Ausweg aus dem Museum?

Veröffentlicht von Christian Holst am

»Wir verehren Altes, nur weil es alt ist.« ist eine zentrale These eines Essays aus der Zeit vom 3.1.08 (Siehe auch Kulturmanagement-Blog und Kulturblog.ch). Warum das Berliner Stadtschloss originalgetreu wieder aufgebaut werden soll, gar nicht mal nur konserviert, sondern komplett neu wieder aufgebaut, das verstehe ich tatsächlich auch nicht. Aber ansonsten glaube ich doch eher, dass wir Altes verehren, weil es gut und verehrungswürdig ist. Was überdauert hat, ist ja nur die Spitze eines Eisberges alter Kunst, von dem sich der weitaus größte Teil unter der Wasseroberfläche befindet, soll heißen: verworfen und vergessen ist. Es ist auch nur ein verschwindend kleiner Teil verglichen mit dem, was an zeitgenössischer Kultur rezipiert wird. Zu glauben, diese fände im Museum oder im Theater statt, ist fast ein bisschen rührend. Wer geht schon ins Museum?

Einen »Ausweg aus dem Museum«, wie Blom das nennt, muss deswegen nur der suchen, der selbst in alten Kategorien denkt und nicht merkt, dass der Botticelli von heute möglicherweise Modefotograph ist und kein Maler und die heute bedeutenden Dramatiker nicht mehr für das Theater schreiben, sondern »Star Wars« oder »2001: A Space Odyssey« und anderes drehen und gedreht haben. Wer im Theater das wirklich »Heutige« sucht, wird dort deswegen trotz allen Regietheaters nicht fündig werden. Das Theater war das authentische Medium von Shakespeare, Schiller, Verdi und anderen. Heute ist es als Institution selbst Museum und als solches hat es seine Nische verdient. Museen freilich auch, aber die machen in der Regel auch keinen Hehl draus, dass es bei ihnen Altes zu sehen gibt.


4 Kommentare

Christian · 17. Januar 2008 um 20:48

„Altes“ sollte durchaus seinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Problematisch ist in meinen Augen aber, wenn die Haltung „Früher war alles besser“ immer stärker um sich greift.

holstblog · 30. Januar 2008 um 20:19

Sorry, dein Kommentar wurde von Akismet abgefangen, was ich erst jetzt entdeckt habe. Zu deiner Anmerkung: Ja, das ist richtig. Die Schwierigkeit aktuelle Kultur zu rezipieren besteht aber auch darin, dass wir noch nicht wissen, was gut ist und bleibenden Wert haben wird. Bei „Don Giovanni“ wissen wir, dass wir auch bei einer schlechten Inszenierung immerhin schöne Musik hören werden. Weil es von dem Alten einen etablierten Werkekanon gibt, entsteht leicht der Eindruck, es sei „alles“ besser gewesen. In Wirklichkeit ist es nur übersichtlicher.

Internationaler Museumstag: Revolution verschlafen | das Kulturblog · 2. März 2008 um 19:55

[…] Artikel: Ausweg aus dem Museum? Hinzufügen bei: Diese Icons verzweigen auf soziale Netzwerke bei denen Nutzer neue Inhalte […]

Kultur ist unkaputtbar | Kulturblogger · 13. April 2008 um 17:22

[…] anderen, weil kulturelle Innovationen heute nicht aus Kultureinrichtungen kommen, sondern aus Wirtschaftsunternehmen. Die Geschichten über das Leben im 21. Jahrhundert, die […]

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