Bettina Fraschke, die Kulturredakteurin der Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen (HNA), hat kürzlich ein Interview mit mir geführt, das jetzt auch online steht. Thema sind digitale Kommunikationsstrategien von Theatern. Viel Spaß beim Lesen!
Schlagwort: Theater
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Vergütungsumfrage von theaterjobs.de
Gerade stieß ich auf eine Vergütungsumfrage unter sogenannten «Theaterschaffenden», die es amtlich macht: am Theater wird man nicht reich – zumindest nicht reich an Geld. Durchgeführt wurde die Umfrage von theaterjobs.de. In der Auswertung werden verschiedene Berufsgruppen am Theater in Hinblick auf einige Kriterien wie den mittleren Verdienst, Einkommensunterschiede bei Männern und Frauen und selbständige und unselbständige Beschäftigungsverhältnisse untersucht. Die Ergebnisse kommentiert Sören Fenner, Geschäftsführer von theaterjobs.de, wie folgt:
Unsere befragten Theaterleute verdienen wenig, haben unsichere Beschäftigungsverhältnisse und Frauen verdienen deutlich weniger als Männer. Gleichzeitig werden auf dieser Basis Inszenierungen produziert, die ethische Grundwerte wie Gleichheit, Gerechtigkeit und Verantwortung an ihr Publikum vermitteln. Wie passt das zusammen?
Ulf Schmidt hat diesen Widerspruch einmal mit den Worten vom «Theater als moralischer Anstalt und unmoralischem Unternehmen» auf den Punkt gebracht. Dass die Zahl der deutlich schlechter bezahlten Freiberufler in den letzten Jahren rasant gestiegen ist, passt da nur ins Bild.
Leider lässt sich aus der Auswertung der Umfrage nicht viel mehr ablesen, als ebendiese wenig überraschenden Feststellungen. Und richtiggehend unsinnig wird es bei der Bewertung der Einkommensunterschiede von Männern und Frauen. Hier wird der gleiche Fehler gemacht wie beim Gender Pay Gap, der angeblich über 20 % betragen soll, wenn sauber gerechnet wird aber nur 2% beträgt: In der Umfrage wurde offenbar weder nach dem Arbeitspensum (Vollzeit, Teilzeit?) noch nach Hierarchiestufe und Karrierelevel (Führungs- oder Budgetverantwortung?) oder Berufserfahrung gefragt. Dementsprechend mangelt es den Zahlen an Aussagekraft. Bei den freiberuflich arbeitenden Autoren scheint die Schere besonders groß zu sein: Laut der Umfrage erhalten weibliche Autoren nur 43% des Stundenlohns männlicher Kollegen. «Negativrekord in Sachen Geschlechtergerechtigkeit» heißt es dazu. Eine Aussage, die nur Sinn ergeben würden, wenn ein und derselbe Auftraggeber diese unterschiedlichen Stundenlöhne zahlen würde. Wenn es sich zum Beispiel zeigen würde, dass weibliche Autoren eher für die freie Szene schreiben und männliche Autoren eher für die öffentlich finanzierten Häuser, dann wäre der Pay Gap schnell erklärt. Am Ende überwiegt doch der Eindruck, dass am Theater nur wenige bekommen, was sie verdienen und ein mehr oder weniger großer Teil des Lohn in Form unsicherer Hoffnung auf Selbstverwirklichung ausgezahlt wird.
