zeit kein Auge zugemacht. Und wenn ich gerade einigermaßen weggedämmert war, schreckte ich mit dem panikartigen Gefühl wieder hoch, keine Luft mehr zu bekommen.

    Dass man im Second Life sich einfach in die Luft schwingen und fliegen kann ist da schon ein nicht zu verleugnender Vorteil gegenüber dem »Real Life«. Ansonsten ist die Kritik nicht von der Hand zu weisen, dass sich die Entwickler recht fantasielos am Real Life orientiert haben. Martin Oetting stellt die naheliegende Frage, warum der Tatsache nicht Rechnung getragen wird, dass die Leute fliegenderweise das Haus aufsuchen, z.B., indem die Häuser vogelhausartige Eingänge bekommen.

  • Party

    Auf der Fahrt nach Bern habe ich einen Zwischenstopp in Essen gemacht. Scotty ist 30 geworden und halb Essen war da. Nicht nur Essen, die Leute kamen von überall her, Bremen, Bamberg, Berlin, Marburg usw. Also feiern kann er noch, der alte Sack.

    Die Bahnfahrt war ziemlich chaotisch. Verspätung, verpasste Anschlüsse, verpasste Reservierungen. Die schlechte Beratung der Zugbegleiterin fand ich allerdings aufgrund des charmanten holländischen Akzents, in dem sie erteilt wurde, verzeihlich.

    Im Zug habe ich Der Pate II gesehen. Fand ich allerdings nicht ganz so großartig wie den ersten Teil. Vielleicht weil die Grundatmosphäre des Films diesmal keinen Neuigkeitswert mehr hatte. Trotzdem natürlich ein sensationelles Epos. Und was ist Al Pacino für ein unglaublicher Typ! Genial! Robert de Niro dagegen – na ja.

  • Zeitung lesen

    Die Strecke Bremen – Bern dauert acht Stunden im Zug, wenn man Pech hat länger. Man hat also Zeit ohne Ende. Die ZEIT ist daher allein wegen ihres Umfangs eine gute Lektüre für lange Bahnfahrten. Aber natürlich vor allem, weil sie eine anständige Zeitung ist. Manchmal vielleicht ein bisschen blasiert und manchmal ist die phlegmatische Weitschweifigkeit etwas anstrengend, aber sei’s drum.

    Ich verstehe nicht, warum man eine Tageszeitung lesen sollte. Da stehen immer die Sachen drin, die man schon seit dem vorigen Abend aus den Nachrichten weiß. Für die meisten Nachrichten reicht es sogar, die Schlagzeilen von der GMX– oder web.de-Startseite zu lesen. Mehr als dass Herr Stoiber mal wieder in Sachen Gesundheitsreform querschießt muss man doch gar nicht wissen – wenn überhaupt. Aber mit dem Wortlaut und den Erwiderungen von Frau Schmidt, Frau Merkel, Herrn Beck und Herrn Westerwelle füllen die Redaktionen der Tageszeitungen dann ihre Seiten. In meinen Augen alles eitles Geplänkel.

    Die ZEIT dagegen verfolgt in der Tendenz eher den großen Bogen in der Stimmungslage der Nation und beleuchtet deren Hintergründe in sorgfältig abwägenden Besinnungsaufsätzen. Dabei kommt ein breites Spektrum an Meinungen und Haltungen zu Wort. Das macht ihre Anständigkeit aus und unterscheidet sie wohltuend von z.B. dem agitatorischen Tonfall des Spiegels und den simplen Weisheiten, die der Focus in griffigen Diagrammen unters Volk bringt.

  • Pünktlich

    Für die Bahnfahrt von Basel nach Hamburg am vergangenen Freitag hatte ich schon die schlimmsten Befürchtungen: Freitags ist eigentlich immer etwas, genauso wie Sonntag abends – meinen bevorzugten ICE-Reisezeiten. Am Freitag vor Weihnachten standen die Chancen auf einen »Horrortrip« meiner Einschätzung nach besonders gut. Aber weder war der Zug hoffnungslos überfüllt, noch bestätigten sich meine Befürchtungen. Dabei verhieß es zunächst nichts Gutes, dass der Zug in Basel wegen »zu später Bereitstellung« bereits mit einer Verspätung von 10 Minuten losfuhr. Schließlich war das schon mal eine wenig originelle Begründung, dabei ist die Bahn normalerweise nie um eine gute Erklärung verlegen: »Im Streckenabschnitt vor uns ist zur Zeit Stromausfall, die Weiterfahrt verzögert sich daher um unbestimmte Zeit«, »Wegen der Unwetter liegen auf der Strecke zwischen Köln und Düsseldorf Bäume auf den Schienen. Dieser Zug wird daher umgeleitet«, »Leider ist der Triebkopf defekt. Auf der Weiterfahrt können wir maximal 150 km/h erreichen, wir erreichen Frankfurt daher voraussichtlich mit 40 Minuten Verspätung«, »der Schaden am Triebkopf ist größer als bisher angenommen. Dieser Zug muss leider ausgesetzt werden. Im Bahnhof Göttingen steht ein Ersatzzug bereit« usw. Am Freitag trat jedoch der unwahrscheinliche Fall ein, dass der ICE die zehn Minuten bis nach Hamburg komplett wieder rausholte und ich beschämt ob meines Pessimismusses am Hauptbahnhof ausstieg. Ich war sogar so pünktlich, dass ich noch eine U-Bahn früher als geplant nehmen konnte.

    In diesem Sinne: Frohe Weihnachten!