Der miese Ruf des Kulturmarketings

Heute muss ich mal einen kleinen Rant über etwas schreiben, was mich seit einiger Zeit immer wieder aufgeregt hat. Und zwar ist das das ignorante Verständnis von Marketing, das im Kulturbereich erschreckend weit verbreitet ist. Nur zwei kleine Beispiele, die stellvertretend für eine fast schon epidemische Haltung stehen:

Neulich wurde ich von einem altgedienten Kulturfunktionär darüber belehrt, dass Marketing (also «meine» Disziplin) ja schön und gut sei, am Ende aber das Auftun von Geldquellen («seine» Disziplin) die Königsdisziplin des Kulturmanagements sei. Ich habe mir verkniffen zu sagen, dass man die Funding-Aufgaben im Kontext von Kulturmanagement zum Beschaffungsmarketing zählen kann und sie dort auch organisatorisch oftmals verortet werden. Wo da ein Widerspruch sein soll, habe ich jedenfalls nicht verstanden.

Das andere war ein eigentlich harmloser Satz in einem VAN-Artikel. Da stand: «Audience Development, Marketing und Imageaufbesserungen der Institutionen sind gut und wichtig, aber der Zweck von Musikvermittlung liegt nicht primär darin, gutes Bildmaterial für Hochglanzbroschüren zu liefern.» Ich bin mir natürlich im Klaren darüber, dass dieser Satz einfach locker flockig dahingeschrieben wurde und das Verhältnis von Musik(vermittlung) und Marketing in dem Artikel nicht das eigentliche Thema war. Aber er deutet dennoch auf ein sehr typisches Statusgerangel innerhalb vieler Einrichtungen und auf ein weit verbreitetes und äußerst unproduktives Missverständnis hin. (mehr …)

Mit 11 Studenten nach Hongkong: Praxisprojekt Content Marketing

Letzten Oktober war ich mit einem Jahrgang von Cast / Audiovisual Media-Studenten und zwei Dozenten-Kollegen in Hong Kong. Im Kurs „Social Media-Marketing und Content-Strategie“ durften wir im Auftrag der Stadt Zürich die Social-Media-Kanäle Zurich meets Hong Kong bespielen und vom gleichnamigen Städtefestival berichten. Ein tolles und spannendes Projekt, über das Weiterlesen…

2. Hamburger stARTcamp: Kultur in Interaktion

Am 21. September 2018 findet in der HafenCity Universität (HCU) das zweite Hamburger stARTcamp statt. Und zwar als stARTcamp+. Soll heißen, es ist nicht bloß ein stARTcamp, sondern eine Mischung aus Konferenz und Barcamp. Auf diese Weise wollen wir die Stärken beider Formate miteinander vereinen: Das Spontane, Unkomplizierte, Partizipative eines Barcamps mit der inhaltlichen Qualität und dem thematischen Fokus einer Konferenz. Konkret sieht das so aus, dass es zum Einstieg in den Tag zunächst drei Keynotes gibt und zwar von Kathrin Passig, Susanne Schuster und Jens Bley vom eCulturelab an der HCU. In diesen Keynotes soll der thematische Rahmen der Veranstaltung abgesteckt werden, der da lautet «Kultur in Interaktion – Co-Creation im Kultursektor». Kathrin Passig wird daher darüber sprechen, wie sich im eng getakteten Kultur-Alltag mit knappen personellen Ressourcen und  strengen Routinen noch Raum für Innovationen und Kreativität schaffen lässt. Vielleicht muss man nämlich gar nicht alles selbst machen. Susanne Schuster (Hauptsache frei) zeigt in ihrem Vortrag, wie digitale Medien und Algorithmen den ehemals passiven Theaterzuschauer zum Mitautoren des Abends macht. Und Jens Bley wird schließlich das Smartsquare-Projekt vorstellen, das als ein Beispiel für einen interaktiven Erlebnisraum einer Stadt steht, an dem nicht nur verschiedene Partner beteiligt sind, sondern auf dem jeder Besucher auch sein persönliches Erlebnis selbst mitkreiert.