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Zum Lachen: Whatever works
Eigentlich strotzt
Addy WoollensWoody Allens neuer Film «Whatever works» nur so vor zwar vorhersehbaren, aber eigentlich an den Haaren herbeigezogenen Wendungen: Ein alter, einsamer Misanthtrop (Seinfeld-Erfinder Larry David) nimmt eine hübsche, junge, ziemlich naive Ausreißerin bei sich auf. Die beiden heiraten sogar. Irgendwann taucht deren äußerst fromme Mutter auf, die kürzlich von ihrem Mann verlassen wurde, wenig später der ebenso fromme, reuige Ehemann. Kaum der bigotten Enge ihres Provinzdorfs ins weltoffene New York entflohen, machen beide eine ganz erstaunliche Entwicklung durch. Nebenbei versucht die Mutter hartnäckig ihre verheiratete Tochter anderweitig zu verkuppeln. Am Schluss, und das ist ja irgendwie die Hauptsache, hat aber jeder irgendjemanden und man feiert zusammen Silvester.Es ist sicher nicht die Geschichte, die den Film so sehenswert macht. Es ist einerseits der typische Humor, andererseits der virtuose Umgang Woody Allens mit dem Medium Film, das ironische Spiel mit dramatischen Floskeln und Kniffen, der Metablick aufs Geschehen. Einmal mehr ein Beweis, dass die großen Dramatiker unserer Zeit nicht mehr für das Theater schreiben. Dabei eignet sich der Film mit wenigen Protagonisten und Schauplätzen perfekt für die Bühne und wird früher oder später sicher seinen Weg dorthin finden. Aber es eben doch erst einmal ein Film. Hier der deutsche Trailer zum Film:
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Kultur ist eben doch Luxus
Kürzlich hörte ich ein Interview mit Hortensia Völkers, der Geschäftsführerin der Kulturstiftung des Bundes, in dem es u.a. um die Frage ging, warum die traditionellen Kultureinrichtungen so wenig junges Publikum haben. Völkers meinte, ein Problem läge darin, dass junge Leute in der Schule nicht mehr vermittelt bekommen, ins Theater, ins Konzert, ins Museum zu gehen.
Diese Diagnose ist sicher nicht falsch und der Grund dafür, warum ein Education-Programm mittlerweile in den Werkzeugkasten eines jeden Intendanten gehört. Ich glaube aber, dass sie unvollständig ist. Denn das Hauptproblem der traditionellen Kultureinrichtungen ist eher ein strukturelles. Die Anzahl der kulturellen Angebote ist in den letzten Jahren immens gestiegen oder, aus Sicht der Kultureinrichtungen formuliert, die Konkurrenz hat stetig zugenommen. Das wiederum führt dazu, dass die Rezipienten anspruchsvoller und exklusiver in ihrem Geschmack geworden sind. Durch die Verfügbarkeit kultureller Inhalte im und via das Internet, greift auf hier das Long-Tail-Prinzip, d.h. Rezipienten finden ihre Nischen und das ganz speziell auf ihren individuellen Geschmack abgepasste Angebot. Dadurch, dass ein großer Teil des Angebots nicht direkt ersatzweise, sondern zusätzlich rezipiert wird – mobile Endgeräte machen es möglich – vollzieht sich dieser Strukturwandel immerhin allmählich.
Ein weiteres Problem der traditionellen Kulturangebote ist, dass sie über nicht massentaugliche Medien vermittelt werden. Das macht sie teuer. Die Kosten, die die Aufführung eines Theaterstücks verursacht, umgelegt auf die Anzahl der Personen, die es sehen, sind weit höher als die der Vorführung eines Blockbusters. In dem einen Fall erreicht man üblicherweise einige tausend Leute, in dem anderen Fall einige Hunderttausende oder sogar Millionen. Wo es dem Film nicht reicht, fließen auch für ihn öffentliche Förderungen. (Dass dieses Argument allein nicht trägt, sieht man daran, dass Fernsehen und Zeitschriften auch mit rückläufigen Zuschauer- bzw. Leserzahlen zu kämpfen haben, obwohl dieses Problem für sie nicht, oder weit weniger gelten dürfte.)
Und schließlich, diesen Gedanken formuliere ich hier nicht zum ersten Mal, streben Theater, Museen, Orchester und andere Einrichtungen eine permanente inhaltliche Erneuerung mit recht begrenzten, anachronistischen Mitteln an – Museen haben da noch die besten Möglichkeiten. Insgesamt setzt das der Kreativität und Originalität aber enge Grenzen. Im Fall Theater: Das Gros der Inszenierungen, die es auf deutschen Bühnen zu sehen gibt, sind verzweifelte Verdrängungsversuche dieser banalen Erkenntnis.
