Sören Fenner von theaterjobs.de fragt sich, warum die Theater das sog. Web 2.0 noch nicht für sich entdeckt haben. Das ist allerdings die Frage, die ich mir ja auch schon gestellt habe! Ich meine, es liegt daran, dass Theater die Kommunikation auf gleicher Augenhöhe mit ihrem Gegenüber (noch) nicht beherrschen. Näheres dazu in meinem Kommentar zu dem Eintrag.
Kategorie: Kulturmarketing
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Querdenker raus!
Mir sind selbsternannte Querdenker sehr suspekt. Sich selbst so zu nennen ist eitel und erstmal nichts als eine Behauptung. Häufig steckt auch die als Stärke getarnte Unfähigkeit geradeaus denken zu können dahinter und dann dient der Begriff »Querdenker« nur als Euphemismus für »Idiot«. Als besonders unangenehmes Beispiel stößt mir immer wieder der ewig neunmalkluge Brand-eins-Leitartikler Wolf Lotter auf. Das ist wirklich ein ganz großer Minuspunkt, denn Brand eins ist sonst ein durchaus anregendes, interessantes Magazin.
Mir ist dessen Querdenkerei zum ersten Mal allerdings nicht in Brand eins, sondern in einem Interview im Kulturmanagement.net-Letter aufgestoßen, wo er vermeintlich subversive Gedanken zur Finanzierung des Kulturwesens äußerte. Toll quergedacht, aber leider entlarvt er sich selber, indem er Begriffe falsch benutzt oder verwechselt (z.B. »Subvention« statt »Finanzierung«) und Sachverhalte unrichtig und verzerrt darstellt, damit sie in seine Linie passen. Z.B. spricht er vom »Beamtenkünstler«, den es praktisch nicht gibt, der nach Lotter aber zum Wohle der Kunst dringend abgeschafft werden müsste! Und am Schluss läuft es (wie auch in den meisten seiner Brand eins-Artikel) doch nur auf das Bullshit-Fazit »Mehr Eigenverantwortung« hinaus und ist damit an Zeitgeist-Konformität und Floskeligkeit kaum zu toppen.
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Ende der Einwegkommunikation
Die Zeit berichtet in der aktuellen Ausgabe über die Macher der Documenta XII. Ich habe nicht nur aufgehorcht, weil mir der Name Roger Buergel noch aus Lüneburg bekannt vorkam, wo er den Kunstraum mit aufgezogen hat, sondern auch, weil er und seine Frau als Documenta-Macher einige interessante Ideen haben. Zum einen ist es erfrischend, dass sie offenbar auf intellektuelles Geschwurgel verzichten und Kunst einfach Kunst sein lassen wollen (Punkt 1). Bemerkenswert ist aber auch die Idee, für das Publikum Raum zu schaffen, in dem es sich über die Ausstellung austauschen kann (Punkt 5). Bemerkenswert deswegen, weil man in den altehrwürdigen Kulturinstitutionen normalerweise damit allein gelassen wird, weil diese Institutionen (ich zähle Ausstellungen der Einfachheit halber dazu) nach jahrhundertealter Einwegkommunikation vom Künstler zum geneigten Bildungsbürger funktioniert. Dabei sollte Buergels Idee Vorbildfunktion haben, auch z.B. für Theater, die sich selbst zwar gerne als Foren stilisieren, in denen sich die tabulose Selbstreflexion der Demokratie vollzieht, die aber bis heute fast ausschließlich eindimensionale Kommunikationsformen nutzen.
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Kultur auf den Fahrersitz
Lese gerade ein Superbuch mit dem Titel »Wir nennen es Arbeit«. Darin geht es grob gesagt um die immer größer werdende Gruppe der digitalen Bohème. Damit sind Leute gemeint, die auf einen festen Anstellungsvertrag verzichten und mit Hilfe neuer Technologien, insbesondere des Internets, freiberuflich und damit selbstbestimmt arbeiten. Es passt zu der Diskussion um das (bedingungslose) Grundeinkommen, da es eben auch die Vollbeschäftigung für abgehakt erklärt und Leben propagiert, das auf eigener Initiative und freien Entscheidungen basiert.
Ganz unabhängig davon ist ein anderer Gedanke, den ich aber auch sehr interessant und treffend formuliert fand, nämlich dass und wie die Grenze zwischen Kultur und Wirtschaft verschwimmt, obwohl beides ja häufig für sehr gegensätzlich gehalten wird. »Indem sie die eigenen Inhalte selbst vermarktet und dadurch professionelle Mittelsmänner ausschaltet, steigt die digitale Bohème gewissermaßen vom Kofferraum in den Fahrersitz und bestimmt dadurch, welche zukünftige Entwicklungsrichtung die Kultur- und Medienindustrie nehmen wird.« (S. 41) Schön gesagt, oder?
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McKinsey im Theater
In der Februar/März-Ausgabe von crescendo gibt es einen Bericht über das neue Marketingkonzept der Frankfurter Oper, das McKinsey-Berater über »mehrere Monate« mit Mitarbeitern der Oper entwickelt haben. Natürlich ist es recht opportun, ins McKinsey-Bashing einzustimmen, aber nach dem Bericht zu urteilen, sind die Beratungsergebnisse doch erstaunlich konventionell.
Laut dem Artikel empfahlen die Berater der Oper nämlich etliche Dinge, auf die andere Theater auch ohne externe Berater längst gekommen sind: z.B. unkonventionelle Preisgestaltung. Oper zum Kinopreis – gab es während meines Praktikums 2001 schon an der Staatsoper Berlin. Oder ein farbiger Monatsleporello, der nicht mit anderen Kulturinstitutionen geteilt wird. »Darüber hinaus wurde die Internetseite nutzerfreundlich umgestaltet. Neu sind: eine übersichtliche Gliederung, interaktive Elemente und einladende, warme Farben«. Na, das hat aber gedauert! Die Interaktivität der Seite beschränkt sich im Wesentlichen übrigens auf ein Gästebuch, das immerhin ganz niveauvoll genutzt wird. Am innovativsten ist noch der Einsatz von Viralem Marketing, wobei hierzu wenig Konkretes verlautbart wird. Beim Lesen dieses Artikels, der immerhin von den Beratern selbst geschrieben wurde, drängt sich daher die Frage auf: Wofür bekommt eigentlich der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit sein Geld?
Ich frage mich auch: Warum kommen hochkarätige McKinsey-Leute nicht auf die Idee, konsequent die Möglichkeiten des Online-Marketings in ihrem Konzept zu berücksichtigen? Hier tun sich Möglichkeiten auf, die von Kulturinstitutionen bislang praktisch nicht genutzt werden. Corporate Blogs zum Beispiel sind für Theater wie geschaffen, weil es deren Kerngeschäft ist, Geschichten zu erzählen. Unternehmen wie VW haben es da viel schwerer, denn sie müssen erst eine Geschichte erfinden und einen Bezug zum Produkt herstellen. Trotzdem (oder gerade deswegen?) sind sie viel einfallsreicher. Keine Rede auch von so einfachen und banalen Dingen wie Google Adwords, Community Marketing, social bookmarking, ebay oder Second Life.
Theater legen einen geradezu neurotischen Wert darauf, »heutig« rüber zukommen. Aber in Sachen »heutige Medien« haben sie den Schuss noch nicht gehört. Und McKinsey auch nicht.
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Schluss mit Langeweile
Für euro26.de haben wir neulich diesen kleinen, ‚trashigen‘ YouTube-Clip gedreht. Das hat richtig Spaß gemacht. Weitere Folgen sind deswegen schon in Planung.