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Die Elphi als Hamburgs «Eventbude»

Vor einiger Zeit hatte Ute Vogel auf Facebook eine Debatte darüber gestartet, ob es respektlos ist, am Ende von Aufführungen schnell zu verschwinden oder ob man nicht bis zum Ende des Applauses dableiben und klatschen sollte. Ich war und bin dafür, dass man auch gleich gehen darf, sei es, weil man auf Klo muss, einen Zug kriegen will oder den Abend in meditativer Stille nachklingen lassen möchte. Das muss nichts mit Respektlosigkeit gegenüber den Künstlern zu tun haben. Ich war allerdings eher auf verlorenem Posten mit dieser Meinung.

Letzte Woche musste ich an diese Diskussion denken, als ich ein Konzert von Nataša Mirković und Matthias Loibner im kleinen Saal der Elphi besuchte. Wenn es respektlos ist, direkt nach dem Ende des Konzertes zu gehen, fragte ich mich, was ist dann das richtige Adjektiv für das Verhalten des Publikums hier? (mehr …)

«Innovative Storytelling in Digital Media» an der HAW

Im gerade zu Ende gehenden Wintersemester hatte ich das Vergnügen, gemeinsam mit dem Dramaturgie-Professor und Storyteller aus Leidenschaft Wolfgang Willaschek und dem Fotografie-Professor Vincent Kohlbecher den Kurs Innovative Storytelling in Digital Media an der HAW Hamburg machen zu dürfen. Ein Kurs, der sehr viel Spaß gemacht hat, auch weil er ein schönes Beispiel für die Vorzüge interdisziplinären und interkulturellen Arbeitens ist. In jeder Gruppe waren Studenten verschiedener Fachbereiche sowie mindestens ein Austauschstudent. Aufgabe war es, auf Basis von Foto-Projekten von Studenten von Vincent Kohlbecher Geschichten zu entwickeln und mit digitalen Medien zu erzählen. Mehr Vorgaben gab es nicht. Nicht alle Projekte sind jetzt nach Abschluss des Kurses online, aber die, die es sind, möchte ich hier gern empfehlen.

Die Fotografie Chronologie des Fallens von Gertje König überträgt das Gemälde „Höllensturz der Verdammten“ von Rubens in eine heutige Ästhetik und Fragestellung. Die Studenten zerteilten das Bild und setzten es als Mosaik in Instagram wieder zusammen. Außerdem nahmen sie die Angst vor dem Absturz zum Ausgangspunkt für eine Reihe von Interviews über die Ängste heutiger Menschen. Zitate und Stichworte aus diesen Interviews sind in Form von Texttafeln in den Instagram-Account integriert und mit den – zum Teil auch animierten Mosaikbildern – kombiniert. (mehr …)

stARTcamp Sion – Die Dokumentation ist da!

Im vergangenen November haben wir in Sion im Wallis erstmals ein mehrsprachiges stARTcamp durchgeführt: Ein Teil der Sessions wurde auf deutsch angeboten, ein Teil auf französisch. Die Schweizer sind natürlich geübt sind, mit der Mehrsprachigkeit umzugehen, insofern funktioniert so etwas auch ganz unkompliziert und selbstverständlich. Manche Routine – in mittlerweile 30 stARTcamps eingespielt – wird aber dennoch über den Haufen geworfen. Zum Beispiel dauert die Begrüßung (logischerweise) bedeutend länger, wenn alles in zwei Sprachen angekündigt werden soll. Die Eröffnung lässt sich bei 50 Teilnehmern dann einfach nicht in einer halben Stunde durchziehen. Muss auch gar nicht. Ich fand, dass es dem Format sehr gut tut, wenn es mal anders ist und es sich weiterentwickelt. Auch wenn ich nicht viel Französisch verstehe, so kamen mir die Fragen und Probleme der Kultureinrichtungen in der Romandie doch bekannt vor: Immer wieder kam die Ressourcenfrage zur Sprache. Man würde gerne mehr machen, als mit den gegebenen Ressourcen möglich ist. Auch die strategische Einbettung von Social Media in andere (Kommunikations-)Aktivitäten scheint mir vielerorts nach wie vor eine Baustelle zu sein. (mehr …)