Für die meisten traditionellen Kultureinrichtungen heißt das über kurz oder lang, wenn man sie am Leben hält, dann deshalb, weil sie «Weltkulturerbe» sind oder solches ent- und erhalten. Antje Vollmer hat vor einiger Zeit mit dem Vorstoß, die deutsche Theaterlandschaft zum Weltkulturerbe zu erklären, viel Schimpf und Spott abbekommen, obwohl es genau darum geht. Die Erfahrung in anderen, ebenfalls durchaus kulturbeflissenen Ländern zeigt, dass man nie im Leben so viele Theater braucht, wie Deutschland hat. Wenn man so viele Theater hat, dann weil man es will und weil diese Tatsache an sich etwas Besonderes ist. Das ist eine normative Entscheidung, die man wie Armin Klein «strukturkonservativ» schimpfen mag. Allein, die Möglichkeiten der inhaltlichen Weiterentwicklung, der permanenten Selbstrechtfertigung sind zu klein, als dass Theater, Orchester oder Museen aus sich heraus ihren Fortbestand sichern könnten. Auch wenn es keiner hören mag: sie sind strukturkonservativ, sie sind Museen (ja, auch die Theater!). Das wird in den kommenden Jahren mehr und mehr deutlich werden und sich immer mehr in der Frage zuspitzen: Wie viel alte Kultur wollen wir noch? Kultur ist entgegen anders lautender populärer Slogans zumindest in dieser institutionalisierten Form eben doch ein Luxus.
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Kulturdatenbank (Best practice VII)
Wer in Berlin ins Theater gehen möchte, steht vor der Qual der Wahl, sich aus dem Angebot von 46 Bühnen mit oftmals täglich wechselndem Programm etwas dem Geschmack und den Vorlieben Gemäßes aussuchen zu müssen. Bei gründlicher Recherche läuft dieses Unterfangen Gefahr, länger zu dauern, als der Theaterabend selbst, zumindest solange man nicht auf den Online-Theaterspielplan berlin-buehnen.de zurückgreift. Auf dieser Webseite werden nämlich die Spielpläne aller Berliner Theater mitsamt Besetzung, Fotos und Inhaltsangaben zusammengeführt. Über eine einfache Abfrage lassen sich die Daten z.B. nach Sparte oder Datum filtern, über die Suchanfrage erfährt man, wann und wo der Lieblingsschauspieler zu sehen ist, so dass man das Angebot schnell auf ein überschaubares Maß eingedampft hat und eine informierte Entscheidung treffen kann.
Technisch fusst die Seite auf der Kulturdatenbank. Eine Datenbank, deren Einsatz grundsätzlich jeder Kultureinrichtung zu empfehlen ist, weil sich mit ihr auf einfachste Weise der eigene Spielplan verbreiten und mit einer Reihe von weiteren Services (Ticketkauf, Stadtplan, Bahnanreise etc.) verknüpfen lässt. Auf diese Weise profitieren nicht nur die Besucher selbst davon, sondern ebenso z.B. die Medien oder Partner aus dem Tourismus. Auch für größere Bundesländer (s. nrw-buehnen.de) oder deutschlandweit für einzelne Kunstformen kommt die Datenbank mittlerweile zum Einsatz.
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Mediendarwinismus
Mittlerweile habe ich einige Einträge darüber geschrieben, dass ich das Theater für ein antiquiertes Medium halte, das ungeeignet ist, heutige Stoffe und Themen angemessen zu reflektieren. Bei aller Sympathie für diese These, bleibt mir doch die Frage, warum dieser Umstand zwar für das Theater, aber nicht für andere alte Medien, Bücher zum Beispiel, gelten soll. Zwar gibt es vielleicht den ein oder anderen, der den Bedeutungsverlust des Buches bzw. dessen weitreichende Ablösung durch digitale Textspeicher ebenso kommen sieht. Trotzdem glaube ich nicht, dass das Buch so bald zu einem medientechnologischen Museumsstück wird, wie das Theater.
Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen ist die Reichweite eines Mediums entscheidend. Durch die Allverfügbarkeit von Inhalten, den die Digitalisierung mit sich gebracht hat, geraten die alten Medien unter Druck. Medien, die keine Reichweiten erzielen, werden teuer und unrentabel. Bücher sind hier weit weniger anfällig als Theater, die ortsgebunden sind oder deren Mobilität zumindest einen hohen logistischen Aufwand nach sich zieht.
