Best Practice II: Bayerische Philharmonie

Veröffentlicht von Christian Holst am

Die lebhafte Diskussion zu Armin Kleins »Der exzellente Kulturbetrieb« veranlasste mich zu der Behauptung, ich würde keine Kultureinrichtungen kennen, die so schlecht arbeiten würden, wie Klein es in seinem Buch als allgemeines Niveau suggeriert. Ich muss gestehen, dass mir mittlerweile doch zwei bis drei eingefallen sind, die wirklich ziemlich unprofessionell arbeiten. Trotzdem scheinen mir diese Negativ-Beispiele lange nicht so repräsentativ, wie Klein nahelegt und wie es auch in der Diskussion über das Buch immer wieder behauptet wurde. Deswegen habe ich mir vorgenommen, ab und an über Kultureinrichtungen zu schreiben, in denen mit klarem Ziel vor Augen etwas bewegt wird, wo neue Konzepte erprobt werden, neue oder gute alte Ideen Wirklichkeit geworden sind und die die unvergleichliche Vielfalt, Leistungsfähigkeit und vor allem auch Breitenwirkung des deutschen Kulturlebens veranschaulichen.

Ein Beispiel für solch eine ambitionierte Kultureinrichtung mit anspruchsvollem, stimmigem Konzept ist die Bayerische Philharmonie. Der Verein bietet ein umfassendes Angebot von der Vermittlung der Grundlagen des symphonischen Musizierens in der Kinderphilharmonie über Kammermusikkurse mit Solisten der drei großen Münchner Orchester und Professoren bis hin zu Orchesterakademien mit Dirigenten wie Sir Colin Davis, Zubin Mehta oder Esa-Pekka Salonen. Wer Profi-Musiker werden will, kann also seine gesamte Ausbildungszeit über in der Bayerischen Philharmoine Ensembleerfahrung sammeln: mit neun Jahren in die Kinderphilharmonie München, mit 14 ins Münchner Jugendorchester, mit 19 oder 20 in die Junge Münchner Philharmonie bis er oder sie dann mit 26 oder 27 eine Stelle in einem Profi-Orchester antritt, Lehrer wird oder was auch immer.

Aufgebaut hat das der Dirigent Mark Mast, der 1994 die Leitung des Münchner Jugendorchesters übernahm, damit aber nicht ganz ausgelastet war und das Programm in der oben beschriebenen Weise erweiterte, nebenbei aber auch noch Intendant des Schwarzwald Musikfestivals und der Sergiu Celibidache-Stiftung ist. Ein Kulturunternehmer also, wie ihn Armin Klein sich nicht besser hätte ausdenken können. 😉


3 Kommentare

Karin Janner · 14. November 2008 um 14:48

Gute Idee – statt immer nur zu motzen Best-Practice-Beispiele zu bringen 🙂

Mach doch eine Art Serie draus, die würde ich dann gerne verlinken!

Das Buch von Armin Klein liegt schon auf meinem Nachttisch – ich habe auch schon versucht, damit anzufangen, aber Mitternacht ist wohl doch etwas spät, um aufnahmefähig zu sein 😉

Aber es kommt noch, und irgendwann gebe ich dann auch meinen Senf dazu ab.
Auf jeden Fall lese ich es nach Deiner heftigen Kritik mit anderen Augen und achte auf andere Dinge als wenn ich es unvoreingenommen gelesen hätte…

CH · 14. November 2008 um 15:27

Ja, ich bin gespannt, was du zu dem Buch meinst. Habe mich mit meiner Kritik ja etwas allein auf weiter Flur gefühlt, weil die meisten die niederschmetternde Einschätzung von Klein im Grunde geteilt haben. Ich finde sie nach wie vor zu einseitig. Mir fallen mehr gute Kulturbetriebe ein als schlechte, was nicht heißt, dass dort immer alles rund läuft und kein Verbesserungspotenzial bestünde. Aber wo ist das denn schon der Fall? Wer Nörgeln will, findet immer und überall einen Grund.

Deswegen die kleine »Best practice«-Serie (hier zu Beispiel 1). Teil 0 gab es, wenn man so will, auch schon. Fürs Verlinken sag ich schon mal Danke!

Liedergalerie (Best practice) - Kulturblogger · 5. Dezember 2008 um 7:35

[…] weiteres schönes Beispiel für ambitioniertes Kulturunternehmertum ist die Liedergalerie, die 2003 von dem […]

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