Leadership im Kulturbetrieb – Wie es nicht geht

Während vergangene Woche in Hamburg bei der Jahrestagung des Fachverbands Kulturmanagement über Leadership und Innovation diskutiert wurde, eskalierte eine Auseinandersetzung, die als Paradebeispiel dienen kann, wie man es in Bezug auf beide Themen nicht machen sollte. Was war passiert? Der Komponist und Dramaturg Arno Lücker und die Komponistin Carlotta Joachim hatten einen sog. Shred über den Geiger Daniel Hope erstellt, was der offenbar gar nicht lustig fand. Das Konzerthaus Berlin, wo Hope viel spielt und Lücker eine Konzertreihe betreut, beendete daraufhin die Zusammenarbeit mit Lücker. Hopes Label Deutsche Grammophon versuchte offenbar, die Neue Musik Zeitung, für die Lücker schreibt, zur gleichen Maßnahme zu bewegen. Die vollständige Geschichte kann man u.a. im Bad Blog of Musick und auch im Blog hundert11 (in mehreren Artikeln und mit zahlreichen Links zu weiteren Quellen) nachlesen. Das Ganze eskalierte  schnell und gründlich, so dass irgendwann sogar die Times, die New York Times, Forbes und Alex Ross vom New Yorker darüber berichteten. Albrecht Selge (hunder11) bezeichnete den Fall und insbesondere den Rauswurf Lückers durch das Konzerthaus Berlin treffend als ein Paradebeispiel für Führungsversagen im Kultursektor. (mehr …)

Conversation is King

Bill Gates Ausspruch «Content is king» schien lange Zeit ganz besonders auch für Kultureinrichtungen zu gelten. Schließlich ist das Produkt hier keine Ware oder Dienstleistung, sondern selbst «Content», die Häuser «prall gefüllt mit Geschichten und Geschichte, Menschen und Berufen», wie Hagen Kohn vor einiger Zeit schrieb.  Ich selbst war auch lange von dieser These überzeugt und habe sie z.B. in meinem Beitrag zum ersten stARTconference-Tagungsband vertreten. Gute, interessante Inhalte, so die Überzeugung, werden durch Suchmaschinen und die Verteilmechanismen digitaler Netzwerkmedien schon das Publikum erreichen, das sich für diese Inhalte interessiert. Pull statt Push. In meiner Arbeit ist dann allerdings eine gewisse Ernüchterung eingetreten, die ich vor einiger Zeit in einem Blogbeitrag beschrieben habe. Mir schien, dass insbesondere auf Facebook doch wieder die Regeln der klassischen Push-Werbung gelten. Der Blog-Artikel ist bereits dreieinhalb Jahre alt, der Eindruck verfestigt sich aber immer mehr. (mehr …)

Rückblick aufs Symposium an der Uni Regensburg

Auf Twitter habe ich schon etwas gespoilert: Das Symposium an der Uni Regensburg zum Thema «Die Zukunft des Kulturbetriebs in der digitalisierten Gesellschaft» war wirklich gut und interessant. Interessant war allein schon der Titel, weil er offen lässt, ob sich denn der Kulturbetrieb in einer digitalisierten Gesellschaft überhaupt selbst auch digitalisieren müsse. Normalerweise wird das ja als Selbstverständlichkeit vorausgesetzt und es gibt kollektives Haareraufen, wie schlimm Deutschland hinter dem Rest der Welt herhinkt und wie schlimm der Kultursektor hinter dem restlichen Deutschland hinterherhinkt. Hier war es ein etwas nüchternerer Blick: Die Digitalisierung ist ein Phänomen, mit dem man sich beschäftigen muss, aber die Schlussfolgerungen für das eigene Handeln liegen keinesfalls so sehr auf der Hand, wie immer der Anschein erweckt wird. (mehr …)