Der andere Grund ist, dass ein Buch keine anderen rezeptiven Anforderungen als ein digital gespeicherter Text stellt. Ob man Goethes Faust lieber als Reclam-Heft oder lieber bei Gutenberg liest, ist vor allem eine Geschmacksfrage. Verstehen kann man den Text in beiden Fällen gleich gut oder schlecht, weil man die gleichen Buchstaben liest und kognitiv verarbeitet. Der Film hingegen hat es gegenüber dem Theater wesentlich leichter, das «Als-ob» zu vermitteln, die illusorischen Möglichkeiten sind um ein Vielfaches größer. Dem kann das Theater nur die Interaktion entgegensetzen und vielleicht noch die Einmaligkeit des Moments, wobei weder das eine noch das andere zwangsläufig ein Qualitätsversprechen bedeutet. (Man denke an Stadelmeiers legendäre Begegnung mit dem interaktiven Theater oder die uninspirierten Repertoirevorstellungen, in denen man schon so saß). Und wahrscheinlich ist es auch nur noch eine Frage von ein paar Jahren, bis der Film auch diese «Unique Selling Propositions» in perfekter Illusion nachbilden kann.
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Liebenswerter Anachronismus
Die Frankfurter Rundschau berichtet über den Trend an deutschen Bühnen, erfolgreiche Romane wie Feuchtgebiete oder Tintenherz zu Theaterstücken umzuarbeiten (Irgendwo gab es doch bestimmt auch schon eine Bühnenfassung von Harry Potter!?). So hat man nicht nur eine Uraufführung zu vermelden, die eine gesunde Verankerung in der Jetztzeit nahelegt, sondern auch die Hoffnung, trittbrettfahrend von dem Erfolg des Buches zu profitieren. Natürlich ist das durchaus legitim. Aber es ist auch eine weitere Bestätigung für meine schon öfters geäußerte These, dass das Theater längst nicht mehr das Medium gesellschaftlicher Selbstreflexion und Vordenkerei ist, sondern ein liebenswerter Anachronismus, der künstlerischen und unterhalterischen Trends nur mehr nachjagt. Das hat natürlich auch mit Geld zu tun. Warum sollte ein herausragender Dramatiker für das Theater schreiben, wenn er beim Film/Fernsehen ein Vielfaches verdient?
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Warum das Theater?
Christian Henner-Fehr warf neulich die Frage auf, welches die Aufgaben von Theatern heutzutage seien. Moralische Anstalten, wie Schiller und einige andere gefordert hatten, seien es ja nicht mehr. Ich wäre mir da nicht so sicher. Bis heute wird am Theater moralisiert, was das Zeug hält. Sicher formuliert man nicht mehr ganz so pathetisch, dass man »zur Veredelung der Sitten« beitragen möchte, aber die Hoffnung, das Theater möge die Besucher als etwas bessere Menschen wieder entlassen ist ungebrochen. Das Theater sieht sich nach wie vor als Instanz, die die Gesellschaft an ihre eigenen Grundsätze gemahnt, ihr »den Spiegel vorhält«, wie es immer so schön heißt, den Finger in die Wunden legt, verstört, unbequeme Fragen stellt und unser (musik-)dramatisches Kulturerbe dahingehend befragt, was es denn heute noch zu sagen habe.
Versteht man den Theaterbetrieb als Gesellschaft im Kleinen, muss einem das ziemlich selbstgerecht vorkommen, da sich hier viele Errungenschaften noch nicht durchgesetzt haben, die gesellschaftlich völlig selbstverständlich sind. Kaum irgendwo gibt es noch derart hierarchische, im Wesen feudalistische Organisationsstrukturen und Arbeitsbedingungen, kaum irgendwo sonst sind Personen und Posten so eng miteinander verknüpft, kaum irgendwo sonst herrschen derart anachronistische Arbeitsstrukturen (ein Theaterbetrieb ist ja praktisch das Abbild eines mittelalterlichen Dorfes, in dem die unterschiedlichsten Handwerkszünfte in direkter Nachbarschaft zueinander existieren), kaum eine Branche, in der die Arbeitstechnik sich so langsam und wenig weiter entwickelt hat, wie im Theater. Die Beleuchtung, die Bühnen- und Tontechnik mögen besser und sicherer sein als noch vor fünfzig oder hundert Jahren. Im Grunde wird am Theater aber noch immer genau so gearbeitet, wie zu der Zeit, als man in Pferdekutschen statt im ICE reiste. Für das Musiktheater bezieht sich diese Diagnose nicht nur auf den Apparat, sondern genauso auf das Repertoire: die einigermaßen regelmäßig gespielten Opern, die jünger als 100 Jahre sind, kann man an einer Hand abzählen.
Ausgerechnet ein Medium, das sich seit Jahrhunderten praktisch nicht weiter entwickelt hat, soll nun also in besonderer Weise unsere heutige Wirklichkeit reflektieren und hinterfragen können? Diese Vorstellung halte ich für ebenso naiv, als würde man wieder Tieropfer darbringen, um die nächste Naturkatastrophe abzuwenden und so abwegig, als würde man die Bedienungsanleitung für einen DVD-Player mit Keilschrift in Tontafeln ritzen. Die strukturellen Bedingungen am Theater erlauben nicht, den Zustand und die Komplexität der heutigen Gesellschaft glaubwürdig darzustellen und zu reflektieren, allein schon, weil es selbst weit hinter diesen Zustand zurückfällt.
In meinen Augen kann sich das Theater sträuben wie es will, es ist ein musealer Apparat der museale Inhalte und Weltdeutungen vermitteln kann. Was überhaupt nicht schlecht ist. Es bietet einfach eine Möglichkeit, große Kunstwerke aus unserem kulturellen Vermächtnis in dem ihnen gemäßen Medium wieder zu geben und damit zu bewahren. Oper auf DVD ist in aller Regel gähnend langweilig, deswegen braucht es dramatische Museen, in denen man diese altertümliche Kunstform weiterhin rezipieren kann. Bewahren und zugänglich machen – das sind einige der ehrenwerten Aufgaben, die Museen erfüllen. Mehr kann auch das Theater, das ja selbst Museumsstück ist, nicht leisten. Die Kunstwerke sind alt, der Apparat ist alt und beides wird auch durch alle Gewaltanwendung nicht »heutig«.
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Unrentabel, aber das effizient
Eigentlich ist es ziemlich uncool, die eigenen Witze zu erklären, aber für meinen gestrigen Twitter-Post waren 140 Zeichen doch etwas wenig. Deswegen noch ein paar ausführlichere Worte dazu.
Bevor die Sommerpause der Theater beginnt wird die vergangene Saison bilanziert, weswegen im ZDF-Theaterkanal-Feed zur Zeit eine Erfolgsmeldung die nächste jagt, alle mit dem Ziel die eigene Arbeit zu legitimieren. Die Semperoper zum Beispiel rühmt sich stolz als effizientestes Opernhaus Deutschlands mit einem Eigeneinnahmenanteil am Gesamtbudget von 47%. Boah! Ist im Vergleich mit anderen Opernhäusern tatsächlich eine beachtliche Leistung, üblich sind um die 15%. Aber in der Logik der Erfolgsrechnung, die hier angewendet wird, ist es ein katastrophales Ergebnis: nicht mal die Hälfte der Kosten wird selbst erwirtschaftet! Was in der PR-Rhetorik »am effizientesten« genannt wird, heißt also eigentlich nichts anderes als »am wenigsten unrentabel«.
Es ist eben die Frage, wie zweckmäßig es ist, sich auf diese Logik einzulassen. Klar, der Steuerzahler hat ein Recht zu wissen, was mit seinem Geld angestellt wird. Aber der deutsche Bundestag, die Schulen oder die Polizei legitimieren ihre Arbeit auch nicht mit solchen Kennzahlen. Aus gutem Grund.
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Fußballtheater: Gaga genug für Tagesthemen
Kultureinrichtungen haben es dieser Tage schwer gegen die EM. In der Host City Zürich mussten sogar Vorstellungen abgesagt werden. Also ist es ja für die Theater eigentlich ganz naheliegend, selbst auf Fußball zu setzen: Ein Schweizer Schauspieler spielt zum Original-Radiokommentar das EM-Spiel BRD gegen DDR (0:1) nach. Volle 90 Minuten rennt er auf dem ansonsten leeren Platz (keine Mitspieler, kein Ball) die Laufwege des Torschützen Jürgen Sparwasser nach. Das ist so gaga, dass es sogar in den Tagesthemen kam.